Haushälterische Reformen

Bildung 2005:

Der öffentliche Schulsektor muss sich mit einem zunehmend knapperen Budget abfinden und sucht nach Lösungen, um trotzdem einen zufriedenstellenden Unterricht anbieten zu können. Mehr Geld in die Kassen spült die Aufhebung bzw. Einschränkung der Lernmittelfreiheit, die z. B. das Bundesland Hamburg zum Schuljahr 2005/06 vollzieht. Allerdings führt das hier gefundene Modell, das den Eltern immer wieder aufs Neue die Wahl zwischen dem Kauf und der Miete von Schulbüchern lässt, zu einem hohen Verwaltungsaufwand an den Schulen. Auch in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Thüringen erhalten Schüler ihre Lernmittel nicht mehr vollkommen kostenlos – für Kinder von Sozialgeld- bzw. ALG-II-Empfängern gilt die Lernmittelfreiheit allerdings auch dort weiterhin. Die Einschränkung der Wahlmöglichkeiten an den Oberstufen der Gymnasien hat neben »ideologischen« auch finanzielle Hintergründe. Eine Modifizierung der reformierten Oberstufe, die einer Abschaffung dieses großen Schulprojekts der 1970er Jahre fast gleichkommt, vollzieht nach Baden-Württemberg zum Schuljahr 2005/06 auch Niedersachsen: Die Differenzierung von Leistungs- und Grundkursen entfällt weitgehend, es gibt wieder mehr verpflichtende Kernfächer und nur noch wenig Wahlfreiheit. Begründet wird dies damit, dass nur so den Abiturienten das Grundwissen vermittelt werden könne, das sie für einen erfolgreichen Start ins Berufsleben oder ins Studium benötigten. Tatsächlich hat die Erhöhung der Klassenfrequenzen an der gymnasialen Oberstufe – eine Sparmaßnahme – dazu geführt, dass viele kleinere Schulen ein breiteres Fächerangebot ohnehin nicht mehr vorhalten können.

Mit der Umschichtung der Mittel weg von der gymnasialen Oberstufe kommen die deutschen Länder einer in diversen OECD-Bildungsstudien erhobenen Forderung nach: Deutschland liegt im internationalen Vergleich bei den Ausgaben für die Schüler ab Klasse elf mit 9835 US-Dollar pro Kind und Jahr hinter Norwegen und der Schweiz auf Platz drei, bei den Ausgaben für Grundschüler mit 4537 US-Dollar pro Kind und Jahr hingegen an 19. Stelle unter 28 Staaten. Und dies, obwohl die Pädagogik die Bedeutung der frühen Förderung längst erkannt hat.

Chroniknet