Was geschah im Juni 1901

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Wetterstationen Juni 1901

1.6.1901, Samstag

Das am 26. April eingebrachte Wasserstraßengesetz wird vom österreichischen Abgeordnetenhaus in Wien gebilligt. Gegen das Gesetz sprechen sich u.a. die Alldeutschen und die tschechischen Agrarier aus.

Anlässlich eines Streiks der Zollbeamten kommt es in der spanischen Stadt Coruna zu blutigen Unruhen.

Der bayerische Prinzregent Luitpold eröffnet in München die achte Internationale Kunstausstellung.

Zum Leiter der neuen Bremer Lesehalle wird Arthur Heidenhain gewählt. Er stand von 1897 bis 1899 der – als vorbildlich geltenden – Lesehalle in Jena vor.

Im Rahmen der Diskussionen um die Zolltarifvorlage kommt es zu einem heftigen Streit zwischen dem Bund der Landwirte und der katholischen Zentrums-Partei. Auslösender Faktor ist der Versuch führender Persönlichkeiten des Bundes der Landwirte, katholische Bauernvereine für ihre Agitation einzuspannen.

2.6.1901, Sonntag

In Japan bildet Taro Katsura ein neues Kabinett. Er löst damit Ministerpräsident Hirobumi Ito ab. Ito war bisher viermal Ministerpräsident und hatte sich für die Modernisierung Japans eingesetzt.

In Preußen werden Einzelheiten aus dem Bericht des Ministers für Öffentliche Arbeiten, Karl von Thielen, über die Situation der preußisch-hessischen Staatsbahnen bekannt. Danach umfasst das Eisenbahnnetz rund 30 000 Kilometer (1890: 23 800 Kilometer). Der Personalbestand beträgt ca. 345 000 (darunter 33 000 Beamte und 212 000 Eisenbahnarbeiter).

3.6.1901, Montag

Nach Berichten über eine drohende Missernte ordnet der preußische Ministerpräsident Bernhard von Bülow eine Inspektionsreise des Landwirtschafts-, Innen- und Finanzministers an. Der Saatenstand der preußischen Landwirte hat sich ungünstig entwickelt.

Der deutsche Offizier Alfred Graf von Waldersee – Oberkommandierender über die internationalen Besatzungstruppen im Boxeraufstand – verlässt China. Auch die Interventionstruppen kehren wieder in ihre Heimat zurück.

4.6.1901, Dienstag

Im Rahmen zweitägiger Haushaltsberatungen spielt der österreichische Ministerpräsident Ernest von Koerber die Bedeutung der “Los-von-Rom”-Bewegung im österreichischen Abgeordnetenhaus herunter. Koerbers Erklärung wird in der katholischen Presse und von der Zentrums-Partei verurteilt.

Karlsbad (heute Karlovy Vary; Westböhmen) meldet mit 673 einen Tagesrekord bei Anmeldungen von Kurgästen seit Bestehen des Badeortes. Karlsbad hat sich seit 1711 zu einem der bekanntesten mitteleuropäischen Badeorte entwickelt.

5.6.1901, Mittwoch

In der belgischen Hafenstadt Antwerpen bricht ein Großfeuer aus. Dabei werden drei der vier Gebäudeflügel des Königlichen Zollhauses zerstört; der Gesamtschaden beträgt mehrere Mio. Mark.

Eine Volkszählung ergibt für die französische Hauptstadt Paris eine Einwohnerzahl von rund 2,71 Mio. Das bedeutet eine Zunahme gegenüber 1896 um knapp eine halbe Mio. Einwohner.

An der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg werden die ersten Promotionen zum Dr. Ing. vollzogen. Die Hochschule wurde 1879 unter Eingliederung der Berliner Bauakademie und der Gewerbeakademie gegründet. Das Recht zur Verleihung des Doktors der Ingenieurwissenschaften ist den preußischen Technischen Hochschulen erst 1899 übertragen worden.

6.6.1901, Donnerstag

In Kopenhagen findet eine Massenkundgebung gegen die bestehende Regierung statt. Bei den Parlamentswahlen am 3. April hatte die oppositionelle Venstre-Partei einen klaren Sieg errungen. Am 24. Juli wird in Dänemark ein neues Kabinett gebildet.

