Was geschah im Mai 1920

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Wetterstationen Mai 1920

1.5.1920, Samstag

Ein in Frankreich beginnender Eisenbahnerstreik entwickelt sich zum Generalstreik unter Führung der Gewerkschaft CGT. Am 28. Mai muss der Streik, der auch als Machtprobe mit der rechtsorientierten französischen Regierung bewertet wird, ergebnislos abgebrochen werden.

Der Maifeiertag der Arbeiterbewegung ist im Deutschen Reich in den Ländern Baden, Lippe, Mecklenburg-Schwerin und Anhalt erstmals gesetzlicher Feiertag.

Der deutsche Schriftsteller Franz Jung trifft in Sowjetrussland ein, wo er als Delegierter der KAPD am zweiten Kongress der Komintern teilnimmt. In einer spektakulären Aktion hatte Jung zuvor mit einem Parteifreund einen Fischdampfer entführt, um nach Russland zu gelangen.

In Frankfurt am Main beginnt ein zweitägiger internationaler Wirtschaftskongress. Die Referate und Diskussionen beschäftigen sich vor allem mit Fragen der internationalen Wirtschaft nach Abschluss der Friedensverträge. Themen sind u.a. die internationale Regelung der Rohstoffversorgung, das Währungsproblem und Fragen des Arbeitsrechts.

Der 51-Jährige deutsche Architekt Hans Poelzig übernimmt an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin ein Meisteratelier. Er zählt zu den Hauptvertretern expressionistischer Architektur im Deutschen Reich und sucht in seinem Werk nach einer Synthese zwischen Zweck- und Kunstform.

2.5.1920, Sonntag

Die wirtschaftliche Krise im Deutschen Reich und die Besetzung Frankfurts durch die französische Rheinarmee wirken sich negativ auf den Verlauf der zweiten internationalen Frühjahrsmesse in Frankfurt am Main (bis 11.5.) aus. Die Aussteller zeigen sich enttäuscht über die – mit Ausnahme weniger Spezialprodukte – niedrige Zahl von Abschlüssen.

3.5.1920, Montag

Der konservative spanische Rechtsanwalt und Politiker Eduardo Dato Iradier wird zum dritten Mal zum spanischen Ministerpräsidenten ernannt. Dato Iradier übte dieses Amt bereits von 1913 bis 1915 sowie 1917 aus.

Der Mehlpreis im Deutschen Reich steigt um 100% von 102 auf 204 Mark je Doppelzentner. Daher muss in Berlin für einen Laib Brot jetzt 3,85 Mark statt bisher 2,65 Mark bezahlt werden.

4.5.1920, Dienstag

Die sechste Vollversammlung der sog. interalliierten parlamentarischen Handelskonferenz tritt in Paris zusammen. An ihr nehmen Vertreter u.a. aus Belgien, Brasilien, Finnland, China, Großbritannien, Italien, Polen, Portugal und der Tschechoslowakei teil. Die Konferenz beschäftigt sich vor allem mit Währungsfragen und dem Problem der internationalen Teuerung.

Der bisherige Kultusminister Wilhelm Buck (MSPD) wird von der sächsischen Volkskammer zum neuen Ministerpräsidenten gewählt. Er führt eine Koalitionsregierung aus MSPD und DDP.

5.5.1920, Mittwoch

In Kopenhagen bildet Niels Thomas Neergaard eine neue dänische Regierung; es handelt sich bereits um den dritten Regierungswechsel im Verlauf des Jahres. Bei den Parlamentswahlen Ende April verbuchten die liberale Venstre-Partei sowie die Sozialdemokraten Gewinne.

Die sog. Preußische Landesversammlung verabschiedet in Essen ein Gesetz zur Bildung eines besonderen Verbandes für Siedlungsfragen im rheinisch-westfälischen Industriebezirk (Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk). Es handelt sich um den ersten Raumordnungsverband auf regionaler Ebene.

6.5.1920, Donnerstag

In Berlin endet eine zweitägige Reichskonferenz der MSPD. Sie beschäftigte sich mit den bevorstehenden Reichstagswahlen. Im Hauptreferat greift Philipp Scheidemann – Mitglied des Parteivorstands und erster Ministerpräsident der Weimarer Republik (Februar bis Juni 1919) – die Politik von USPD und KPD an. Diese hat nach seiner Ansicht bisher eine sozialistische Regierung im Deutschen Reich verhindert. Zugleich ruft die Konferenz zur Verteidigung der Republik auf.

