Was geschah im März 2002

  • < 2001
  • 3.2002
  • 2003 >

1.3.2002, Freitag

Gera : Die Deutsche Bahn erhält einen neuen privaten Konkurrenten im Fernverkehr. Die zum französischen Vivendi-Konzern gehörende Connex-Gruppe nimmt zunächst einmal täglich die Verbindung zwischen Gera und Rostock auf. Auf der 475 km langen Strecke werden auch Berlin und Leipzig angefahren. Die Fahrpreise des “Inter-Connex” sind deutlich niedriger als bei der Deutschen Bahn. Die Georg Verkehrsorganisation GmbH (GVG), ein weiterer Konkurrent des ehemaligen Staatsunternehmens, betreibt eine Nachtzugverbindung zwischen Berlin und Malmö in Schweden.

Berlin : Nach über zweijährigen Vorbereitungen und monatelangen Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition billigt der Bundestag mit den Stimmen von SPD und Grünen das von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) vorgelegte und mehrfach überarbeitete Zuwanderungsgesetz. In der namentlichen Abstimmung votieren CDU/CSU und PDS mehrheitlich gegen das Gesetz, die FDP enthält sich. Die Entscheidung fällt nun am 22. März im Bundesrat.

Berlin: Neuer Präsident des Bundesverfassungsgerichts ist dessen bisheriger Vizepräsident Hans-Jürgen Papier. Der Bundesrat wählt den 58-Jährigen einstimmig zum Nachfolger von Jutta Limbach, die siebeneinhalb Jahre lang an der Spitze des obersten deutschen Gerichts gestanden hatte und nun wegen Erreichens der Altersgrenze ausscheidet. Sie übernimmt nun die Leitung des Goethe-Instituts. Papier nimmt am 10. April seine Ernennungsurkunde entgegen. Der Jurist kann nun bis 2010 Präsident des Karlsruher Gerichts bleiben.

München : Mehr als ein Jahr nach dem Überfall einer Skinhead-Gruppe auf einen Griechen in München verurteilt das Landgericht zwei Angeklagte zu Jugendstrafen von bis zu sechs Jahren Freiheitsentzug. Bei dem Überfall im Januar 2001 war eine Gruppe von Türken dem Opfer zur Hilfe gekommen und hatte ihm möglicherweise das Leben gerettet.

Berlin : Die Deutsche Welle, ARD und ZDF starten ihren gemeinsamen Auslandskanal “German TV”. Er bietet einen Programmquerschnitt aus Nachrichten, Talk-Shows, Filmen und Sportbeiträgen der drei Sendeanstalten. Das deutschsprachige Programm ist abonnementpflichtig. Der Bund finanziert das Projekt bis 2005 jährlich mit 5,1 Mio. Euro.

Dschenin : Israels Armee dringt in das Flüchtlingslager im Westjordanland ein und setzt ihre Operationen gegen mutmaßliche palästinensische Gewalttäter fort. Dabei werden mindestens sechs Palästinenser getötet und etwa 40 weitere verwundet.

Havanna : Eine Spezialeinheit der kubanischen Polizei beendet die Besetzung der Botschaft Mexikos in der Hauptstadt Havanna. 21 Kubaner, die sich am 27. Februar in die diplomatische Vertretung geflüchtet hatten, werden in Gewahrsam genommen.

Celebici : Die von der NATO geführte Bosnien-Friedenstruppe scheitert erneut mit dem Versuch, den als Kriegsverbrecher gesuchten bosnischen Serbenführer Radovan Karad z i c zu fassen. Wie am Tag zuvor konzentriert sich die Suche nach Karad z i c erneut auf die Region um die südostbosnische Ortschaft Celebici. Gegen Karad z i c , der die Serben während des Krieges 1992 bis 1995 führte, liegt vor dem UN-Tribunal in Den Haag eine Anklage wegen Völkermords, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor.

Kourou : Eine Trägerrakete vom Typ Ariane-5 bringt von Französisch-Guyana aus den europäischen Umweltsatelliten Envisat ins All. Der acht Tonnen schwere und rund 2 Mrd. Euro teure Satellit soll eine bislang nicht erreichte Datenmenge über Klima und Umwelt liefern.

2.3.2002, Samstag

Jerusalem : Bei einem neuen palästinensischen Selbstmordanschlag im West-Jerusalemer Stadtteil Beit Israel werden nach offiziellen Angaben mindestens neun Israelis und der Attentäter getötet. Fast 60 Menschen werden teilweise schwer verletzt. Die Opfer, unter ihnen fünf Kinder, waren in der Mehrzahl auf dem Heimweg nach dem Besuch einer Synagoge, als der Palästinenser – als orthodoxer Jude verkleidet – den Sprengsatz zündet. Die Al-Aksa-Brigaden, der bewaffnete Flügel der Fatah-Organisation von Palästinenserpräsident Jasir Arafat, übernehmen die Verantwortung für das Attentat und bezeichnen es als Vergeltung für israelische Angriffe auf zwei Flüchtlingslager, bei denen seit dem 28. Februar mindestens 22 Palästinenser und zwei israelische Soldaten getötet wurden.

Rom : Mehr als 100 000 Menschen demonstrieren gegen die Mitte-Rechts-Regierung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi. Sie folgen einem Aufruf der italienischen Linksparteien, die Berlusconi vorwerfen, dass er trotz seines Amtes weiter am Besitz der drei größten privaten Fernsehsender im Land festhält. Ferner richtet sich der Protest gegen ein geplantes Gesetz, mit dem Entlassungen in Firmen erleichtert werden sollen.

Paris: Der Kassenschlager “Die fabelhafte Welt der Amélie” von Jean-Pierre Jeunet geht als Sieger aus dem Rennen um den französischen Filmpreis “César” hervor. Der Film erhält vier Auszeichnungen.

Pasadena : Die US-amerikanische Marssonde “Odyssey 2001” hat auf dem Roten Planeten Hinweise auf große Mengen Eis gefunden. Nach Angaben der Wissenschaftler macht das Wasser offenbar nur einen kleinen Anteil an der Masse des Marses aus, es erstrecke sich aber vom Südpol nordwärts bis zum 60. Breitengrad.

3.3.2002, Sonntag

München : Bei den Kommunalwahlen in Bayern erhöht die CSU ihren Stimmenanteil auf 45,3% (1996: 43,1%). Die SPD büßt 0,5 Prozentpunkte ein und erreicht 25,2%. In den drei größten Städten Bayerns – München, Nürnberg und Augsburg – kann die SPD allerdings kräftige Gewinne verzeichnen. In München wird SPD-Oberbürgermeister Christian Ude bereits im ersten Wahlgang bestätigt.

