Branche orientiert sich neu – Public Relations im Blickpunkt

Werbung 1951:

Die deutschen Werbetreibenden beginnen, die Zeichen der Zeit zu erkennen: Die Phase eher defensiver »Wiedereinführungsstrategien«, die mit Erfolg die Positionierung deutscher Markenartikel auf dem Inlandsmarkt gefestigt hat, neigt sich langsam dem Ende zu. Diese Art der Werbung hatte, so der Präsident des Zentralausschusses der Werbewirtschaft (ZAW), Hans Dürrmeier, entscheidenden Anteil daran, dass man mit deutschen Produkten so rasch wieder den Begriff »Qualität« assoziierte.

Die sich abzeichnende expansive Exportstrategie der deutschen Wirtschaft, verbunden mit der Rückeroberung verloren gegangener Auslandsmärkte, verlangt nach neuen, effektiven Werbemethoden, die dem hohen internationalen Standard entsprechen. Werbeabteilungen werden neben dem Produktions- und dem Verteilungsbereich zunehmend als gleichberechtigter Geschäftszweig betrachtet. Eindringlich und zugleich geschmackvoll soll die ganze Welt auf Deutschland und seine Erzeugnisse aufmerksam gemacht werden.

Noch nicht im bundesdeutschen Werbealltag, wohl aber in den Chefetagen großer Firmen finden die modernen Werbemethoden aus dem angelsächsischen Bereich ihren Niederschlag: Auf dem Hamburger Kongress des ZAW hält ein britischer Fachmann einen Vortrag über Struktur und Aufgabengebiet einer »Advertising Agency« (Werbeagentur), mit deren Hilfe große Industrieunternehmen in Großbritannien die besten Verkaufserfolge erzielen. Diese Werbeagenturen setzen sich einen so hohen Qualitätsstandard, dass sie einen »wirklichkeitsfremden« Auftrag eher ablehnen, als dass sie einen rufschädigenden Fehlschlag riskieren.

Auf der gleichen Veranstaltung beantwortet Direktor Hundhausen (Essen) dem interessierten Publikum die Frage, was eigentlich unter »Public Relations« (PR) zu verstehen ist. Als entscheidend nennt er: Werbung um öffentliches Vertrauen, das zum großen Teil durch Sozialleistungen und Aufklärung im Betrieb selbst erreicht wird. Dazu gehört aber auch die öffentliche Rechenschaft darüber, wie im Unternehmen – sozial und finanziell – gewirtschaftet wird. Das Echo der Öffentlichkeit auf die Geschäftsmoral und die menschliche Einstellung der leitenden Personen gerät zunehmend ins Fadenkreuz des Unternehmensinteresses.

Ganz in diesem Sinne fordert auch die deutsche Werbewirtschaft durch ZAW-Präsident Dürrmeier einen gemeinsamen Kampf aller an der Werbung Interessierten für Wahrhaftigkeit. Unter dem Beifall der Kongress-Teilnehmer mahnt er Selbstdisziplin an und stellt einen Sittenkodex für die deutsche Werbung auf. Dabei ist von Vertrauen, Sauberkeit und Ehrlichkeit die Rede. Es besteht Einigkeit, dass jeder marktschreierische Beigeschmack, wie er sich mit dem Wort »Reklame« verbindet, jede Übertreibung und Verzerrung von Tatsachen den potenziellen Kunden nur abschreckt.

Die Zeit des Übergangs von der Isolation zur Partizipation am Weltmarkt muss so fordern Wirtschaftsführer, auch eine Zeit des Aufbruchs für die Werbetreibenden sein. Der Präsident der Industrie- und Handelskammer Mannheim, Heinrich Fuchs, weist darauf hin, wie paradox es sei, dass die deutsche Industrie zum Teil Qualitätswaren mit niveaulosen und unqualifizierten Werbemitteln anpreist.

Chroniknet