Was geschah im April 1910

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Wetterstationen April 1910

1.4.1910, Freitag

Der Hauptvorstand des deutschen Ostmarkenvereins erlässt einen Spendenaufruf für den Ostmarkenschutz “zum Besten des Deutschtums in den Grenzprovinzen”.

In Frankreich tritt ein neuer Zolltarif in Kraft, durch den deutsche Waren erheblich verteuert werden.

In Paris wird das Großkaufhaus “Printemps” eröffnet. Die Entwicklung von Warenhäusern, in denen unterschiedlichste Artikel für den Massenbedarf angeboten werden, begann in Frankreich bereits im 18. Jahrhundert, während im Deutschen Reich solche Einzelhandelsgroßbetriebe erst im ausgehenden 19. Jahrhundert an Boden gewannen.

2.4.1910, Samstag

In der chinesischen Provinz Schansi kommen bei einem Zusammenstoß zwischen Opiumpflanzern und Regierungstruppen 60 Menschen ums Leben. Gleichzeitig wird aus der Provinz Yünnan gemeldet, dass mehreren Bauern, die trotz wiederholter Verbote Mohn anbauten, die Köpfe abgeschlagen wurden.

Die Regierung des Königreichs Rumänien unter Ministerpräsident Ion (Ionel) J. C. Bratianu legt in Bukarest ein Industrieförderungsprogramm vor. Danach dürfen Maschinen bei Betriebsgründungen zollfrei eingeführt werden, die Betriebe sollen Tarifermäßigungen auf den Eisenbahnen erhalten und die Wasserkraft unentgeltlich nutzen dürfen. Voraussetzung ist, dass die Beschäftigten in so geförderten Betrieben zu 75% Rumänen sind; Juden werden dabei ausdrücklich nicht als Rumänen angesehen, auch wenn sie in Rumänien geboren wurden.

Der russische Ministerpräsident und Innenminister Pjotr A. Stolypin gibt in Petersburg (Leningrad) bekannt, dass im vergangenen Jahr 450 000 Menschen zur Kolonisation in Westsibirien eingetroffen seien. Das Land werde durch die zweigleisige Eisenbahnlinie von Moskau nach Irkutsk (Südsibirien) weiter erschlossen.

Nach Angaben aus Madrid sind seit Beginn des 20. Jahrhunderts rund 400 000 Spanier ausgewandert. Die Auswanderungsgebiete sind Andalusien Galicia und die Kanarischen Inseln. Ziel der meisten Auswanderer ist Brasilien oder Argentinien.

3.4.1910, Sonntag

Ein Fußball-Länderspiel gegen die Schweiz gewinnt die deutsche Mannschaft in Basel 3:2.

Das Storting, das norwegische Parlament in Kristiania (Oslo), lehnt es ab, die nächste Polarexpedition von Roald Amundsen zu finanzieren. Amundsen will als erster Mensch den Südpol erreichen. dasselbe Ziel hat der Brite Robert Falcon Scott.

Richard Abegg, Abteilungsvorsteher am Chemischen Institut in Breslau, verunglückt mit dem Ballon “Schlesien” bei der Landung in Pommern. Im Tessiner Krankenhaus erliegt er seinen schweren Verletzungen.

Der Ballon “Pommern” stürzt in der Nähe von Saßnitz in die Ostsee. Der Führer, der 42-Jährige Reichstagsabgeordnete Werner Delbrück, und zwei seiner Begleiter ertrinken. Der vierte Insasse wird schwer verletzt gerettet.

König Peter I. von Serbien trifft – von einer Begegnung mit dem bulgarischen König Ferdinand in Philippopel (Plowdiw) kommend – in der osmanischen Hauptstadt Konstantinopel (Istanbul) ein, wo er von Sultan Muhammad V. empfangen wird. Zentrales Thema der Gespräche ist die Balkanfrage.

4.4.1910, Montag

Der frühere US-Präsident Theodore Roosevelt verzichtet nach seiner Ankunft in Rom auf die erbetene Audienz bei Papst Pius X., weil die Kurie als Bedingung für die Audienz verlangt hat, dass nichts “Anstößiges” geschehe.

Aus Aden wird gemeldet, dass die Leute des Mullah von Somali 800 Angehörige der großbritannienfreundlichen Stämme getötet und ihr Vieh geraubt haben.

Im chinesischen Kaiserpalast werden vier mit Sprengstoff gefüllte Bomben entdeckt.

