Möbel für den Rückzug in das gemütliche Zuhause

Wohnen und Design 1997:

»Cocooning« lautet 1997 das Zauberwort in der Möbelbranche. Gemeint ist der Rückzug in die eigenen vier Wände, sei es als Gegenbewegung zum Sturm auf Diskos und Partys, wie er in den 80er Jahren einsetzte, sei es, weil das Geld für Aktivitäten außer Haus knapper geworden ist. Die Inneneinrichter sehen den Trend mit Wohlwollen, denn wer sich länger zu Hause aufhält, gönnt sich öfter ein neues Möbelstück. Sofas und Sessel präsentieren sich in klaren, kräftigen Farben und einem Design, das Bequemlichkeit und Gemütlichkeit verspricht. Extras wie variable Arm- oder Kopfstützen, schwenkbare Kissen und höhenverstellbare Sitzflächen sorgen für noch größeren Komfort. Auch die Sitzlandschaften der 70er Jahre, die aus variablen Elementen individuell zusammengesetzt werden können, erleben eine Renaissance.

Wert legen Hersteller und Käufer auf gute Verarbeitung und hochwertige Materialien, vorzugsweise aus natürlichen Rohstoffen. Immer mehr Hersteller bieten Ökoprodukte an, die aus Holz, Schafwolle, Stroh und Federn gefertigt sind. Große Nachfrage gibt es auch nach Möbeln aus Korb oder Rattan.

Als Blickfang im Wohnbereich dienen attraktive und funktionelle Einzelstücke, etwa ein Stehpult oder Aufbewahrungsmöbel, die oft wie alte Truhen oder Schatullen gestaltet sind, auch wenn sie zur Unterbringung von moderner Unterhaltungselektronik dienen. Auch Schrankwände sind wieder »in«, allerdings nicht in der wuchtigen Form, die frühere Exemplare dieser Gattung aufwiesen.

Im Zuge des »Cocooning« wird die Küche als Treffpunkt innerhalb der Wohnung wiederentdeckt. In diesem Sinne wird die Hightech-Einbauküche durch eine Kombination von Einzelstücken ersetzt. Für eine gemütliche Atmosphäre sollen z. B. Küchenschränke und Sideboards sorgen, die in ihrer Gestaltung an den Stil der Jahrhundertwende anknüpfen. Viele Modelle sind aus hellem Holz hergestellt und haben Türfüllungen aus Milchglas. Große Tische aus Holz oder Edelstahl eignen sich nicht nur als Arbeitsfläche, sondern laden auch zum Zusammensitzen ein. Auch die technische Einrichtung wird individueller gestaltet. So gibt es wieder bauchige Kühlschränke in kräftigen Farben oder die riesigen »Iceboxes«, wie sie in den 50er Jahren in den USA in vielen Haushalten standen.

Rückbesinnlich in ganz anderer Form zeigt sich die 1995 entstandene Londoner Gruppe »Inflate«. Sie lässt die Popkultur der 60er und 70er Jahre wieder aufleben und hat sich damit binnen kürzester Zeit zu einem der gefragtesten Designerteams gemausert. Der Name »Inflate« – Aufblasen – sagt das Wesentliche über das Programm der Gruppe, denn alle ihre Artikel vom Eierbecher bis zum Wandspiegel, von der Hängelampe bis zum Paravant sind aufblasbar und aus Plastik.

Chroniknet