Bern: Mit knapper Mehrheit billigen die Schweizer einen Beitritt ihres Landes zu den Vereinten Nationen. 54,6% der Wähler und zwölf Kantone stimmten mit Ja, elf Kantone sind dagegen. Damit ist das notwendige Ständemehr nur knapp erreicht. Die größte Zustimmung gibt es mit 67% in Genf am europäischen Sitz der Vereinten Nationen, die Nein-Sager sind in Appenzell-Innerrhoden mit 67,5% am stärksten vertreten. 1986 hatten noch drei Viertel der Eidgenossen einen UN-Beitritt abgelehnt. Damit ist der Weg frei für einen Beitritt der Schweiz als 190. Mitglied der Vereinten Nationen. Dann wäre nur noch der Vatikan nicht UNO-Mitglied.

Ramallah : Palästinensische Extremisten überfallen eine Straßensperre der israelischen Armee bei der jüdischen Siedlung Ofra nahe Ramallah und erschießen zehn Israelis, mindestens fünf werden verletzt. Sieben der Opfer sind Soldaten, drei Siedler. Zu dem Anschlag bekennen sich die Al-Aksa-Brigaden, der bewaffnete Arm der Fatah-Organisation von Palästinenserpräsident Jasir Arafat.

Kabul : Bei einem schweren Erdbeben der Stärke von 7,2 auf der Richterskala, von dem vor allem der Nordosten Afghanistans betroffen ist, kommen mehr als 100 Einwohner zweier Dörfer in der Provinz Badachschan ums Leben.

Beirut: Erstmals seit gut 30 Jahren besucht ein syrischer Präsident das Nachbarland Libanon, in dem das syrische Militär rund 25 000 Soldaten stationiert hat und als dessen Schutzmacht Syrien gilt. Der syrische Staatschef Baschar el Assad fordert nach einem Treffen mit seinem Amtskollegen Emile Lahoud die arabischen Staaten auf, den Aufstand der Palästinenser zu unterstützen.

Melbourne : Titelverteidiger Michael Schumacher eröffnet die Formel-1-Saison 2002 mit einem souveränen Auftaktsieg. Der Kerpener Ferrari-Pilot feiert vor 100 000 Zuschauern auf dem Albert-Park-Circuit den 54. Sieg seiner Grand-Prix-Karriere vor dem Kolumbianer Juan Pablo Montoya im Williams-BMW und dem Finnen Kimi Räikkönen im McLaren-Mercedes. 14 der 22 Piloten kommen nicht ins Ziel.

4.3.2002, Montag

Köln: Die SPD in Nordrhein-Westfalen wird von einer Spendenaffäre erschüttert. Der Kölner SPD-Spitzenpolitiker Norbert Rüther kündigt den Rückzug aus allen politischen Ämtern und seinen Austritt aus der Partei an. Es geht um Vorwürfe, Rüther sei in einen Schmiergeldskandal um den Bau einer Müllverbrennungsanlage in Köln verstrickt. Mindestens 174 000 Euro sind nach SPD-Erkenntnissen illegal als Spenden auf die Konten der Partei geflossen. In den folgenden Tagen weitet sich die Affäre aus: Nun geht es um 260 758 Euro (511 000 DM), die Rüther illegal als Barspende erhalten habe. Die Gesamtsumme sei vom früheren SPD-Schatzmeister Manfred Biciste widerrechtlich in kleine Beträge gestückelt und als “Gabe” von 42 SPD-Spendern deklariert worden. Diese hätten dafür steuerabzugsfähige Quittungen erhalten.

Potsdam : Gemeinsam mit NATO-Generalsekretär George Robertson eröffnet Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) an der Potsdamer Universität ein – bundesweit einzigartiges – deutsch-amerikanisches Institut für transatlantische Sicherheit und Militärbeziehungen.

Kabul : Bei einer groß angelegten Offensive der US-Streitkräfte gegen Stellungen der Taliban und der Al-Qaida im Osten von Afghanistans werden neun US-Soldaten getötet. Allein sieben sterben beim Abschuss eines Chinook-Hubschraubers und einem anschließenden Gefecht nahe Gardes, ferner seien zahlreiche verbündete afghanische Kämpfer gefallen. An der Militäraktion sind nach offiziellen Angaben auch deutsche Soldaten sowie Dänen, Norweger, Franzosen, Australier und Kanadier beteiligt.

Ramallah: Israelische Kampfflugzeuge beschießen das Hauptquartier von Palästinenserpräsident Jasir Arafat. Drei Raketen zerstören das Eingangsportal und ein Gebäude der Sicherheitskräfte in dem Gebäudekomplex. In Bethlehem werden Gebäude des palästinensischen Geheimdienstes und der Leibgarde Arafats durch israelische Kampfflugzeuge zerstört. Mindestens 16 Palästinenser kommen bei den Militäraktionen ums Leben.

Brüssel : Die Umweltminister der Europäischen Union wollen das von den USA abgelehnte Klimaschutz-Protokoll von Kyoto bis zum 1. Juni ratifizieren. In dem Protokoll verpflichtet sich die EU, den Ausstoß der klimaschädigenden Treibhausgase bis 2012 um 8% unter den Stand von 1990 zu senken. Deutschland will die Emission von Treibhausgasen sogar um 21% reduzieren.

Pristina : Fast vier Monate nach den Parlamentswahlen wählt das Parlament der südjugoslawischen Provinz Kosovo den Chef der Demokratischen Liga Kosovos (LDK), Ibrahim Rugova, zum ersten Präsidenten. Erster Regierungschef wird Bajram Rexhepi, dessen Demokratische Partei (PDK) aus der albanischen Untergrundarmee UCK entstanden ist. Zuvor hatten sich die wichtigsten Kosovo-Parteien – Rugovas gemäßigte LDK und die Nachfolgeorganisationen der Befreiungsarmee UCK, die PDK des früheren UCK-Kommandanten Hashim Thaci und die Allianz für eine Zukunft Kosovos (AAK) des ehemaligen UCK-Führers Ramush Haradinaj – nach monatelangem Streit auf die Machtverteilung verständigt.

