Politik und Gesellschaft 1972:
So aufsehenerregend die Ost-Reisen Nixons auch sind – sie markieren nur einen Teil des internationalen Entspannungsprozesses. Für die Deutschen noch wichtiger ist der sich anbahnende Wandel von der Konfrontation zu einem geregelten Nebeneinander zwischen beiden deutschen Staaten. Die Ostpolitik der sozialliberalen Koalition Brandt/Scheel erweist sich 1972 als fruchtbringend: Mit der DDR kommt im Dezember ein »Grundlagenvertrag« zustande, in dessen Zusammenhang auch die Aufnahme beider deutscher Staaten in die UNO von den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs gebilligt wird. Ein Ausdruck des entkrampften Verhältnisses zur DDR ist die Erleichterung des Zugangs von und nach Berlin (West) und eine gewisse Durchlässigkeit der Mauer. An 30 Tagen im Jahr können die Bewohner des Westteils in den Ostteil der Stadt fahren. Der 1972 zwischen Egon Bahr und dem DDR-Unterhändler Michael Kohl ausgehandelte Verkehrsvertrag macht unter bestimmten Umständen auch Westreisen von DDR-Bürgern möglich.