7.6.1901, Freitag

In der spanischen Region Mancha (südöstliche Südmeseta) richten riesige Heuschreckenschwärme große Schäden an. Auch der Bahnverkehr wird zeitweilig beeinträchtigt.

In Mailand tritt der erste Kongress italienischer Handelskammern zusammen. An dem Treffen nehmen 74 inländische und zwölf ausländische Körperschaften teil. Hauptthema ist die Bildung eines Handelskammer-Bundes zur Wahrung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen.

Das britische Unterhaus in London bewilligt mit 159 gegen 60 Stimmen eine Forderung der Regierung nach Finanzmitteln in Höhe von rund 15,8 Mio. Pfund (322 Mio. Mark). Die Summe dient der Beschaffung von militärischen Transportschiffen.

Einer Erklärung des belgischen Außenministeriums zufolge hat das Land die Pflicht, sich mit der Möglichkeit eines militärischen Einmarsches von anderen Mächten zu befassen. Belgiens Neutralität ist in einem Sondervertrag mit fünf Garantiemächten, darunter Großbritannien, niedergelegt.

8.6.1901, Samstag

Vertreter der Regierungen von Peru und Chile kommen zu Verhandlungen über die Abtretung zweier chilenischer Gebiete zusammen. Die Unterredungen finden in gespannter Atmosphäre statt. Peru erhebt aufgrund früherer Verträge Ansprüche auf Arica und Tacna. Arica gehört seit 1883 zu Chile, Tacna ist heute peruanisch.

9.6.1901, Sonntag

Auf einer in Sonneberg i. Th. abgehaltenen Konferenz der kaufmännischen Vereine für weibliche Angestellte wird für Frauen und Männer eine nach Zeit und Umfang gleiche Ausbildung gefordert. Die 17 Vereine vertreten rund 20 000 weibliche Angestellte.

10.6.1901, Montag

In Leipzig tritt unter Leitung von Albert Brockhaus der vierte internationale Verlegerkongress zusammen. Die Beratungen, die bis zum 13. Juni dauern gliedern sich in die Sektionen Urheber- und Verlagsrecht, technisch-administrative Fragen und Musikalienhandel.

11.6.1901, Dienstag

Sergei J. Witte, russischer Finanzminister, erlässt eine gegen Deutsche gerichtete Anordnung. Danach dürfen Kapitalgesellschaften, an deren Gründung oder Verwaltung deutsche Reichsangehörige beteiligt sind, nur noch mit besonderer Genehmigung an der Börse zugelassen werden.

12.6.1901, Mittwoch

Der neuen kubanischen Verfassung zufolge erhalten die USA ein Interventionsrecht auf der mittelamerikanischen Insel (sog. Platt Amendment).

Im ungarischen Abgeordnetenhaus in Budapest kommt es zu einem Streit über die Sprachenfrage. Anlass ist die Verwendung der deutschen Sprache bei Ausschussberatungen. Ministerpräsident Koloman Széll weist darauf hin, dass lediglich in Plenarsitzungen die ungarische Sprache vorgeschrieben ist.

Der österreichische Kaiser Franz Joseph I. trifft zu einem sechstägigen Besuch in Böhmen bzw. Prag ein. Dort nimmt er am 14. Juni an der Einweihung der Franzensbrücke teil. Vertreter der deutschen Bevölkerung äußern Verärgerung über den Gebrauch der tschechischen Sprache bei Einladungsschreiben.

In Kiel endet die dreitägige 42. Hauptversammlung des Vereins Deutscher Ingenieure. Dabei wird Wilhelm von Oechelhäuser – seit 1890 Generaldirektor der Deutschen Continental-Gasgesellschaft (Dessau) – zum Vorsitzenden für die Jahre 1901/1902 gewählt. Der deutsche Elektrotechniker Adolf Slaby berichtet in einem Vortrag über neueste Fortschritte der drahtlosen Telegraphie.