7.5.1920, Freitag

In Magdeburg findet die Hauptversammlung der Deutschen Kolonialgesellschaft (DKG) statt. Die DKG gilt als bedeutendstes Sprachrohr einer kolonialen Expansion des Deutschen Reiches. Seit 1918 setzt sie sich insbesondere für die Rückgabe der ehemaligen deutschen Kolonien durch die Siegermächte ein.

8.5.1920, Samstag

Mit dem Gesetz über die Befriedung der Gebäude des Reichstags und der Landtage werden im Deutschen Reich Bannmeilen festgelegt. Innerhalb der Bannmeile sind öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge in der Regel verboten.

9.5.1920, Sonntag

Im Deutschen Reich wird ein sog. Spielplatz-Werbetag durchgeführt, um die Errichtung von Kinderspielplätzen und Sportübungsstätten zu fördern.

Der Landeshauptmann der bayerischen Einwohnerwehr, Georg Escherich, gründet in München die sog. Organisation Escherich (Orgesch) und wird ihr Reichshauptmann (Stellvertreter: Rudolf Kanzler). Sie zählt zu den einflussreichen republikfeindlichen Selbstschutzverbänden im Deutschen Reich.

10.5.1920, Montag

In Wien demonstrieren mehrere zehntausend Sozialdemokraten für eine radikale Vermögensabgabe und rufen zum Kampf gegen reaktionäre Kräfte auf. In Graz protestieren rund 4000 Menschen meist Bauern – gegen die schlechte Versorgungslage und fordern die Herausgabe von Salz, Zucker und Zündhölzern.

11.5.1920, Dienstag

Die Alliierten überreichen der deutschen Regierung eine Liste mit den Namen von 45 der eines Kriegsverbrechens beschuldigten Deutschen. Ihnen soll nach Forderung der Siegermächte im Deutschen Reich der Prozess gemacht werden.

Die Freie Hansestadt Bremen erhält eine parlamentarisch-demokratische Verfassung. Anfang 1919 hatte ein Arbeiter- und Soldatenrat den Bremer Senat abgelöst, war jedoch am 4. Februar 1919 von der Reichsregierung gestürzt worden. Danach ist die neue Verfassung entstanden.

Auf einer Kundgebung im Berliner Lustgarten sprechen sich Redner von USPD und KPD für enge politische und wirtschaftliche Beziehungen zu Sowjetrussland aus. Die KPD hatte in der “Roten Fahne” am 9. Mai zu der Kundgebung für Sowjetrussland aufgerufen.

12.5.1920, Mittwoch

Im Reichsgesetzblatt wird das Reichsversorgungsgesetz veröffentlicht. Es regelt die Fürsorge für Kriegsbeschädigte sowie Kriegshinterbliebene und betrifft Fragen, die sich aus der Erwerbslosigkeit der während des Weltkriegs zum Militärdienst Eingezogenen ergeben.

Die Nationalversammlung in Berlin verabschiedet ein sog. Lichtspielgesetz. Danach ist die Zulassung jedes Films von der reichsrechtlichen Zustimmung eines Prüfungsrats abhängig. Ursprünglich als Mittel gegen “Schmutz- und Schund”-Filme geplant, wird das Gesetz zur Unterdrückung sozial engagierter Filme benutzt.

In Stuttgart billigt der württembergische Landtag das Gesetz über die Errichtung eines Staatsgerichtshofes sowie Maßnahmen gegen Fideikommisse. Die Rechtsfigur der Fideikommisse stammt aus dem Hochmittelalter; der Adel wollte eine Zersplitterung von Familienbesitz verhindern, indem das Vermögen dauerhaft an eine Familie gebunden wurde.

Der neue deutsche Freistaat Thüringen erhält eine vorläufige Verfassung. Das Land wurde aus sieben Einzelstaaten gebildet.

Die deutsche Heeresleitung ordnet die Auflösung des Freikorps Brigade Ehrhardt an. Auch andere der meist republikfeindlich eingestellten Freikorps werden in den folgenden Monaten offiziell aufgelöst, bleiben aber – teilweise getarnt – weiter bestehen.

13.5.1920, Donnerstag

In Berlin wird eine Regierungskommission eingesetzt, die Beschwerden über die Übergriffe der außerordentlichen Kriegsgerichte im Ruhrgebiet nachgehen soll. Die nach Münster entsandte Kommission setzt sich aus Mitgliedern der preußischen und der Reichsregierung zusammen. Nach dem Einmarsch der Reichswehr im Zuge des Ruhraufstands kam es wiederholt zu heftiger Kritik an der Brutalität der Militärs.

