Sonderschichten sollen das geringe Einkommen verbessern

Arbeit und Soziales 1948:

Die Währungsreform am 19. Juni verändert das Leben in den Westzonen Deutschlands. Der durch die Einführung der »harten« DM ausgelöste Optimismus erfasst auch die Unternehmen. Sie bemühen sich, ein möglichst umfangreiches Warensortiment anzubieten. Allerdings sind die Produkte vielfach zu teuer. Da die Löhne bis zum Herbst nur um rund 15% steigen, sind die Preise für die meisten Arbeitnehmer zu hoch. So kostet z. B. ein einfaches Paar Schuhe über 30 DM. Der durchschnittliche Stundenlohn bewegt sich zwischen 80 Pfennigen und 1,40 DM. Ein gelernter Arbeiter verdient im Schnitt 250 DM im Monat, wovon noch rund 50 DM Steuern entrichtet werden müssen. Zieht man dann noch die Miete ab, bleibt nicht mehr viel zum Leben übrig.

Der Arbeitswille der Deutschen ist jedoch hoch, denn es lohnt sich wieder, hart zu arbeiten. Überall werden freiwillige Sonderschichten eingelegt, um am Monatsende etwas mehr Geld in der Lohntüte zu haben. Die Arbeitsbedingungen allerdings verbessern sich nur sehr langsam. Immer noch fehlt es an geeigneter Bekleidung, und die Lebensmittelversorgung bleibt weiterhin unzureichend.

Die in Deutschland immer noch weit verbreitete Arbeitslosigkeit hat mehrere Ursachen. Die hohe Zahl von Flüchtlingen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten sorgt für eine Verschärfung auf dem ohnehin angespanntem Arbeitsmarkt. Noch immer sind viele Betriebe durch die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs und die Demontagen der letzten Jahre nicht in der Lage, den Stand der Vorkriegsproduktion zu erreichen und brauchen deshalb nicht mehr so viele Arbeitskräfte. Dringend benötigt dagegen die Industrie qualifizierte Facharbeiter.

Die Gewerkschaften setzen sich hauptsächlich für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ein und bemühen sich um eine Eindämmung der steigenden Preise. Eine Überwachung und Festsetzung von Preisen und Löhnen lehnen sie jedoch entschieden ab.

Chroniknet