13.6.1901, Donnerstag

In Anwesenheit von Prinz Friedrich Heinrich von Preußen – als Vertreter von Kaiser Wilhelm II. – wird in Halle an der Saale die 15. Wanderausstellung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft eröffnet. Bei der sechstägigen Schau handelt es sich um eine der bisher größten landwirtschaftlichen Ausstellungen im Deutschen Reich; gezeigt werden vor allem Landwirtschaftsgeräte. Mit der Ausstellung kombiniert ist die Wanderversammlung der Landwirtschaftsgesellschaft.

Der deutsche Bundesrat billigt das Gesetz über das Urheber- und Verlagsrecht in der Fassung der Reichstagsbeschlüsse.

14.6.1901, Freitag

Die erste württembergische Kammer billigt in Stuttgart einstimmig die Aufrechterhaltung der württembergischen Selbständigkeit im Eisenbahnwesen. Damit spricht sie sich gegen einen Beitritt des Landes zu den preußisch-hessischen Staatseisenbahnen aus. Zugleich fordert die württembergische Kammer allerdings ein Reichseisenbahngesetz.

Die Liberalen gehen als Verlierer aus den niederländischen Parlamentswahlen hervor. Neuer Regierungschef wird im Anschluss an die Wahlen der protestantische Theologe und Politiker Abraham Kuyper.

Ein Großbrand im Galeerenhafen der russischen Hauptstadt Petersburg (heute Leningrad) richtet einen Sachschaden von mehreren Mio. Rubel an (1 Rubel = 2,16 Mark).

Bei einem Explosionsunglück in einer Pariser Waffenfabrik kommen 15 Arbeiter ums Leben.

In Riga wird aus Anlass des 700-Jährigen Bestehens der Stadt eine Industrie- und Gewerbeausstellung eröffnet (bis 31. August). Die Schau ist thematisch in 15 Abteilungen aufgegliedert. Im Mittelpunkt steht “Alt-Riga”, eine Rekonstruktion der mittelalterlichen Hansestadt. Im Anschluss an die Gewerbeausstellung findet auch eine Gemäldeschau statt.

15.6.1901, Samstag

Im Rahmen mehrtägiger Beratungen über den Haushalt des Außenministeriums kommt es im italienischen Parlament in Rom zu einer Debatte über die Außenpolitik. Der zuständige Minister Giulio Prinetti erklärt, dass “innige Beziehungen zu Frankreich mit dem Dreibund nicht unvereinbar sind”. In der letzten Zeit wurde in der Öffentlichkeit verstärkt über eine italienisch-französische Annäherung spekuliert. Frankreich ist mit Russland verbündet.

16.6.1901, Sonntag

Der dänische Radrennstar Thorwald Ellegaard gewinnt bei einer Radrennveranstaltung im französischen Agen drei Rennen. In Hannover siegt der französische Radrennfahrer Emile Bouhours in einem mit 2500 Mark dotierten 75-km-Rennen in 1:19:04 h mit 5 m Vorsprung vor dem Münchener Thaddeus Robl.

Das erste Rennen bei der traditionellen Kaiserregatta in Grünau bei Berlin wird zum drittenmal vom Akademischen Ruderverein Berlin gewonnen. Dieser kann damit den sog. Kaiser-Wanderpreis auf Dauer in seinen Besitz nehmen.

Sieger des in Hamburg-Horn ausgetragenen Deutschen Galopp-Derbys wird vor rund 150 000 Zuschauern der im Besitz eines Offiziers befindliche dreijährige Hengst Tuki.

In Anwesenheit zahlreicher Prominenz – darunter Kaiser Wilhelm II. sowie Spitzen der staatlichen und städtischen Verwaltung – wird in Berlin das Bismarck-Denkmal vor dem Reichstag (heute im Tiergarten) feierlich enthüllt.

Auf einer Großkundgebung im bulgarischen Sofia wird für die “makedonische Revolution” und gegen den politischen Einfluss Russlands demonstriert.

17.6.1901, Montag

In der italienischen Abgeordnetenkammer beginnt eine mehrtägige Debatte über den Etat des Innenministeriums (bis 22. 6.). Dabei äußert sich Regierungschef Giuseppe Zanardelli grundsätzlich über seine zukünftige Politik und betont, keine “Politik der Unterdrückung” zu wählen. Die Abgeordneten sprechen zum Schluss der Debatten der Regierung mit 264 gegen 184 Stimmen ihr Vertrauen aus.

