Wachsende Arbeitslosigkeit nutzt radikalen Parteien im Deutschen Reich

Wachsende Arbeitslosigkeit nutzt radikalen Parteien im Deutschen Reich
Heinrich Brüning, um 1930. Bundesarchiv, Bild 183-1989-0630-504 / CC-BY-SA [CC BY-SA 3.0 de], via Wikimedia Commons

Politik und Gesellschaft 1931:

Die politische Situation im Deutschen Reich bleibt 1931 weiterhin instabil. Die Regierung von Reichskanzler Heinrich Brüning (Zentrum) hat im Reichstag keine Mehrheit und ist bei der Gesetzgebungsarbeit auf Tolerierung durch die Sozialdemokraten angewiesen, was die SPD vor eine schwere Zerreißprobe stellt. Brüning muss sich auf das Vertrauen des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg stützen, dem die Verfassung das Recht einräumt, per Notverordnung Gesetze auch ohne Zustimmung des Parlaments in Kraft zu setzen. Mit Hilfe dieses verfassungsrechtlich umstrittenen Instruments setzt Brüning immer tiefere Einschnitte in das soziale Netz durch. Vor allem die Arbeiterschaft und die Staatsbediensteten, denen drastische Lohnkürzungen zugemutet werden, tragen die Kosten der Wirtschaftskrise.

Doch auch Brünings eiserne Deflationspolitik kann nicht verhindern, dass die Arbeitslosigkeit weiter ansteigt und bis zum Jahresende die Fünf-Millionen-Grenze überschreitet. Brüning will durch eine Angleichung der Löhne an die gesunkenen Preise die Rentabilität der Wirtschaft wiederherstellen und gleichzeitig durch Reduzierung der Staatsausgaben und Steuererhöhungen die öffentlichen Haushalte ausgleichen. Weil Brüning darin die Gefahr einer neuen Inflation sieht, sperrt er sich strikt gegen eine Erhöhung der Staatsausgaben, wodurch nach Meinung von Wirtschaftsexperten neue Arbeitsplätze geschaffen werden könnten.

Zugleich wächst die Neigung zur Gewalt; kaum ein Tag vergeht ohne blutige Auseinandersetzungen zwischen den politischen Gegnern. Vor allem die Nationalsozialisten profitieren von der wirtschaftlichen und politischen Misere: Immer mehr Menschen sehen die Partei Adolf Hitlers als einzige Rettung aus der Krise an, obwohl die NSDAP von inneren Auseinandersetzungen erschüttert wird und nicht zuletzt durch die »Boxheimer Dokumente« trotz der wiederholten Legalitätsbekundungen der umstürzlerische Charakter der Hitler-Bewegung deutlich wird.

Chroniknet