5.4.1910, Dienstag

Der Landtag des Fürstentums Anhalt in Dessau nimmt mit 19 zu 17 Stimmen die Direktwahl für den Stadtbereich an, lehnt sie aber für das Land ab. Die Landbevölkerung muss die Abgeordneten künftig weiterhin in indirekter Wahl bestimmen.

6.4.1910, Mittwoch

Dem Kölner Männer-Gesangverein wird in Rom eine Audienz bei Papst Pius X. verweigert. Der Verein hatte vor dem italienischen König Viktor Emanuel III. gesungen. Der Heilige Stuhl und das Königreich Italien leben in einem Zustand permanenter Spannung, seit die Reste des Kirchenstaats 1870 Italien eingegliedert und Rom zur Hauptstadt erhoben wurde. Der Papst betrachtet sich als “Gefangener des Vatikans.”

Aus Südamerika werden Spannungen zwischen Chile, Ecuador, Peru und Kolumbien gemeldet.

7.4.1910, Donnerstag

Das preußische Abgeordnetenhaus in Berlin nimmt nach den Osterferien seine Arbeit wieder auf. Zentrales Thema ist die Einführung der geplanten Schifffahrtsabgabe.

Die Berliner Stadtverordnetenversammlung genehmigt den Kauf des an das Tempelhofer Feld angrenzenden Aufmarschgeländes vom preußischen Militärfiskus für 6,3 Mio. Mark. Das Gelände soll für die Erweiterung des Viktoriaparks verwendet werden.

8.4.1910, Freitag

Der preußische Kriegsminister Josias von Heeringen gibt einen Erlass zur “Stärkung für das Militärische” bei der Jugend heraus.

9.4.1910, Samstag

Bei einem Fußball-Länderspiel in London unterliegt die Schweiz der Auswahl Englands 1:6.

Prinz Eitel Friedrich von Preußen eröffnet in Jerusalem die Auguste-Viktoria-Stiftung.

Aus Kiew werden 651 jüdische Familien ausgewiesen. Betroffen sind rund 2700 Personen. In Russland kommt es in diesem Jahr mehrmals zu judenfeindlichen Aktionen seitens der Regierung. Pogrome wie die des Jahres 1905 wiederholen sich jedoch nicht. Ein Pogrom ist eine mit Plünderungen und Mord verbundene Judenverfolgung, die meist von staatlichen Stellen inszeniert wird.

10.4.1910, Sonntag

In Berlin und mehreren Städten Preußens finden von den Behörden genehmigte Wahlrechtsversammlungen unter freiem Himmel statt. Sie verlaufen ohne Zwischenfälle.

Die deutsche Zionskirche in Jerusalem wird geweiht.

Im überfüllten Teatro Pizarro in Valencia findet eine Kundgebung für die Religions- und Gewissensfreiheit in Spanien statt, wobei die Redner der evangelischen Kirchen lebhaften Beifall erhalten. Die spanische Innenpolitik wird in diesem Jahr geprägt vom Versuch des neuen Ministerpräsidenten José Canalejas y Méndez, die Vorherrschaft des Katholizismus zu brechen.

Aus der marokkanischen Hafenstadt Tanger wird gemeldet, dass drei Depeschenboten mit Nachrichten der britischen, französischen und deutschen Behörden auf dem Weg von Rabat nach Casablanca überfallen und vollständig ausgeraubt wurden.

11.4.1910, Montag

Der deutsche Bundesrat in Berlin nimmt den vom Reichsschatzamt ausgearbeiteten Entwurf eines Wertzuwachssteuergesetzes an. Danach soll der Wertzuwachs von Grundstücken besteuert werden.

Die Künstler Umberto Boccioni, Carlo Carrà, Luigi Russolo, Giacomo Balla und Gino Severini veröffentlichen das “Technische Manifest der futuristischen Malerei”. Es ist in diesem Jahr bereits das zweite Futuristenmanifest nach dem “Futuristischen Manifest” vom 11. Februar.

12.4.1910, Dienstag

Bei der Ersatzwahl zum preußischen Abgeordnetenhaus wird im sechsten Berliner Wahlkreis der Sozialdemokrat Adolf Hoffmann mit 416 zu 68 Stimmen wiedergewählt. Hoffmann, der wegen seiner Schrift “Die zehn Gebote und die besitzende Klasse” auch “Zehn-Gebote-Hoffmann” genannt wird, zählt zu den populärsten Berliner Politikern dieser Zeit. Er ist bekannt durch seinen schlagfertigen Witz, den er in unverfälschter Berliner Mundart äußert.

