Technischer Fortschritt nur für den Krieg

Wissenschaft und Technik 1944:

Die Entwicklungen in den Bereichen Wissenschaft und Technik während des Zweiten Weltkrieges sind ein Beleg für die in der Geschichte immer wieder nachweisbare Eigenschaft des Menschen, technologische Höchstleistungen besonders auf dem Gebiet der Rüstung zu erzielen: Es werden immer wieder neue und immer wirkungsvollere Waffen konstruiert. Noch 1944, als das Kriegsende schon absehbar ist, werden neue Waffensysteme entwickelt und gegen den jeweiligen Gegner eingesetzt. Die größte Rolle spielen dabei Konstruktionen im Bereich der Luftfahrt, da sich herausgestellt hat, dass dieser Krieg nur von der Seite zu gewinnen ist, die den Sieg in der Luft davonträgt.

Technisch am bedeutendsten sind dabei Bau und Entwicklung von Düsenflugzeugen und ferngelenkten Geschossen, beides zukunftweisende Neukonstruktionen, die im Zweiten Weltkrieg jedoch kaum noch zum Einsatz kommen. Im Bereich der Flugzeuge mit Strahlantrieb ist man im Deutschen Reich am weitesten. Bis Mitte des Jahres wird die Serienfabrikation des Düsenjägers Messerschmitt »Me 262« auf etwa 250 Stück je Monat gesteigert. Die Maschinen kommen aber nicht mehr voll zum Einsatz, da es an Treibstoff und ausgebildeten Piloten fehlt. Der britische Düsenjäger Gloster »Meteor« wird ab Juli vereinzelt zur Bekämpfung der deutschen »V-1«-Rakete eingesetzt. Auch die US-amerikanische Bell »P 59 A« (»Airacomet«), ausgerüstet mit zwei Strahlturbinen, gelangt ab Herbst des Jahres gegen die »V 1« zur Anwendung.

Auch im Bereich der Fernlenkwaffen kann das Deutsche Reich einen Vorsprung verbuchen. Die »fliegenden Bomben« »V 1« und »V 2« werden serienmäßig hergestellt und am 12. Juni bzw. 8. September erstmals von deutschem Boden auf Großbritannien abgeschossen. Bei der »V 1« handelt es sich um eine rückstoßgetriebene Flugbombe mit starrer Flugbahn, die eine Geschwindigkeit von 500 bis 600 km/h erreicht. Eine vollkommen neuartige, unbemannte Langstreckenwaffe ist die unter Wernher von Braun entwickelte »V 2« – die erste große ballistische Rakete der Welt. Sie erreicht eine Geschwindigkeit von 5000 km/h und entzieht sich damit der gegnerischen Flugabwehr.

Auch in anderen Bereichen der Waffentechnik warten die kriegführenden Staaten mit Neuentwicklungen auf. Die USA produzieren ab Januar 1944 den viermotorigen Langstreckenbomber Boeing »B 29« (»Superfortress«) in Serie und setzen ihn am 15. Juni erstmals gegen Japan ein. Im Bereich der Bomben konstruieren alle kriegführenden Nationen verbesserte Versionen im Hinblick auf ihre Wirkung und die Ballistik. Bei den Geräten ist eine Steigerung der Präzision bei Radar-Zielgeräten zu verzeichnen, aber auch die Entwicklung von verbesserten Modellen bei Navigations- und Blindfluginstrumenten.

Fern vom Kriegsgeschehen sind für das Jahr 1944 im technisch-wissenschaftlichen Bereich vor allem Entwicklungen auf dem Gebiet der Medizin erwähnenswert. Alfred Blalock gelingt erstmals die Operation eines »blauen Babys«. Außerdem wird das Antibiotikum Penicillin in großen Mengen synthetisch hergestellt.

Chroniknet