Port-au-Prince: Haitis Präsident Jean-Bertrand Aristide ernennt den bisherigen Senatspräsidenten Yvon Neptune zum Premierminister. Er löst Jean-Marie Chérestal ab, der nach nur elfmonatiger Amtszeit am 17. Januar seinen Rücktritt erklärte, nachdem er das Vertrauen des Präsidenten verloren hatte. Neptune ist Mitglied der regierenden Lavalas-Partei und ein enger Vertrauter des Präsidenten. Er wird am 12. März vom Parlament zum Premier gewählt.

Houston : Beim ersten von insgesamt fünf geplanten Ausstiegen ins All beginnen zwei Astronauten der US-Raumfähre “Columbia” mit der Reparatur des Weltraum-Teleskopes “Hubble”. Als erster Schritt werden zwei beschädigte Sonnensegel durch ein kleineres und leistungsfähigeres ersetzt. Die Modernisierung soll insgesamt elf Tage dauern.

5.3.2002, Dienstag

Jerusalem : Im Nahen Osten eskaliert die Gewalt weiter. Allein an diesem Tag werden mindestens 13 Palästinenser und Israelis getötet. Zwei palästinensische Selbstmordattentäter töten in Israel vier Menschen und verletzen mehr als 50 weitere Personen. Die israelische Luftwaffe antwortet mit Angriffen auf Einrichtungen der Palästinenserpolizei in Ramallah, Nablus, Gasa und anderen Städten.

Peking : Chinas Ministerpräsident Zhu Rongji ruft zur Bekämpfung von Armut und Korruption in der Volksrepublik auf. Zum Auftakt der jährlichen Sitzung des Nationalen Volkskongresses kritisiert Zhu auch die Verschwendungssucht der Bürokratie. China leidet unter rückläufigen Wachstumszahlen und steigender Arbeitslosigkeit.

Bonn : Die Deutsche Telekom schreibt erstmals seit ihrem Börsengang 1996 rote Zahlen. Die größte europäische Telekommunikationsgesellschaft fuhr 2001 einen Nettoverlust von 3,5 Mrd. Euro ein, insbesondere durch die Neubewertung von Immobilien und die UMTS-Mobilfunklizenzen. Gleichzeitig machte die Telekom einen Umsatz von 48,3 Mrd. Euro, rund 18% mehr als 2000.

Washington: US-Präsident George W. Bush kündigt hohe Einfuhrzölle auf Stahl an, um die stark gesunkenen Stahlpreise in seinem Land zu stabilisieren. Danach sollen die Zölle zwischen acht und 30% auf verschiedene Stahlprodukte für drei Jahre in Kraft bleiben. Ausgenommen sind u.a. Stahlimporte aus Mexiko und Kanada, die mit den USA die Nordamerikanische Freihandelszone (NAFTA) bilden. Gegen die Stahlzölle, die am 20. März in Kraft treten, regt sich massiver Widerstand. Die Europäische Union, mehrere asiatische Staaten sowie Australien kündigen an, Beschwerde bei der Welthandelsorganisation WTO einzulegen.

6.3.2002, Mittwoch

Kabul : Zwei Angehörige der Bundeswehr und drei dänische Soldaten kommen bei einem Unfall auf einem Sprengplatz in der afghanischen Hauptstadt ums Leben. Acht weitere deutsche und dänische Soldaten der internationalen Afghanistan-Friedenstruppe (ISAF) werden zum Teil schwer verletzt. Das Unglück ereignet sich beim Entschärfen einer SA-3 Flugabwehrraketen russischer Bauart. Nach einem vorläufigen Untersuchungsbericht führen Fehlverhalten und mangelnde Ausbildung zu dem Sprengunfall. Gegen den Verantwortlichen der Bundeswehr in Kabul leitet die Staatsanwaltschaft Lüneburg, die für den Bundeswehrstandort der Soldaten zuständig ist, ein Ermittlungsverfahren ein.

Insel Rügen: Zwei Bundeswehrsoldaten verunglücken beim NATO-Manöver “Strong Resolve 2002” in der Ostsee tödlich. Die Soldaten gehörten zur Besatzung der Fregatte “Mecklenburg-Vorpommern” und wollten mit einem Beiboot zu der britischen Fregatte “HMS Cumberland” übersetzen, als ihr Gefährt kenterte. Die beiden Männer erleiden tödliche Unterkühlungen.

Karlsruhe : Das Bundesverfassungsgericht erklärt in einem Urteil die bisherige ungleiche Besteuerung von Renten und Beamtenpensionen wegen des Grundsatzes der Gleichbehandlung für verfassungswidrig. Gleichzeitig verlangen die Karlsruher Richter eine Neuregelung bis zum 1. Januar 2005. Die Bundesregierung will ein entsprechendes Gesetz, das auf die so genannte nachgelagerte Besteuerung der Renten hinausläuft, im Jahr 2003 vorlegen.

Hamburg: Neun Jahre nach ihrer Gründung wird die Wochenzeitung “Die Woche” vom Hamburger Jahreszeiten-Verlag eingestellt. Zuvor waren Gespräche zur Übernahme des Blattes durch die Essener “WAZ”-Gruppe gescheitert. Verleger Thomas Ganske reagiert mit der Einstellung der “Woche” auf die immer niedrigere Auflage von rund 133 000 Exemplare, die schwindenden Abonnentenzahlen und den allgemein schwachen Anzeigenmarkt.

Gasa-Stadt : Bei der größten israelischen Offensive in den Palästinensergebieten seit Beginn des Konflikts im Oktober 2000 werden 16 Menschen getötet. Allein im Gasastreifen kommen bei schweren Gefechten mindestens sechs Palästinenser und zwei israelische Soldaten ums Leben. Außerdem erschießen israelische Soldaten drei Palästinenser, die offenbar Sprengsätze bei sich trugen.

7.3.2002, Donnerstag

Köln: Die Spendenaffäre der Kölner SPD belastet zunehmend auch die Bundespartei. SPD-Generalsekretär Franz Müntefering kündigt eine zügige Aufklärung an. Müntefering will auch vor dem Spenden-Untersuchungsausschuss des Bundestages aussagen. Er sei aber als ehemaliger Landeschef in Nordrhein-Westfalen nicht von der Spendenpraxis in der Kölner SPD informiert gewesen. Die Justizbehörden ermitteln wegen Schmiergeldzahlungen mehrerer Firmen beim Bau der Kölner Müllverbrennungsanlage von insgesamt 29 Mio. DM bzw. fast 15 Mio. Euro, die zwischen 1994 und 1998 über die Schweiz an der Steuer vorbeigeflossen sein sollen. 511 000 DM davon sei an die Kölner SPD gegangen.