Wegen der Fleischnot reicht die Berliner Fleischerinnung beim Deutschen Reichstag in Berlin eine Petition auf Öffnung der Grenzen für die Einfuhr von lebendem Schlachtvieh ein.

Das preußische Abgeordnetenhaus in Berlin nimmt bei der Wiederholungsabstimmung die umstrittene Wahlrechtsvorlage erneut gegen die Stimmen der Freikonservativen, Nationalliberalen, der Fortschrittlichen Volkspartei, der Polen und der Sozialdemokraten an. Deutschkonservative Partei und Zentrum verhinderten durch einen Geschäftsordnungstrick jede Debatte über die Novelle, die am 27. Mai zurückgezogen wird.

13.4.1910, Mittwoch

Auf Antrag der Deutschkonservativen Partei wird in die Geschäftsordnung des preußischen Abgeordnetenhauses in Berlin die Bestimmung aufgenommen, dass im Fall “grober, die Würde des Hauses schädigender Verletzung der Ordnung” der Präsident den betreffenden Abgeordneten für den Rest des Tages von der Sitzung ausschließen kann.

Die Berliner “Konservative Korrespondenz” prangert die “Nachgiebigkeit der Polizei” bei der Genehmigung von Wahlrechtskundgebungen an.

Die Hamburger Bürgerschaft bewilligt auf Antrag des Senats einstimmig 1,3 Mio. Mark zum Bau eines Instituts für Schiffs- und Tropenkrankheiten.

14.4.1910, Donnerstag

Die im Bau befindliche Parsevalhalle in München stürzt ein. Eine Person kommt ums Leben, sechs Menschen werden schwer verletzt.

König Alfons XIII. unterzeichnet das Auflösungsdekret für die Cortes, das Parlament in Madrid. Neuwahlen finden am 9. Mai statt.

Bei der Beratung des Eisenbahnetats im preußischen Abgeordnetenhaus in Berlin prangert der SPD-Politiker Robert Leinert die niedrigen Löhne der Eisenbahnarbeiter an, die nur 85 bis 96 Mark monatlich verdienen, “während zur Renovierung der Wohnung eines Eisenbahndirektionspräsidenten 6000 bis 20 000 Mark aufgewendet werden”. Paul von Breitenbach, der Minister für öffentliche Arbeiten, stellt in seiner Antwort klar, “dass Eisenbahner, die sich sozialdemokratischen Verbänden anschließen, entlassen werden”.

Das britische Unterhaus in London nimmt mit 334 zu 236 Stimmen eine Resolution an, nach der die Legislaturperiode von bisher sieben auf fünf Jahre beschränkt wird.

15.4.1910, Freitag

Der Prager Gemeinderat beschließt, die Veröffentlichungen des Prager Statistischen Amts nicht mehr in deutscher, sondern nur noch in tschechischer und französischer Sprache erscheinen zu lassen.

Der preußische Finanzminister Georg Freiherr von Rheinbaben fordert im Abgeordnetenhaus in Berlin 854 500 Mark für den Umbau des Berliner Opernhauses in der Zeit vom 1. Mai bis zum 1. November 1910. Die Budgetkommission genehmigt die Nachtragsforderung.

Die russische Reichsduma (Parlament) in Petersburg (Leningrad) bewilligt in geheimer Sitzung mehrere Mio. Rubel für Festungsbauten an der Westgrenze des Russischen Reichs.

Der österreichische Kaiser und König von Ungarn, Franz Joseph I., empfängt den früheren US-Präsidenten Theodore Roosevelt in Wien in Audienz.

In den USA wird eine Volkszählung durchgeführt.

Bei der Beratung des Kultusetats im preußischen Abgeordnetenhaus in Berlin bezeichnet das Zentrum die christliche (katholische) Weltanschauung als “nicht staatsgefährdend”.

Der Thüringer Kirchentag in Gotha nimmt eine Resolution an, wonach die kirchliche Beaufsichtigung des Religionsunterrichts aufgehoben werden soll. – Das ist in Sachsen-Gotha seit 1863, in Sachsen-Meiningen seit 1909 der Fall.

17.4.1910, Sonntag

Das Zürcher Kunsthaus wird eröffnet. Der 1907 begonnene Jugendstilbau ist ein Werk des Architekten Karl Moser. Das Museum erringt Weltruf vor allem durch seine Gemäldegalerie, in der ein Schwerpunkt die Schweizer Maler bilden (Johann Heinrich Füssli, Arnold Böcklin, Hans Leu, Ferdinand Hodler, Giovanni Segantini u.a.).

