Sprechende Museumsbauten

Architektur 2005:

Sehr »spezifisch« und damit sehr unterschiedlich – da auf verschiedene bauliche Umfelder und museale Anforderungen reagierend – präsentieren sich die großen Museumsbauten des Jahres. Das neue Zentrum Paul Klee, in dessen Bestand mehr als ein Drittel vom bildnerischen Gesamtwerk des Schweizer Künstlers und sein gesamter dokumentarischer Nachlass übergegangen sind, ist in einem spektakulären Neubau von Renzo Piano untergebracht: Wellenförmig wachsen drei »Hügel«, die von quer verlaufenden Stahlbindern geformt sind, aus einem Hang oberhalb von Bern – eine Hommage an die umgebende Voralpenlandschaft und an das künstlerische Werk von Klee, in dem Parallelbewegungen eine große Rolle spielen.

Der Museumsanbau zur Holocaust-Gedenkstätte Jad Vashem in Jerusalem, ein Werk des israelischen Architekten Moshe Safdie, stellt sich als Großmetapher dar. Zu den innerhalb eines Hügels liegenden Ausstellungsräumen wird der Besucher durch einen Tunnel mit schräg aufragenden Seitenwänden aus nacktem Sichtbeton geführt. Sie sind in 10 m Höhe zunächst durch einen Lichtschlitz voneinander getrennt, verengen sich dann aber auf ihrem Weg durch den Hügel immer stärker. So wird die qualvoll lange Strecke, die der Besucher zurücklegen muss, um sich dem Holocaust-Geschehen zu stellen, noch einmal optisch verlängert. Nach Durchschreiten der Mitte weiten sich die Wände wieder, bis sie sich zum Schluss wie Blütenblätter nach außen öffnen und einen Panoramablick auf Jerusalem gestatten. Diesen Tunnel muss der Besucher auf dem strikt vorgeschriebenen Parcours durch die links und rechts angeordneten Ausstellungsräume immer wieder durchqueren.

Die Berliner Architekten Hascher + Jehle haben mit ihrem Neubau des Kunstmuseums Stuttgart in zweifacher Hinsicht auf das bauliche Umfeld reagiert: Der Glaskubus, den sie vor und auf die Betonplatte des Kleinen Schlossplatzes gestellt haben, eröffnet vom Obergeschoss aus einen Blick auf den eigentlichen Schlossplatz, dessen bauliche Schönheiten aus verschiedenen Epochen sich aus dieser Perspektive erst richtig erschließen. Zu diesem Kubus, dessen Ausstellungsfläche nur etwa für ein Viertel des Museumsbestandes ausreicht, kommen unterirdische Räume: Sie liegen in den unbenutzten Kavernen eines Komplexes aus fünf mehrspurigen Straßen und Trambahntunneln, die bisher unter einem riesigen Betondeckel verborgen waren. Die Architekten haben einen nicht mehr für den Verkehr gebrauchten Stollen für die Kunst annektiert und in den Betondeckel in ganzer Länge eine Öffnung fräsen lassen, durch die nun Tageslicht in die Ausstellungsräume fällt.

Erntet diese Lösung bei den meisten Baukritikern – und bei den Stuttgartern – Begeisterung, so wird der Neubau im ostwestfälischen Herford mit Zurückhaltung aufgenommen. »MARTa« (der Name ist zusammengesetzt aus M für Möbel, ART für Kunst und a für ambiente) heißt das darin untergebrachte Museum, und darin liegt bereits das Problem – die ursprüngliche Idee, ein Haus für die in Herford ansässige Möbelindustrie zu schaffen, in dem auch die Kunstsammlung eines Herforder Unternehmers untergebracht werden sollte, erwies sich als nicht realisierbar. Stattdessen sollen nun Wechselausstellungen die Räume füllen. Zu einem Publikumsmagneten wird sich das Museum vielleicht trotzdem entwickeln, schließlich hat Stararchitekt Frank Gehry aus Los Angeles den Bau entworfen. Er wirkt wie eine verkleinerte Kopie seines Guggenheim-Museums in Bilbao, gibt sich durch die Verwendung von Klinkern statt Edelstahl für die Außenfassade jedoch bescheidener.

Chroniknet