Run auf Privatschulen

Bildung 2005:

Dass die Wartelisten der Privatschulen immer länger werden, hat sicherlich mit dem schwindenden Vertrauen von Eltern in die staatliche Bildungspolitik zu tun. Doch die Vorstellung, Privatschulen seien ein »Pisa-Paradies«, greift zu kurz. Zwar liegen die Privatschulen in den Punktzahlen ihrer Schülerinnen und Schüler insgesamt deutlich über dem Durchschnitt. Vergleicht man jedoch private und staatliche Schulen mit ähnlichem Profil (wirtschaftliche Stellung der Eltern, Anteil von Migrantenkindern, Abschneiden beim Intelligenztest), zeigt sich, dass es zwischen ihnen keine oder nur geringe Leistungsunterschiede gibt.

Hinsichtlich der Schülerzahlen ist die Statistik eindeutig: Während binnen zehn Jahren die Zahl der Schüler an allgemeinbildenden Privatschulen um 24% auf 605 800 (Schuljahr 2003/04) in die Höhe schnellte, ging sie im gleichen Zeitraum an öffentlichen Schulen um gut 3% zurück; z. T. ist die Entwicklung allerdings auf den Nachholbedarf in den neuen Ländern zurückzuführen.

Pädagogen sehen hinter dem Trend zur Privatschule neben den traditionell starken konfessionellen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen den Wunsch der Eltern, dass ihre Sprösslinge in einem »geschützten Raum« unterrichtet werden. Sie sollen – oft nach Misserfolgserlebnissen an einer staatlichen Schule – Akzeptanz erfahren und in allen ihren Fähigkeiten, auch den musischen und handwerklichen, gefördert werden.

In Deutschland ist das Recht auf Einrichtung privater Schulen im Grundgesetz garantiert, allerdings dürfen die Privaten in ihren Lernzielen nicht hinter öffentlichen Schulen zurückstehen, und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern darf nicht gefördert werden. Gegen diesen Verdacht müssen sich Privatschulen immer wieder zur Wehr setzen, da sie den Eltern Schulgeld, oft von mehreren Hundert Euro pro Monat, abverlangen. Der Bundesverband Deutscher Privatschulen fordert deshalb einen höheren Staatszuschuss (derzeit etwa 60 bis 70% der Kosten), um das Schulgeld senken zu können. Angesichts klammer Haushalte steht eine Erfüllung dieser Forderung nicht zu erwarten. Im Gegenteil: Auch die Eltern von Privatschülern müssen vermutlich ihren Beitrag zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte leisten. Auf der Streichliste der neuen Bundesregierung steht u. a. die steuerliche Absetzbarkeit des Schulgeldes.

Chroniknet