Neue Fernstraßen im Bau

Verkehr 1933:

Zu den wichtigsten verkehrspolitischen Entscheidungen des Jahres 1933 in Deutschland gehört der Baubeginn für die Reichsautobahnstrecke Frankfurt-Mannheim am 23. September. Zusammen mit der gleichzeitigen Förderung des Automobilbaus soll diese Maßnahme die Massenmotorisierung in Deutschland durchsetzen. Aber auch die Konkurrenz auf der Schiene, in der Luft und zu Wasser meldet sich mit neuen Höchstleistungen zu Wort.

Ebenso wenig wie die Arbeitsbeschaffung ist der mit großem Propagandaaufwand gefeierte Autobahnbau keine Erfindung der Nationalsozialisten. Schon am 21. Oktober 1924 nahm die Studiengesellschaft für Automobilstraßenbau (STUFA) ihre Tätigkeit auf. Ihr folgte am 6. November 1926 die Gründung des Vereins zur Vorbereitung der Autostraße Hansestädte-Frankfurt-Basel (HAFRABA e. V.) in Frankfurt am Main.

Die Deutsche Reichsbahn und die Privatbahnen befördern 1933 insgesamt 1,24 Mio. Menschen, etwa 5% weniger als im Vorjahr. Dafür steigt die Güterbeförderung um 9,9% auf 308,1 Mio. t, sie bleibt aber dennoch um mehr als 1/3 unter dem Stand von 1929. Besonderer Stolz der Reichsbahn ist der am 15. Mai in Betrieb genommene Schnelltriebwagen »Fliegender Hamburger«, der auf den 287 km zwischen Berlin und Hamburg mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von über 125 km/h fährt.

Doch auch im alltäglichen Betrieb zeigt sich die Reichsbahn auf der Höhe der Zeit. Der D-Zug Berlin-Halle erreicht immerhin 93,3 km/h und der nach Hannover 90,7 km/h. Zwischen 1927 und 1933 sind die Durchschnittsgeschwindigkeiten aller Züge auf der Strecke Berlin-Königsberg von 59,5 auf 71,5 km/h und auf der Strecke Berlin-München von 60,5 auf 70,1 km/h erhöht worden. Der schnellste Zug in Frankreich (Paris-St. Quentin) erreicht demgegenüber 105 km/h und der schnellste britische Express London-Swindon 114,5 km/h.

Zum 15. November führt die Reichsbahn eine Monatskarte für das Gesamtnetz ein. Sie kostet für die 1. Klasse 400 Reichsmark (RM), die 2. Klasse 325 RM und die 3. Klasse 250 RM. Das neue Angebot soll vor allem Geschäftsreisende ansprechen. Das »Blaue Band« für die schnellste Überquerung des Ozeans von Europa nach den USA muss die »Bremen« des Norddeutschen Lloyd trotz einer Rekordfahrt von 28,5 Knoten (52,8 km/h) an den italienischen Passagierdampfer »Rex« abgeben, der auf der Strecke zwischen Gibraltar und New York mit 28,9 Knoten (53,5 km/h) einen neuen Rekord aufsteht. Die deutschen Luftfahrtgesellschaften Deutsche Lufthansa AG, Deutsch-Russische Luftverkehrs-Gesellschaft und Deutsche Verkehrsflug AG befördern 1933 insgesamt 123 036 Passagiere, fast 20% mehr als im Vorjahr. Das 1933 neu in Dienst gestellte Schnellflugzeug Heinkel He 70 des Konstrukteurs Ernst Heinkel bricht in verschiedenen Kategorien acht Geschwindigkeitsrekorde mit einer Höchstgeschwindigkeit von 357,4 km/h.

Als erste Eisenbahngesellschaft der Welt gibt die Reichsbahn eine wenig frequentierte Nachtzugverbindung (Berlin-Königsberg) zugunsten einer Flugverbindung auf. Die Strecke übernimmt die Lufthansa. Mit Wasserflugzeugen eröffnet die Lufthansa den Luftpostdienst nach Südamerika. Am 25. November gibt Reichsverkehrsminister Paul Freiherr von Eltz-Rübenach sein verkehrspolitisches Gesamtkonzept bekannt. Wichtigster Verkehrsträger bleibt die Reichsbahn, die durch ihre Mitwirkung am Reichsautobahnbau die Entwicklung des Autoverkehrs fördern soll. Während sich die Zahl der Kraftfahrzeuge gegenüber 1914 um das 18fache erhöht hat, ist der Umfang des Eisenbahnnetzes fast gleich geblieben. An der bisherigen Regelung – planwirtschaftliche, vom Staat gesteuerte Entwicklung des Güterverkehrs auf der Straße und gemeinwirtschaftliche Tarife im Bahngüterverkehr – wird festgehalten. Eine offene Konkurrenz zwischen Straße und Schiene soll es nicht geben. Die weitere Motorisierung dürfe keine schrankenlose Entwicklung des Kraftverkehrs um jeden Preis bedeuten, heißt es.

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