New York : Nach mehr als einjähriger Unterbrechung sprechen die Vereinten Nationen erstmals wieder mit der irakischen Führung über eine Rückkehr der UN-Waffenkontrolleure. UN-Generalsekretär Kofi Annan empfängt eine hochrangige Delegation des Irak und dem neuen Außenminister Nadschi Sabri. Die Vereinigten Staaten gehen davon aus, dass im Irak Massenvernichtungswaffen hergestellt werden. Sie drohten daher zuletzt mehrfach mit einem Militärschlag.

Jerusalem: Ungeachtet aller Appelle der UNO und der USA hält die Welle der Gewalt im Nahen Osten an. Israelische Kampfhubschrauber feuern Raketen auf mehrere Gebäude palästinensischer Sicherheitskräfte in einem Flüchtlingslager im Gasastreifen. In Gasa-Stadt entkommen 3000 palästinensische Schulkinder nur knapp einem israelischen Luftangriff, als eine Bombe in der Nähe mehrerer UNO-Schulen einschlägt.

Den Haag: Bei den Kommunalwahlen in den Niederlanden gewinnen die rechten Populisten überraschend viele Stimmen hinzu. Die regierende sozialliberale Koalition aus Arbeitspartei (PvdA), der rechtsliberalen Volkspartei und den linksliberalen Demokraten ’66 büßt hingegen gut 12% der Stimmen ein. In vielen Kommunen erreicht die ausländerfeindliche Partei Leefbaar Nederland (Lebenswerte Niederlande) aus dem Stand heraus die Mehrheit. In Rotterdam gewinnt der wegen seiner ultrarechten Ansichten zur Ausländer- und Islamfrage höchst umstrittene Pim Fortuyn 35% der Stimmen.

Dublin: Die Iren lehnen in einem Referendum mit einer knappen Mehrheit von nur 10 556 Stimmen eine weitere Verschärfung des Abtreibungsverbots ab, wobei sich das ländliche und das städtische Irland deutlich in ihrem Abstimmungsverhalten unterscheiden. Bei einer Wahlbeteiligung von 42% votieren 50,42% der Abstimmenden gegen die Vorlage der Mitte-Rechts-Regierung unter Premier Bertie Ahern. Vorgesehen war ein Verbot eines Schwangerschaftsabbruches auch bei Selbstmorddrohung der werdenden Mutter. Nach dem bestehenden Abtreibungsgesetz ist jede Abtreibung illegal, außer wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist; verboten ist auch der Schwangerschaftsabbruch nach einer Vergewaltigung.

Hamburg: Der Hamburger Kaffee-Röster Tchibo verkauft seine traditionsreiche Zigarettentochter Reemtsma an die britische Imperial Tobacco. Reemtsma ist die Nummer drei auf dem deutschen Markt und mit 11 500 Mitarbeitern viertgrößter Tabakkonzern weltweit. Die Briten übernehmen 90% an dem Hamburger Zigarettenunternehmen, das bisher zu 75,1% der Tchibo Holding AG gehörte; der Rest war in Händen der Familie Reemtsma und kleinerer Teilhaber. Imperial Tobacco zahlen dafür rund 5,2 Mrd. Euro.

Berlin: Die britische Sängerin Dido und ihr Landsmann Robbie Williams werden als erfolgreichste internationale Künstler in der Kategorie Rock-Pop mit dem Deutschen Schallplattenpreis ” Echo ” ausgezeichnet. Der Preis für die beste nationale Rock-Pop-Gruppe geht an die No Angels. Als beste nationale Künstler wurden die Sängerin Sarah Connor und Peter Maffay geehrt. Insgesamt werden auf der Veranstaltung der Deutschen Phono- Akademie in 25 Kategorien Preise verliehen. Der zum elften Mal verliehene ” Echo ” gilt als einer der bedeutendsten Musikpreise weltweit.

Salt Lake City : Mit einer Grußbotschaft von US-Präsident George W. Bush werden die 8. Winterspiele der Behinderten eröffnet. An den “Paralympics” nehmen mehr als 400 Athleten aus 36 Nationen teil. Bis zum 16. März werden Medaillen in 89 Wettbewerben vergeben.

8.3.2002, Freitag

Berlin : Die Stasi-Akten über Altkanzler Helmut Kohl bleiben nach einer in letzter Instanz gefällten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts unter Verschluss. Damit beenden die Richter die zehnjährige Praxis der Stasi-Aktenbehörde, Unterlagen über so genannte Personen der Zeitgeschichte zu Forschungszwecken an Journalisten oder Wissenschaftler herauszugeben. Prominente und Amtsträger, so das Gericht, seien gegen eine Freigabe ihrer Stasi-Unterlagen geschützt, wenn sie Betroffene oder Dritte und damit Opfer der Stasi-Akten seien. Damit wird ein entsprechendes Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts vom Juli vergangenen Jahres bestätigt.

Triest: Nach einem Treffen mit dem italienischen Ministerpräsidenten Berlusconi in Triest versichert Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), Europa-feindliche Äußerungen italienischer Minister seien “nicht allzu ernst”s zu nehmen. Er bezieht sich dabei auf umstrittene Äußerungen des Liga-Nord-Chefs Umberto Bossi. Er hatte die EU als “Sowjetunion des Westens” bezeichnet und von einem neuen Faschismus und Stalinismus gesprochen.

Limburg: Als letztes katholisches Bistum muss nun auch Limburg aus der Schwangeren-Konfliktberatung aussteigen. Auf Anordnung von Papst Johannes Paul II. dürfen künftig keine Beratungsscheine mehr ausgestellt werden. Der Limburger Bischof Franz Kamphaus hatte bisher als einziger deutscher Bischof an der staatlichen Konfliktberatung festgehalten und weiter Bescheinigungen zur straffreien Schwangerschaftsunterbrechung ausstellen lassen. Die Bundesregierung, katholische Laien-Organisationen und die evangelische Kirche bedauern die Entscheidung.

München: Wegen illegaler Zuwendungen in Millionenhöhe im Zusammenhang mit der Verwendung von Medikamenten werden über 1000 Verfahren gegen Krankenhausärzte in ganz Deutschland eingeleitet. Für die Verwendung bestimmter Medikamente sollen die Ärzte vor allem in den Jahren von 1997 bis 1999 vom Pharmakonzern Smith Kline Beecham Geldbeträge und andere Zuwendungen von bis zu 50 000 DM (26 000 Euro) erhalten haben.