Die Konferenz zur Vereinheitlichung der deutschen Rechtschreibung tritt im Reichsamt des Innern in Berlin zusammen.

18.6.1901, Dienstag

Neue Forschungsergebnisse des französischen Physikers Antoine Henri Becquerel geben Aufschlüsse über die innere Struktur des Atoms.

Nach einer Bekanntgabe des Reichspostamtes sind künftig Ansichtskarten mit Verzierungen und “Aufklebungen” aus Mineralstaub, Glassplitterchen, Glaskügelchen, Sand und Metallteilchen nicht mehr zur offenen Versendung zugelassen. Das Beförderungsverbot erstreckt sich auf den innerdeutschen und den deutsch-schweizerischen Postverkehr; im internationalen Verkehr sind derartige Beigaben ohnehin untersagt.

19.6.1901, Mittwoch

Die württembergische Abgeordnetenkammer in Stuttgart billigt mit 58 gegen 13 Stimmen einen Antrag auf Einrichtung von Landwirtschaftskammern. Die neue Staatsregierung unter Ministerpräsident Wilhelm August von Breitling äußert sich allerdings skeptisch über den zu erwartenden Nutzen.

20.6.1901, Donnerstag

Auf der Kieler Förde beginnt die Kieler Woche. Diese größte Segelsportveranstaltung im Deutschen Reich dauert bis zum 27. Juni. Höhepunkt des Rahmenprogramms ist die Enthüllung eines Denkmals des Großen Kurfürsten durch Kaiser Wilhelm II.

Bei der deutschen Marine wird mit dem Admiraladjutanten eine neue Rangstufe geschaffen. Als erstem verleiht Kaiser Wilhelm II. Gustav Freiherr von Senden-Bibran diesen militärischen Rang. Senden-Bibran ist Chef des Marinekabinetts.

In Danzig (heute Gdansk) tritt unter Vorsitz des preußischen Finanzministers Georg Freiherr von Rheinbaben eine Konferenz zur Beratung der landwirtschaftlichen Krisensituation in den ostelbischen Gebieten zusammen.

21.6.1901, Freitag

Nach dem Tod des sächsischen Regierungschefs und Justizministers Heinrich Rudolf Schurig übernimmt der bisherige Generalstaatsanwalt Konrad Wilhelm Rüger das Justizressort. Am 22. Juni wird dem sächsischen Innen- und Außenminister Karl Georg Levin von Metzsch-Reichenbach der Vorsitz des Gesamtkabinetts übertragen.

Als Reaktion auf die Agrarkrise in den ostelbischen Gebieten erlässt die preußische Regierung Ausgleichsmaßnahmen.

Der französische Finanzminister Joseph Caillaux äusert sich im Haushaltsausschuss der Deputiertenkammer zur Frage der progressiven Einkommensteuer. Nach seiner Ansicht ist deren Einführung im laufenden Jahr nicht mehr möglich. Am 4. Juli vertagt die Kammer einen entsprechenden Beschluss.

Neuer ökumenischer Patriarch der orthodoxen Kirche von Konstantinopel (heute Istanbul) wird Joachim III. Er tritt damit die Nachfolge von Konstantin VI. an.

In der österreichischen Presse wird bekannt, dass dem Schriftsteller Arthur Schnitzler die militärische Standesehre als Reserveoffizier aberkannt wurde. Grund für diese Maßnahme ist die Veröffentlichung seiner Novelle “Lieutenant Gustl”.

Kaiser Wilhelm II., der bei der Kieler Woche (20.- 27. 6.) mitsegelt, protestiert vergeblich gegen den Ausgang einer Segel-Regatta. Der Kaiser-Preis in der Sonderklasse geht an die “Wannsee”.

22.6.1901, Samstag

Bei einem Dammbruch im US-amerikanischen Bundesstaat Virginia kommen mehrere hundert Menschen ums Leben. Die Katastrophe wurde durch ein Unwetter ausgelöst; rund 30 Städte sind davon betroffen.

