Marktschreier und »Geschmacksverirrungen« sind verpönt

Werbung 1934:

Mit der Etablierung des nationalsozialistischen Regimes hat sich auch die Wirtschaftswerbung im Deutschen Reich grundlegend verändert. Das gesamte öffentliche und private Werbungs-, Anzeigen-, Ausstellungs-, Messe- und Reklamewesen untersteht durch das »Gesetz über Wirtschaftswerbung« vom 12. September 1933 der Reichsaufsicht, und zwar dem »Werberat der deutschen Wirtschaft«. Dieser Rat wird vom Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, Joseph Goebbels (NSDAP), berufen. Die Satzungen des Rats erlässt der Minister. Für die Durchführung von wirtschaftlichen Werbemaßnahmen ist durch das Gesetz der Genehmigungszwang eingeführt worden. Durch diese Maßnahmen ist auch die Werbung der staatlichen Kontrolle unterstellt. Die nationalsozialistische Regierung verkündet den Grundsatz, dass Wirtschaftswerbung »wahr« sein müsse. Der sog. Auflagenschwindel bei Druckschriften ist durch die obligatorische Veröffentlichung der Auflagenzahlen beseitigt, die unlautere Konkurrenz soll weitgehend ausgeschaltet werden; Marktschreierische Anpreisungen und »gröbliche Geschmacksverirrungen« in der Werbung sind verpönt. Die Werbung soll die »Sache« herausstellen und betont zugleich das »Deutsche«, »Nordische«.

Parallel dazu hat eine Begriffsverschiebung stattgefunden: Die früher häufige Bezeichnung »Propaganda« für wirtschaftliche Werbezwecke ist nunmehr den Werbemaßnahmen vorbehalten, mit denen weltanschauliche, politische, kulturelle, militärische u. a. Ziele verbreitet werden sollen. Die häufig unlautere Wirtschaftswerbung darf nach Auffassung des Propagandaministers nicht mehr verwechselt werden mit der Propaganda als dem »politischen Führungsmittel«, das eine geschlossene Ausrichtung des Volks in allen politischen und gesellschaftlichen Fragen sicherstellen soll.

Chroniknet