9.3.2002, Samstag

Dresden : Ein Sonderparteitag der sächsischen CDU nominiert Sachsens CDU-Chef Georg Milbradt zum Nachfolger von Kurt Biedenkopf als Ministerpräsident. Der ehemalige Finanzminister setzt sich mit 166 Delegiertenstimmen gegen seinen Herausforderer Dietmar Vettermann, Bürgermeister von Zwickau, durch, der 97 Stimmen auf sich vereinigt. Die Ministerpräsidentenwahl wird am 18. April im Sächsischen Landtag stattfinden; die CDU verfügt dort über die absolute Mehrheit. Biedenkopf war wegen mehrerer Affären und seiner Amtsführung in die Kritik geraten und hatte seinen vorzeitigen Rücktritt angekündigt.

Mainz : Nach monatelangem Tauziehen wählt der Fernsehrat des Zweiten Deutschen Fernsehens den derzeitigen Programmdirektor des Senders, Markus Schächter, zum neuen Intendanten des ZDFs. Er tritt die Nachfolge von Dieter Stolte an, der am 14. März nach 20 Jahren aus dem Amt ausscheidet.

Tel Aviv : In einem Café in Jerusalem sprengt ein 22-jähriger Hamas-Attentäter sich selbst und elf Gäste mit einer metallgefüllten Bombe in die Luft. In der nordisraelischen Küstenstadt Netanja eröffnen mehrere Palästinenser das Feuer auf Passanten. Dabei werden ein Israeli und drei der vier Attentäter getötet. Als Reaktion auf die neuen Anschläge fliegt Israels Luftwaffe neue Angriffe auf das Hauptquartier von Palästinenser-Präsident Jasir Arafat.

Chamonix : Der Montblanc-Tunnel zwischen Frankreich und Italien wird drei Jahre nach der Brandkatastrophe – zunächst für den Pkw-Verkehr – wieder geöffnet. Bei dem Unglück im März 1999 waren in dem Alpentunnel 39 Menschen ums Leben gekommen. Auf beiden Seiten des Tunnels gibt es Proteste von Anwohnern und Umweltschutzverbänden gegen den Schwerlastverkehr, der in der zweiten Märzhälfte wieder zugelassen wird.

Kuala Lumpur: Die deutsche Hockey-Nationalmannschaft wird zum ersten Mal Weltmeister. Die Auswahl von Trainer Bernhard Peters besiegte im Finale der 10. Feld-Weltmeisterschaft in Malaysia die australische Mannschaft mit 2:1.

10.3.2002, Sonntag

Harrachov: Sven Hannawald verteidigt seinen Titel bei der Skiflug-Weltmeisterschaft in Tschechien erfolgreich. Hannawald siegt vor Martin Schmitt und dem Finnen Matti Hautamäki. Weil die Wertungsdurchgänge drei und vier witterungsbedingt nicht mehr durchgeführt werden können, steht Hannawald schon nach dem ersten Tag als “König der Lüfte” fest. Im Weltcup der Skispringer 2001/02 hat der Pole Adam Ma l ysz die Nase vorn.

Altenmarkt/Zauchensee: In der Gesamtwertung des alpinen Ski-Weltcups der Saison 2001/02 sichern sich mit Stephan Eberharter und Michaela Dorfmeister zwei Starter aus Österreich die Titel. Eberharter gewinnt bei den Herren auch die Einzel-Weltcups in der Abfahrt und im Super G. Als beste deutsche Alpine gewinnt Hilde Gerg die Disziplinwertung im Super G.

Washington: Die US-Regierung will angesichts der Terrorbedrohung laut US-Zeitungsberichten neue Atomwaffen entwickeln und hat die Liste möglicher Zielländer erweitert. Außer dem Iran, dem Irak und Nordkorea, die Präsident George W. Bush bereits als “Achse des Bösen” bezeichnet hatte, sollen Libyen, Syrien, China und Russland auf der Liste möglicher Zielländer stehen. US-Außenminister Colin Powell bestätigt in einem Fernsehinterview die Existenz des Berichts, spielt seine Bedeutung aber herunter.

Bogotá: Bei den angesichts des Bürgerkrieges überraschend ruhigen Parlamentswahlen in Kolumbien büßen bei geringer Wahlbeteiligung von 44% die traditionellen Parteien zugunsten der Kandidaten unabhängiger Bewegungen Stimmen ein. Die Liberale Partei erleidet starke Verluste in beiden Kammern des Parlaments, auch die Konservative Partei von Präsident Andrés Pastrana Arango verliert Sitze im Abgeordnetenhaus und im Senat. Landesweit sind mehr als 180 000 Polizisten und Sicherheitskräfte im Einsatz, um Gewaltaktionen linksgerichteter Rebellen und rechter Paramilitärs zu verhindern. Um die 102 Sitze im Senat und 166 Sitze im Abgeordnetenhaus bewarben sich insgesamt fast 10 000 Kandidaten. Am 26. Mai finden in Kolumbien Präsidentschaftswahlen statt.

Brazzaville: Denis Sassou-Nguesso, der amtierende Präsident der Republik Kongo, setzt sich erwartungsgemäß bei der Präsidentschaftswahl durch. Er hatte sich 1979 an die Macht geputscht, war 1992 in der Wahl zum Präsidenten gegen Pascal Lissouba unterlegen und konnte 1997 nach dem Bürgerkrieg wieder an die Macht zurückkehren. Sassou-Nguesso steht nun weitere sieben Jahre an der Spitze des zentralafrikanischen Staates.

Harare: Bei den umstrittenen Präsidentschaftswahlen in Simbabwe setzt sich erwartungsgemäß Amtsinhaber Robert Mugabe durch und wird für weitere sechs Jahre gewählt. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis erringt Mugabe 1 685 212 Stimmen (54%), der Herausforderer Morgan Tsvangirai kann 1 258 401 Stimmen (40%) auf sich vereinigen, drei weitere Kandidaten erhalten zusammen 6%. Der 78-jährige Mugabe steht seit 1980 an der Spitze Simbabwes. Der unterlegene frühere Gewerkschaftsführer Tsvangirai und seine oppositionelle Partei Movement for Democratic Change weisen das veröffentlichte Wahlergebnis zurück; auch unabhängige Wahlbeobachter und internationale Organisationen und Regierungen bezeichnen die Wahl wegen zahlreicher Unregelmäßigkeiten als unfair und manipuliert.