In Wien wird die Oper “Dorfschule” des österreichischen Dirigenten und Komponisten Felix von Weingartner uraufgeführt. Der am 2. Juni 1863 geborene Weingartner wirkt seit 1919 an der Wiener Volksoper.

14.5.1920, Freitag

Die Rote Armee beginnt unter Führung des sowjetischen Marschalls Michail N. Tuchatschewski mit ihrer Offensive gegen die polnischen Invasionstruppen. Diese hatten am 7. Mai unter Marschall Edward Rydz-Smigly Kiew erobert.

Die württembergische Zentrumspartei beschließt mit großer Mehrheit, den früheren deutschen Finanzminister Matthias Erzberger wieder als Kandidaten für die Reichstagswahl am 6. Juni vorzuschlagen. Erzberger war am 12. März nach einem Prozess von seinem Ministeramt zurückgetreten.

In der Pariser Oper wird das Ballett “Pulcinella” des russischen Komponisten Igor Strawinsky mit Sergei Diaghilews “Ballets russes” uraufgeführt.

Der außerordentliche Deutsche Studententag in Dresden ist von starken antisemitischen Tendenzen gekennzeichnet. Sie gehen u.a. von den Universitäten Wien, Leipzig und Breslau (heute Wroclaw) sowie den bayerischen Universitäten aus. Die Delegierten einigen sich auf die Bildung von Allgemeinen Studentenausschüssen (AStA).

Nach einer entsprechenden Zusage an den Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund (ADGB) während des Kapp-Putsches beruft die Reichsregierung wieder die Sozialisierungskommission ein. Sie bestand bereits 1918/19. Ihr gehört – wie bereits zuvor – u.a. der deutsche Industrielle und DDP-Politiker Walther Rathenau an.

Im litauischen Kowno (Kaunas) tritt die sog. Konstituierende Versammlung zusammen. Nach den Wahlen vom 14./15. April wird sie von Christdemokraten und Volkssozialisten beherrscht. Ihre Hauptaufgabe ist die Ausarbeitung einer endgültigen Verfassung für Litauen.

16.5.1920, Sonntag

Das Henckel-Rennen auf der Galopprennbahn in Berlin endet mit dem überraschenden Sieg von Pallenberg unter Jockei Bleuler.

Papst Benedikt XV. spricht Jeanne d’Arc, die Jungfrau von Orleans, heilig.

In Danzig (Gdansk) wird eine sog. Verfassunggebende Versammlung gewählt. Stärkste Fraktion in dem 120köpfigen Parlament wird die Deutschnationale Volkspartei (34 Sitze) vor USPD (21 Sitze) und MSPD (19 Sitze). Danzig zählte bis zum Weltkrieg zum deutschen Staatsgebiet; mit Inkrafttreten des Versailler Vertrages ging die politische Hoheit auf die Alliierten über.

Auf der sog. Konferenz von Hythe (15.- 16.5.) – sie dient der Vorbereitung der Konferenz von Spa – legen die britische und die französische Regierung gemeinsam die Hauptlinien ihrer Reparationspolitik fest. Ohne dass sich die beiden alliierten Hauptmächte auf eine feste Reparationssumme einigen können, verständigen sie sich unverbindlich auf eine Gesamtsumme von 120 Mrd. Goldmark.

Bei einer Volksabstimmung spricht sich die schweizerische Bevölkerung für einen Beitritt zum Völkerbund aus. Sie gibt dafür ihre bisherige absolute zugunsten einer sog. differentiellen Neutralität auf.

Bei Landtagswahlen im Deutschen Reich gibt es einen Rechtsrutsch. In Braunschweig verzeichnet die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) im Gegensatz zur bürgerlich-sozialdemokratischen Regierungskoalition erhebliche Stimmengewinne. In Mecklenburg-Strelitz erringen die bürgerlichen Parteien mit nunmehr 19 Sitzen (bisher 17) die absolute Mehrheit.

17.5.1920, Montag

Zwischen Großbritannien und den Niederlanden wird ein regelmäßiger Flugdienst eröffnet.

18.5.1920, Dienstag

Der frühere französische Staatspräsident Raymond Poincaré tritt von seinem Amt als Vorsitzender des sog. Wiedergutmachungsausschusses zurück. Nach Ansicht des nationalistisch orientierten Poincaré wurden auf der Konferenz von Hythe (15./16. Mai) die Befugnisse des Ausschusses in unvertretbarem Mas eingeschränkt. Poincaré hatte den Ausschussvorsitz erst am 20. Februar übernommen. Sein Nachfolger wird der frühere französische Handelsminister Louis Dubois.