Der Ballon “Delitzsch” wird während eines Gewitters in der Nähe von Reichensachsen im Regierungsbezirk Kassel vom Blitz getroffen und stürzt ab. Die vier Insassen kommen bei dem Unglück ums Leben.

18.4.1910, Montag

Bei der Beratung des Kultusetats im preußischen Abgeordnetenhaus in Berlin bekräftigt Kultusminister August von Trott zu Solz die Auffassung der Regierung, dass jeder Schüler Religionsunterricht erhalten muss. Dissidentenkinder sollen dann vom Religionsunterricht freigestellt sein, wenn sie außerhalb der Schule Religionsunterricht erhalten.

In Paris wird eine internationale Konferenz zur Bekämpfung des Mädchenhandels eröffnet.

Der französische Aviatiker Louis Paulhan stellt mit dem 180-km-Flug von Paris nach Arcis-sur-Aube einen Überlandflugrekord auf.

19.4.1910, Dienstag

In der Nähe von Lataque in Kanada geht auf einen Arbeiterzug der National Transcontinental Railway ein Bergsturz nieder. 25 Arbeiter werden getötet.

20.4.1910, Mittwoch

Eine Volksversammlung in Johannesburg bei Gablonz (Jablonec) in Nordböhmen spricht sich für die Reaktivierung der “Los-von-Rom”-Bewegung im nordböhmischen Gebiet aus und bestimmt den 15. Mai zum Tag des Massenaustritts aus der katholischen Kirche. Die “Los-von-Rom”-Bewegung entstand Ende des 19. Jahrhunderts unter den katholischen Deutschen in Altösterreich; Auslöser war die deutschfeindliche Haltung vieler böhmischer Priester und damit generell die Auseinandersetzung zwischen Slawen und Deutschen.

Aus Konstantinopel (Istanbul) wird ein Protest der türkischen Regierung gegen einen Zwischenfall an der Grenze zum Sudan gemeldet: Ein französischer Offizier hatte eine türkische Karawane anhalten und über 20 angeblich räuberische Kameltreiber erschießen lassen.

21.4.1910, Donnerstag

Der US-amerikanische Schriftsteller und Pazifist Mark Twain stirbt im Alter von 75 Jahren in Redding/Connecticut.

22.4.1910, Freitag

Die verwitwete Großfürstin Sergius von Russland, geborene Prinzessin Elisabeth von Hessen, legt in Moskau das Gelübde zur Nächstenliebe ab. Zusammen mit der 46 Jahre alten Schwester von Zarin Alexandra Fjodorowna nehmen weitere 18 Damen der Aristokratie den Schleier. Die Großfürstin wird zur Äbtissin des von ihr gegründeten Martha-Maria-Kloster der Barmherzigen Schwestern geweiht.

Mecklenburg-Schwerin feiert die Geburt eines Thronfolgers.

Die drei Militärluftschiffe “M I”, “P II” und “Z II” fliegen von Köln nach Homburg vor der Höhe, wo sie glatt landen und von Kaiser Wilhelm II. besichtigt werden.

Der Wiener Gemeinderat wählt den bisherigen ersten Vizebürgermeister Josef Neumayer mit 129 zu 16 Stimmen zum Bürgermeister als Nachfolger des verstorbenen Karl Lueger.

Der Zentrumsabgeordnete Matthias Erzberger beantragt im Deutschen Reichstag in Berlin, die Kosten für die Niederschlagung des Herero-Aufstands durch eine Vermögenssteuer zu decken.

23.4.1910, Samstag

In Kuba wird ein Aufstand der farbigen Plantagenarbeiter blutig niedergeschlagen. Auf Kuba, das seit 1901 faktisch ein Protektorat der USA ist, hat sich mit dem Eindringen von US-Kapital die Zuckerrohr-Monokultur sprunghaft verstärkt und die Proletarisierung der Landarbeiter beschleunigt.

Der frühere US-Präsident Theodore Roosevelt hält während seiner Europareise an der Sorbonne, der Pariser Universität, einen Vortrag über “Bürgerpflichten in der Republik”.

