Produktwerbung findet angesichts des Mangels kaum statt

Werbung 1946:

Im Deutschland des Jahres 1946 führen Werbung und Reklame ein Schattendasein. Da Lebensmittel ebenso wie fast alle Gegenstände des täglichen Bedarfs rationiert und nur auf Bezugsscheine zu erhalten sind, ist Werbung für diese Produkte überflüssig. Was nicht oder in zu geringen Mengen auf Karten zu bekommen ist – etwa Gebrauchsgüter wie Fahrradschläuche, Küchengeräte oder Hygieneartikel – wird auf dem Schwarzmarkt gehandelt. Hier bedarf es keiner Anpreisung der Ware. Die Not und der Mangel sind so groß, dass die Deutschen dankbar sind für jedes Angebot, das sie dort vorfinden und bereitwillig oft astronomische Preise bezahlen. Wenn auch angesichts der allgemeinen Not Produktwerbung in Deutschland noch kaum betrieben wird, trifft man in den zerstörten Städten doch auf Plakate und Anschläge. So geben die alliierten Besatzungsbehörden ihre Mitteilungen und Anordnungen vielfach mittels Plakaten auf Häuserwänden und Litfaßsäulen bekannt. Hinzu kommen die zahlreichen Anschlagtafeln, auf denen die Bevölkerung vor drohenden gesundheitlichen Gefahren wie z. B. Fleckfieber und Geschlechtskrankheiten gewarnt werden.

Auch die politischen Parteien beginnen im Vorfeld der verschiedenen Gemeinde- und Landtagswahlen in den vier Besatzungszonen Deutschlands wieder damit, die Wähler durch Plakataktionen auf ihr politisches Programm aufmerksam zu machen. Die grafische Gestaltung der meisten Plakate lässt jedoch Originalität noch weitgehend vermissen. Zudem sind die drucktechnischen Mittel noch sehr unzulänglich, und es fehlt an Material wie Papier.

Einfallsreicher sind Veranstaltungshinweise für Theater und Konzerte entworfen, die auf reges Interesse in der Öffentlichkeit bauen können. Vor allem Kabaretts und Varieté-Bühnen bemühen sich um ansprechende Aufmachung ihrer Programmankündigungen und bringen etwas Farbe und Witz in das düstere Erscheinungsbild der zerstörten Städte.

Chroniknet