19.5.1920, Mittwoch

In Rom endet die am 13. Mai begonnene fünfte Tagung des Völkerbundrats. u.a. wird dabei Genf endgültig zum Sitz des Völkerbunds bestimmt. Außerdem beschließt der Rat die Einsetzung einer ständigen Kommission für Heeresfragen.

20.5.1920, Donnerstag

Mit den Stimmen der MSPD fordert der Reichstag von der Reichsregierung unter Hermann Müller (MSPD) die Aufhebung des Ausnahmezustands in allen Teilen des Reiches. Zuvor hatte Reichsinnenminister Erich Koch (DDP) entschieden vor einer Annahme des Antrags gewarnt, der von dem USPD-Abgeordneten Curt Geyer gestellt worden war. Die Niederlage der Regierung wird von politischen Beobachtern als Zeichen der Auflösung bei der mehrheitssozialistisch-bürgerlichen Koalition gewertet.

In Paris beginnen deutsch-französische Wirtschaftsverhandlungen. Nach Ansicht des Leiters der deutschen Delegation und Geschäftsträgers in Paris, Wilhelm Mayer-Kaufbeuren, kann nur ein enges Zusammenwirken zwischen beiden Staaten die Krisenerscheinungen in der Wirtschaft der europäischen Staaten überwinden helfen.

21.5.1920, Freitag

Wegen Beschlussunfähigkeit kann die Nationalversammlung in Berlin das Gesetz über die Abschaffung der Militärgerichtsbarkeit nicht verabschieden. Aus Protest gegen den Gesetzentwurf hatten die beiden Rechtsparteien DNVP und DVP das Parlament verlassen. Vor dem Hintergrund der für den 6. Juni anstehenden Reichstagswahlen schließt Parlamentspräsident Konstantin Fehrenbach (Zentrum) die Sitzungsperiode der Nationalversammlung.

Nach dem Rückzug der Sozialisten trägt der Bauernbund als einzige Partei die bulgarische Regierung unter Ministerpräsident Alexandar Stamboliski. Die agrarsozialistische Politik Stamboliskis wendet sich mit zunehmender Schärfe gegen städtische und besitzende Schichten.

In der französischen Abgeordnetenkammer in Paris endet eine viertägige Debatte über die Neuordnung des Eisenbahnwesens in Frankreich. Ein durch den Eisenbahnerstreik veranlasster Gesetzentwurf sieht einen “gemeinwirtschaftlichen” 48köpfigen Aufsichtsrat für die selbständigen französischen Eisenbahngesellschaften vor. Dagegen wird die von den Streikenden geforderte Verstaatlichung abgelehnt. Der Entwurf wird am 23. Dezember 1920 von der Abgeordnetenkammer endgültig gebilligt.

Der langjährige mexikanische Staatspräsident Venustiano Carranza wird von Regierungstruppen in Tlaxcalatango ermordet. Erst am 7. Mai war Carranza durch seinen früheren Kampfgefährten, den mexikanischen General und Politiker Alvaro Obregón, aus seinem Amt vertrieben worden und musste Mexiko-Stadt verlassen.

22.5.1920, Samstag

Im Neuen Volkstheater Berlin wird das politische Ideendrama “Die Gewaltlosen” des pazifistischen deutschen Schriftstellers Ludwig Rubiner uraufgeführt. Der 39-Jährige Rubiner will mit seinem Stück zeigen, wie Gewaltlosigkeit zur Wiedergeburt der Menschheit führt. Der Schriftsteller ist als revolutionärer Expressionist bekannt.

23.5.1920, Sonntag

Die Generalversammlung des Internationalen Bundes der Friedensvereine tagt in Basel (bis 24.5.). Auf diesem ersten Treffen seit Ende des Weltkriegs fordern die Pazifisten, dem Völkerbund einen “universalen Charakter” zu verleihen.

Aufgrund einer Nervenkrankheit stürzt der französische Staatspräsident Paul Deschanel nachts aus dem Sonderzug von Paris nach Montbrison, wo er zu einer Denkmalsenthüllung erwartet wird. Bis auf leichte Hautabschürfungen bleibt er unverletzt, der Vorfall wird von seinen Begleitpersonen nicht bemerkt. Im September wird Deschanel wegen seiner psychischen Krankheit in seinem Amt abgelöst.