Der Deutsche Reichstag in Berlin nimmt einen Antrag der Wirtschaftlichen Vereinigung für Beihilfen an Kriegsteilnehmer an. Er sieht eine jährliche Beihilfe von 120 Mark für alle unterstützungsbedürftigen oder mindestens 60 Jahre alten Veteranen der letzten Feldzüge vor, wenn ihr Einkommen weniger als 900 Mark im Jahr beträgt.

Die Weltausstellung in Brüssel wird eröffnet.

24.4.1910, Sonntag

Die Parlamentswahlen in Frankreich bestätigen die Koalition unter dem sozialistischen Ministerpräsidenten Aristide Briand.

Beim Fußball-Länderspiel in Arnheim unterliegt die deutsche Auswahl Holland mit 2:4 Toren.

25.4.1910, Montag

Die kaiserliche chinesische Regierung in Peking gibt bekannt, dass im Nimrod-Sund an der Küste von Tschekiang am Ostchinesischen Meer der erste Kriegshafen des Landes errichtet werden soll.

Das britische lenkbare Militärluftschiff “II a” wird bei Farnborough durch einen Sturm zerstört.

Das Reichsluftschiff “Z II” wird vom Sturm zerstört.

26.4.1910, Dienstag

Die Budgetkommission des Deutschen Reichstags in Berlin lehnt den von der Regierung für unannehmbar erklärten Antrag des Zentrumsabgeordneten Matthias Erzberger ab, die großen Land- und Minengesellschaften in Deutsch-Südwestafrika zur Deckung der Kosten heranzuziehen, die für die Niederschlagung des Herero-Aufstands 1904 erforderlich waren.

Der Budgetausschuss des österreichischen Reichsrats in Wien beschließt auf Antrag der Tschechen, künftig nur zweisprachige Beamte einzustellen.

27.4.1910, Mittwoch

Der französische Aviatiker Louis Paulhan fliegt – mit Übernachtung – 296 km von London nach Manchester.

König Eduard VII. von Großbritannien und Irland kehrt aus Biarritz zurück, wo er sich seit 3. März zur Erholung aufgehalten hat. Es war der letzte Auslandsaufenthalt des britischen Monarchen vor seinem Tod.

Die von den Klerikalen dominierte belgische Abgeordnetenkammer in Brüssel beschließt mit 72 zu 58 Stimmen, einen Antrag der Sozialisten auf Einführung des allgemeinen gleichen Wahlrechts statt des Pluralwahlrechts nicht zu beraten.

28.4.1910, Donnerstag

Das britische Oberhaus in London nimmt das umstrittene Finanzgesetz, dessen Ablehnung im Vorjahr die Neuwahlen notwendig machte, in allen drei Lesungen an.

Der neue italienische Ministerpräsident Luigi Luzzatti (seit 30. 3.) erläutert vor der Abgeordnetenkammer in Rom sein Regierungsprogramm. Der zentrale Punkt ist eine Steuerreform, die Italien landwirtschaftlich und industriell “zu einem Freihafen für das einheimische und das auswärtige Kapital” machen soll. Luzzattis Vorgänger Giorgio Sidney Baron Sonnino war am 21. März wegen seiner umstrittenen Forderung nach Schifffahrtssubventionen zurückgetreten.

29.4.1910, Freitag

Das preußische Herrenhaus in Berlin nimmt die Wahlrechtsreform mit 140 zu 94 Stimmen an.

Andrew Fisher von der australischen Labour Party wird neuer Ministerpräsident als Nachfolger von Alfred Deakin. Bei den Parlamentswahlen am 13. April hatte die Arbeiterpartei den Sieg über die liberal-konservative Koalition unter Deakin errungen.

30.4.1910, Samstag

In Nürnberg wird der erste Parteitag der Fortschrittlichen Volkspartei in Bayern eröffnet. Er dauert bis zum 1. Mai.

Das Storting, das norwegische Parlament in Kristiania (Oslo), beschließt die Einführung des allgemeinen Frauenstimmrechts bei den Kommunalwahlen. Bisher hatten die Norwegerinnen nur ein beschränktes Wahlrecht.

In Berlin tritt unter dem Vorsitz von Oberbürgermeister Martin Kirschner der Vorstand des Deutschen Städtetags zusammen. Er beschließt, an den Deutschen Reichstag eine Eingabe gegen die Reichswertzuwachssteuer zu richten. Dieses Gesetzesvorhaben sieht die Besteuerung des Wertzuwachses von Grundstücken vor. Die Steuern sollen jedoch nicht an die Gemeinden, sondern an das Reich entrichtet werden.

Chroniknet