11.3.2002, Montag

Köln : Der Spendenskandal der Kölner SPD führt zu ersten personellen Konsequenzen. Der frühere Schatzmeister der Partei, Manfred Biciste, erklärt seinen Austritt aus der SPD. Er kommt damit einem Beschluss des Landesverbandes zuvor. Zuvor hatte ein Landtagsabgeordneter mitgeteilt, er habe eine fingierte Spendenquittung erhalten. In der Kölner SPD waren Großspenden gestückelt und über die Teilbeträge dann fingierte Quittungen für Mitglieder ausgestellt worden. Am selben Tag tritt der Vorsitzende der SPD in Recklinghausen, Peter Rausch, von seinem Amt zurück. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit und Untreue.

12.3.2002, Dienstag

Salt Lake City: Der für den WSV Oberhof startende deutsche Langläufer und Aktivensprecher Thomas Oelsner wird wegen eines positiven Dopingbefunds von den Winterspielen der Behinderten ausgeschlossen. Zwei Goldmedaillen werden ihm aberkannt. Oelsner ist der erste Athlet der Paralympics, der wegen Dopings seine Goldmedaillen abgeben muss. Trotzdem liegt Deutschland am 16. März in der Medaillenwertung beim Ende der VIII. Paralympics als beste Nation noch vor dem Team der USA.

Wien : Der Preis für OPEC-Öl steigt erstmals seit sechs Monaten wieder über den von dem Ölkartell angestrebten Mindestpreis von 22 Dollar. Nach Angaben der Organisation Erdöl exportierender Länder kostet ein Barrel (159 Liter) nun 22,44 US-Dollar.

Hannover : Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) eröffnet die weltgrößte Computermesse “Cebit”. Bis zum 20. März präsentieren 7962 Aussteller aus 61 Ländern das Neueste aus der Welt von Computer, Internet und Telekommunikation.

Brüssel: Bei einer internationalen Geberkonferenz der EU-Kommission und der Weltbank für Mazedonien kommen ca. 307 Mio. Euro für das Jahr 2002 zusammen. Die EU und ihre Mitgliedstaaten finanzieren mit Abstand den Hauptanteil der Mazedonien-Hilfe. Erst wenige Tage zuvor hatte das mazedonische Parlament mit der Verabschiedung eines Amnestiegesetzes für albanische Rebellen die letzte politische Bedingung für die Auszahlung von Geldern erfüllt.

Ramallah : Bei ihrer größten Operation seit dem Libanonfeldzug von 1982 besetzt die israelische Armee große Teile der palästinensischen Verwaltungsstadt Ramallah im Westjordanland. Bei der seit Tagen andauernden Großoffensive in den Palästinensergebieten werden innerhalb von 24 Stunden mindestens 31 Palästinenser getötet. Im Flüchtlingslager Dschebalija im Gasastreifen erschießen Soldaten 18 Bewohner, die der Armee Widerstand leisten. Bei einem Angriff auf israelische Fahrzeuge auf einer Hauptstraße nahe Mazuba an der Grenze zu Libanon kommen mindestens sechs Israelis ums Leben. Bei einem darauf folgenden Feuergefecht zwischen israelischen Sicherheitskräften und den Tätern sterben mindestens zwei der Attentäter.

Berlin : Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Willfried Penner, kritisiert Sicherheitsmängel beim Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. Bei der Vorlage seines Jahresberichtes beklagt er die hohe Belastung der Bundeswehr durch Auslandseinsätze und übt Kritik an Ausrüstung und Führung der Truppe. Er fordert zudem eine gleiche Besoldung für Soldaten im Osten und im Westen Deutschlands.

13.3.2002, Mittwoch

Köln: Die Schlüsselfigur in der Kölner Spendenaffäre, der frühere Chef der SPD-Fraktion im Kölner Stadtrat, Norbert Rüther, räumt bei einer Vernehmung ein, dass er illegale Spenden in Höhe von 424 000 Euro angenommen hat. Bislang war die SPD von Spenden über 261 000 Euro ausgegangen. Unklar ist, ob für den Bau einer Müllverbrennungsanlage in Köln-Niehl Schmiergelder geflossen sind.

Berlin: Der Chef der afghanischen Übergangsregierung, Hamid Karsai, kommt zu einem dreitägigen Staatsbesuch nach Deutschland. Bundesaußenminister Joschka Fischer sichert ihm die Unterstützung der Bundesrepublik beim Wiederaufbau seines Landes zu. Eine Führungsrolle Deutschlands in der Internationalen Schutztruppe lehnt Fischer erneut ab.

Bagram: Die US-Armee bezeichnet die “Operation Anaconda” als beendet. Nach zwölf Tagen hätten die verbündeten Truppen das Tal von Schah-i-Kot und strategisch wichtige Ortschaften in den umliegenden Bergen vollständig erobert. Das Tal sei jetzt unter Kontrolle der US-Armee und die Lager der Taliban seien zerstört.

New York: Unter dem Eindruck der seit 17 Monaten anhaltenden Gewalt im Nahen Osten unterstützt der UNO-Sicherheitsrat zum ersten Mal ausdrücklich das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat. Das höchste Entscheidungsgremium der Vereinten Nationen nimmt mit den Stimmen von 14 der 15 Weltsicherheitsratmitglieder – bei Enthaltung Syriens, das einen eigenen Resolutionsentwurf vorgelegt hatte – die von den USA eingebrachte Resolution 1397 an, mit der die “Vision” eines unabhängigen palästinensischen Staates neben Israel “bekräftigt” wird. Nach den Worten von UNO-Generalsekretär Kofi Annan müssten die Palästinenser mit den Terroranschlägen aufhören, der Staat Israel mit der “illegalen Besetzung” der Autonomiegebiete.

14.3.2002, Donnerstag

Wuppertal : Nach dem Kölner Spendenskandal rückt die Wuppertaler SPD im Zusammenhang mit Spenden ins Blickfeld der Staatsanwaltschaft. Wohnung und Büro des Wuppertaler Oberbürgermeisters Hans Kremendahl (SPD) werden wegen des Verdachts der Vorteilsannahme durchsucht. Er steht im Verdacht, im Kommunalwahljahr 1999 eine Spende in Höhe von 500 000 DM (256 000 Euro) falsch deklariert zu haben.

Hamburg : Beim Absturz eines Rettungshubschraubers der Bundeswehr auf eine Kleingartenanlage im Norden der Hansestadt kommen die fünf Besatzungsmitglieder ums Leben. Als Absturzursache wird menschliches Versagen vermutet: Sowohl beim Piloten des bereits 1973 in Dienst gestellten Helikopters vom Typ Bell UH-1 D als auch beim Bordmechaniker wurden erhöhte Promillewerte im Blut festgestellt.