24.5.1920, Montag

In einer Eingabe an die preußische Staatsregierung ersucht die christliche Bergarbeitergewerkschaft die preußische Staatsregierung um Richtlinien für die Tätigkeit der Betriebsräte im Ruhrbergbau. Vorausgegangen war die Weigerung von Zechenverwaltungen, Betriebsratsmitgliedern das Befahren der Gruben zu gestatten.

Bei einem Treffen von Anhängern der christlichen Jugendbewegung in Schlüchtern wird auf Initiative des religiösen Sozialisten Eberhard Arnold die sog. Neuwerk-Bewegung gegründet.

25.5.1920, Dienstag

In München wird das Ergebnis von Verhandlungen zwischen bürgerlichen Parteien in Bayern bekannt. Danach einigten sich der Bayerische Bauernbund, die Bayrische Mittelpartei, die Bayerische Volkspartei, die Deutsche Demokratische Partei sowie die Deutsche Volkspartei auf Grundzüge einer programmatischen Plattform. Bis zur Machtübernahme durch den rechtsorientierten Gustav von Kahr gab es in Bayern eine MSPD-geführte Regierung.

26.5.1920, Mittwoch

Die französische Abgeordnetenkammer ratifiziert in Paris den Friedensvertrag mit Österreich (Vertrag von St. Germain). Gegen die Ratifizierung stimmen die sozialistischen Abgeordneten. Nach ihrer Ansicht ist der Vertrag von imperialistischen Prinzipien geprägt und dient nicht der internationalen Völkerversöhnung.

27.5.1920, Donnerstag

Die tschechoslowakische Nationalversammlung in Prag wählt den Führer der nationalen Unabhängigkeitsbewegung, den Politiker und Philosophen Tomá G. Masaryk, zum Staatspräsidenten. Masaryk erhält 284 von 411 Stimmen.

US-Präsident Woodrow Wilson legt in Washington sein Veto gegen eine gemeinsame Entschließung des US-amerikanischen Senats und Repräsentantenhauses ein, wonach die Wiederherstellung des Friedenszustandes mit dem Deutschen Reich und Österreich eingeleitet werden soll. Der Senat hatte am 15. Mai, das Repräsentantenhaus am 9. April bzw. 21. Mai die Entschließung gebilligt. Nach Ansicht des US-amerikanischen Präsidenten lässt die Entschließung der beiden Kammern jedoch wesentliche Bestandteile des Friedensvertrages von Versailles unberücksichtigt.

28.5.1920, Freitag

Die französische Abgeordnetenkammer debattiert in Paris über die sich aus dem Versailler Vertrag ergebenden Wiedergutmachungsforderungen an das Deutsche Reich. Dabei stimmen Vertreter aller anwesenden Parteien der Festsetzung einer Gesamtschadenssumme zu.

In Berlin beginnt ein zweitägiger Kongress der Erwerbslosenräte. Er fordert von der Reichsregierung Maßnahmen zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit.

29.5.1920, Samstag

In einer in Berlin veröffentlichten Erklärung bekennen sich rund 400 deutsche Hochschullehrer zur demokratischen Weimarer Verfassung. Sie wollen mit ihrer Aktion dem Eindruck entgegenwirken, die deutschen Hochschulen seien ein “Hort der Reaktion”.

30.5.1920, Sonntag

US-Präsident Woodrow Wilson ernennt William Pierson zum neuen Generalstaatsanwalt der Vereinigten Staaten. Pierson amtierte bisher als stellvertretender Generalstaatsanwalt – ein Amt, das nun auf Annette Adams übertragen wird.

31.5.1920, Montag

In London beginnen britisch-russische Verhandlungen über die Wiederaufnahme von Handelsbeziehungen. Auf britischer Seite nehmen u.a. Premierminister David Lloyd George und Außenminister George Curzon teil, die russische Delegation wird von Leonid Krassin geführt. Nachdem es aufgrund des polnisch-russischen Krieges zu einer vorübergehenden Verzögerung der Verhandlungen kommt, billigt das britische Kabinett am 19. November den Entwurf eines Handelsvertrags mit Russland.

Im britischen Portsmouth endet die 29. Konferenz der Vereinigung für internationales Recht. Auf der Tagesordnung stehen u.a. Fragen des Völkerbunds, des Seekriegs- und Luftrechts. Die Teilnehmer beschließen die Einsetzung einer internationalen Kommission, die eine Grundlage zur Schaffung neuer Konventionen unter Einbeziehung möglichst vieler Staaten erarbeiten soll.

Chroniknet