Halle : Im Korruptionsprozess gegen einen früheren Bahn-Manager verurteilt das Landgericht Halle den Angeklagten zu viereinhalb Jahren Haft. Ferner muss der 54-Jährige insgesamt 250 000 Euro an die Staatskasse zahlen. Der frühere Bahnoberrat hatte zugegeben, bei der Vergabe von Großaufträgen der Deutschen Bahn einer Firma Vorteile verschafft zu haben. Dafür hatte er in den 90er Jahren umgerechnet rund 100 000 Euro an Schmiergeld bekommen.

Belgrad: Die beiden bisher in der Bundesrepublik Jugoslawien vereinigten Republiken Serbien und Montenegro einigen sich nach jahrelangem Streit darauf, auch in Zukunft unter der Bezeichnung “Serbien und Montenegro” einen gemeinsamen Staat zu bilden. Unter Vermittlung des EU-Außenbeauftragten Javier Solana unterzeichnen der jugoslawische Präsident Vojislav Ko , der serbische Regierungschef Zoran Djindji c und Montenegros Präsident Milo Djukanovi c ein entsprechendes Abkommen, das auch die Erarbeitung einer neuen Verfassung sowie Neuwahlen vorsieht. Montenegro hatte seit 1998 – noch unter dem jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milo c – die staatliche Unabhängigkeit angestrebt.

Nezarim : Bei der Explosion eines Sprengsatzes werden nahe der jüdischen Siedlung im südlichen Gasastreifen drei Israelis getötet, mehrere werden verletzt. Nach Angaben der israelischen Armee detoniert der Sprengsatz bei der Vorbeifahrt eines Konvois aus militärischen und zivilen Fahrzeugen.

Frankfurt am Main : Der US-amerikanische Biochemiker Craig Venter ist Träger des renommierten, mit 61 000 Euro dotierten Paul-Ehrlich-und-Ludwig-Darmstädter-Preises. Er wird für die von ihm entwickelte Methode zur schnellen Entschlüsselung genetischer Codes geehrt. Venter gilt weltweit als einer der Pioniere der Genforschung.

15.3.2002, Freitag

Berlin : Als Konsequenz aus dem Skandal um geschönte Vermittlungsstatistiken der Bundesanstalt für Arbeit beschließt der Bundestag mit den Stimmen der rot-grünen Koalition erste Reformen. Damit kann der SPD-Politiker Florian Gerster zum 1. April den bisherigen Präsidenten Bernhard Jagoda an der Spitze der Bundesanstalt ablösen. Das Gesetz sieht die Umwandlung der Nürnberger Behörde in einen kundenorientierten Dienstleister mit privatwirtschaftlicher Führungsstruktur vor. Zugleich sollen die Arbeitsämter mehr Konkurrenz durch private Vermittler bekommen.

Berlin : Der afghanische Übergangs-Premier Hamid Karsai beendet seinen dreitägigen Deutschlandbesuch mit der Unterzeichnung von Verträgen über deutsche Hilfe beim Aufbau der afghanischen Polizei.

Mombasa : Im Rahmen des internationalen Anti-Terror-Einsatzes treffen ein deutsches Marinekontingent und zwei Aufklärungsflugzeuge in der kenianischen Hafenstadt am Indischen Ozean ein. Die Soldaten eines Marineflieger-Geschwaders werden von Mombasa aus Überwachungseinsätze am Horn von Afrika fliegen.

Barcelona: Mit Beratungen über die Wirtschafts- und Sozialpolitik eröffnen die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union ihr zweitägiges Gipfeltreffen. In der spanischen Stadt geht es vor allem um eine Liberalisierung der Energie-, Post- und Verkehrsmärkte.

Peking : Zum Abschluss der Tagung des Nationalen Volkskongresses verteidigt Chinas Ministerpräsident Zhu Rongji die hohe Neuverschuldung und die massiven Staatsausgaben zur Ankurbelung der Wirtschaft. Zuvor billigten die 3000 Delegierten den Haushalt, der außer einem neuen Rekorddefizit von umgerechnet 37 Mrd. US-Dollar auch einen Zuwachs der Militärausgaben um fast 18% vorsieht.

Peking : China lässt 25 nordkoreanische Flüchtlinge, die am Tag zuvor in der spanischen Botschaft Zuflucht gesucht hatten, nach Südkorea ausreisen. Die Gruppe trifft drei Tage später nach einem Zwischenstopp in Manila auf den Philippinen in Südkorea ein.

16.3.2002, Samstag

Barcelona: Die EU-Märkte für Gas und Strom werden schrittweise ab 2004 für den freien Wettbewerb weiter geöffnet. Darauf verständigen sich die 15 Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfeltreffen, nachdem Frankreich seinen Widerstand teilweise aufgegeben hat. Nach dem EU-Gipfel demonstrieren Zehntausende in Barcelona gegen die Globalisierung. Zu der Demonstration im Stadtzentrum unter dem Motto “Gegen das Europa des Kapitals und des Krieges – Eine andere Welt ist möglich” hatten Sozialisten, Kommunisten, Gewerkschaften, Bürgerinitiativen und rund 100 linke Gruppierungen aufgerufen.

Vandenberg: Der sechste Test des umstrittenen Raketenabwehrsystems der USA ist nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums ein weiterer Erfolg. Eine Abfangrakete trifft laut Pentagon wie vorgesehen über dem Pazifik einen Übungssprengkopf. Die Rakete wurde von der Meck-Insel in der Nähe des Äquators abgefeuert, der Übungssprengkopf vom rund 7700 km entfernten Luftwaffenstützpunkt Vandenberg in Kalifornien. Zwei der sechs bisherigen Tests waren fehlgeschlagen.

Belgrad : Die jugoslawische Armee lässt den unter dem Verdacht der Spionage inhaftierten stellvertretenden serbischen Ministerpräsidenten Momcilo Perisi c wieder auf freien Fuß. Perisi c war zwei Tage zuvor zusammen mit einem US-Diplomaten während eines gemeinsamen Essens festgenommen worden. Der Diplomat kam nach 17 Stunden wieder frei, Perisic blieb noch weiter in Haft.

Oslo: Ronny Ackermann (Oberhof) gewinnt als erster Deutscher seit 16 Jahren den Gesamt-Weltcup der Nordischen Kombinierer. Durch Platz drei beim Saisonfinale am traditionsreichen Holmenkollen tritt Ackermann in die Fußstapfen von Hermann Weinbuch zu, der 1986 als letzter deutscher Kombinierer die Kristallkugel gewann. In der Gesamtwertung liegt Ackermann mit 2110 Punkten 124 Zähler vor dem Vorjahressieger Felix Gottwald aus Österreich.

17.3.2002, Sonntag

Berlin : Zum Abschluss ihres dreitägigen Parteitags beschließen die Grünen mit großer Mehrheit ein neues Grundsatzprogramm und verabschieden sich damit nach 22 Jahren vom Prinzip der Gewaltfreiheit. Zugleich fordern sie für Auslandseinsätze der Bundeswehr eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag. Außerdem wird eine Abschaffung der Wehrpflicht gefordert.

Rostock: Die PDS will den Aufbau Ost ins Zentrum des Bundestagswahlkampfes rücken und setzt auf eine klare Abgrenzung gegenüber SPD und Grünen. In dem bei wenigen Gegenstimmen gebilligten Wahlprogramm stellt sich die PDS als Partei des Friedens, des Ostens und der sozialen Gerechtigkeit dar.

Nürnberg: Bei den kommunalen Stichwahlen über die Bürgermeisterämter in Bayern siegt die SPD in Nürnberg und Augsburg. Die CSU setzt sich in Würzburg und Passau durch.

Potsdam: Bei den Stichwahlen zu den Bürgermeisterämtern in mehreren Städten und Gemeinden von Brandenburg setzt sich die SPD als stärkste Kraft durch. Ihre Kandidaten gewinnen in fünf Städten und Gemeinden, darunter in Brandenburg an der Havel. In Frankfurt an der Oder setzt sich der CDU-Bewerber Martin Patzelt durch; die unabhängige Kandidatin Karin Rätzel wird neue Oberbürgermeisterin in Cottbus.

Lissabon: Bei den vorgezogenen Parlamentswahlen in Portugal erringt die konservativ-liberale PSD unter ihrem Spitzenkandidaten José Manuel Durão Barroso einen knappen Wahlsieg, verfehlt aber mit 40,12% der Stimmen und 102 Sitzen trotz eines Zugewinns von 21 Sitzen deutlich die absolute Mehrheit im 230 Sitze zählenden Parlament. Sie ist auf die Unterstützung der rechtskonservativen Volkspartei (CDS/PP) angewiesen. Die bisher regierenden Sozialisten büßen mit 37,85% der Stimmen ihre Stellung als stärkste Partei ein und erhalten mit 95 Sitzen 20 Mandate weniger als bei der letzten Wahl 1999. Die Wahl war notwendig geworden, nachdem Regierungschef Antonio Guterres am 16. Dezember 2001 wegen der Wahlschlappe seiner Sozialisten bei der Kommunalwahl zurückgetreten war.

Islamabad: Bei einem Handgranatenanschlag auf eine protestantische Kirche im Diplomatenviertel der pakistanischen Hauptstadt werden fünf Menschen getötet und 45 der insgesamt rund 70 anwesenden Gläubigen verletzt. Unter den Toten sind die Frau und die Tochter eines US-Diplomaten.

Kuala Lumpur: Der deutsche BMW-Williams-Pilot Ralf Schumacher gewinnt den Großen Preis von Malaysia der Formel 1 vor seinem kolumbianischen Teamkollegen Juan Pablo Montoya. Titelverteidiger Michael Schumacher kommt im Ferrari nach einer Kollision mit Montoya und einem Frontflügel-Wechsel auf den dritten Platz.

Heerenveen: Bei den Mehrkampf-Weltmeisterschaften der Eisschnellläufer in den Niederlanden verteidigt Anni Friesinger aus Inzell ihren Titel vor der Kanadierin Cindy Klassen und der Doppel-Olympiasiegerin Claudia Pechstein aus Berlin. Bei den Herren setzt sich der Niederländer Jochem Uytdehaage durch.

18.3.2002, Montag

Catania: Ein Schiff mit fast 1000 Kurden, darunter ca. 300 Kinder, wird vor Sizilien von der italienischen Marine aufgebracht und in den Hafen der ostsizilianischen Stadt geschleppt. Am 20. März ruft die italienische Regierung den Notstand auf Sizilien aus und überträgt der Mittelmeerinsel besondere Vollmachten zur Abwehr illegaler Einwanderer.

Jerusalem : Die israelische Armee zieht sich aus einigen besetzten Städten in den Autonomiegebieten zurück, darunter Bethlehem und die benachbarte Stadt Beit Dschallah im Westjordanland. Die Palästinenser hatten den vollständigen Abzug der israelischen Truppen zur Vorbedingung für eine Waffenruhe gemacht.

Genf : Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, die Irin Mary Robinson, eröffnet die sechswöchige 58. Sitzung der UN-Menschenrechtskommission und prangert in ihrer Rede vor den Vertretern von 53 Staaten und rund 200 Nicht-Regierungsorganisationen die zunehmende Verletzung der Menschenrechte im Nahen Osten und im Zuge der Terrorbekämpfung nach den Anschlägen in den USA an. Es gehe darum, weltweit anerkannte Grundrechte wieder zu verteidigen. Gleichzeitig kündigt sie an, im September 2002 aus dem Amt zu scheiden. Sie hatte sich bereits 2001 aus dem Amt zurückziehen wollen, hatte sich aber dann auf Wunsch von UN-Generalsekretär Kofi Annan zu einer einjährige Verlängerung ihrer Amtszeit bereit erklärt.

Monterrey : In der nordmexikanischen Stadt wird die erste UN-Konferenz zur Finanzierung der Entwicklung in der Dritten Welt eröffnet. Ziel des bis zum 22. März dauernden Treffens ist es, mehr Entwicklungshilfe und privates Kapital für die Bekämpfung der Armut zu mobilisieren. Zu der Konferenz werden 58 Staats- und Regierungschefs erwartet.

19.3.2002, Dienstag

Kabul : Deutschland übernimmt von Großbritannien im Rahmen der internationalen Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) das so genannte taktische Kommando über die in der Hauptstadt stationierten Soldaten. Das Oberkommando über die Friedenstruppe und damit auch Aufgaben auf strategisch-operativer Ebene wird Großbritannien voraussichtlich an die Türkei weiterreichen.

Karlsruhe : Inline-Skater sind nach einer Entscheiden des Bundesgerichtshofes eher Fußgänger als Radfahrer und müssen deshalb auf dem Gehweg fahren. Inline-Skater dürfen demnach Gehwege benutzen, Radwege aber nicht. Das höchste deutsche Zivilgericht fordert zugleich den Gesetzgeber auf, möglichst bald klare Regeln für Inline-Skater zu schaffen.

Chroniknet