Nach der Abgeordnetenkammer billigt auch der französische Senat in Paris das vor allem gegen katholische Orden gerichtete sog. Assoziationsgesetz mit 173 gegen 99 Stimmen.

23.6.1901, Sonntag

In Mainz findet die Eröffnung des Gutenberg-Museums zur Geschichte der Druckkunst sowie die Gründung der Internationalen Gutenberg-Gesellschaft statt.

Das badische Oberschulratsamt untersagt der Stadt Mannheim die Errichtung eines sog. Reformgymnasiums. Diese moderne Schulform mit Modellcharakter legt den Schwerpunkt auf Fremdsprachen; sie breitet sich seit der Jahrhundertwende aus.

Mehrere tausend Zuschauer verfolgen den ersten Spatenstich für die österreichische Tauernbahn bei Bad Gastein.

24.6.1901, Montag

Zum ersten Mal wird in einer Galerie der französischen Hauptstadt Paris eine Ausstellung mit Bildern von Pablo Picasso gezeigt.

Das Reichsgericht Leipzig erklärt den Attentäter Dietrich Weiland, der am 6. März in Bremen den deutschen Kaiser Wilhelm II. durch ein Wurfgeschoss leicht verletzt hatte, für unzurechnungsfähig. Die Strafverfolgung wird daraufhin ausgesetzt und Weiland in eine Heilanstalt für psychisch Kranke überwiesen.

25.6.1901, Dienstag

Nach Angaben ihres Aufsichtsrats muss die Leipziger Bank ihre Zahlungen einstellen. Der Zusammenbruch des bedeutenden Kreditinstitutes zieht eine Reihe von Konkursen nach sich und führt zu einer schweren Wirtschafts- und Regierungskrise in Sachsen.

26.6.1901, Mittwoch

Im Rahmen weiterer antiklerikaler Unruhen in Spanien kommt es in Valencia bei einer Prozession zu Straßenkämpfen.

27.6.1901, Donnerstag

Das britische Oberhaus in London debattiert über einen möglichen militärischen Ausbau des britischen Besitztums in Gibraltar. Die Errichtung eines dritten Docks wird geplant.

In Chile wird die Wahl von Germán Riesco – Kandidat des sog. Liberalen Bundes – zum neuen Präsidenten bekannt. Riesco übernimmt das Amt am 12. Juli.

28.6.1901, Freitag

Der seit 1893 amtierende badische Ministerpräsident Franz Wilhelm Nokk tritt zurück. Sein Nachfolger wird der bisherige Außenminister, der Jurist Artur Brauer. Nachdem bei den letzten Wahlen 1897 die Opposition aus Sozialdemokraten, Zentrum und Freisinnigen die Mehrheit gewann, wird von der nationalliberal geführten Regierung eine Wahlrechtsreform gefordert. Die Zusammenarbeit der Ultramontanen mit den Freisinnigen ist heftig umstritten.

29.6.1901, Samstag

Die spanische Regierung ordnet ein Verbot aller Kundgebungen auf öffentlichen Straßen an. Bei antiklerikalen Demonstrationen werden in Asturien zahlreiche Kapellen beschädigt.

Auf Erlass des preußischen Eisenbahnministers Karl von Thielen erhalten alle Rückfahrkarten auf den preußisch-hessischen Staatsbahnen künftig eine Gültigkeit von 45 Tagen. Die Regelung tritt ab 4. Juli in Kraft. Damit wird eine Vereinfachung des Tarifgefüges vollzogen. Am 2. Juli folgen andere Bundesstaaten dem Beispiel.

Der französische Mors-Fahrer Henry Fournier ist Schnellster beim ersten Automobilrennen von Paris (Start am 27. 6.) nach Berlin.

30.6.1901, Sonntag

In der Türkei wird bekannt, dass die politische Verfolgung der sog. Jungtürken – einer konstitutionellen Reformbewegung – immer drastischere Ausmaße annimmt.

Der preußische Kultusminister Konrad Studt verkündet Grundsätze für die Geschichts-Lehrpläne in höheren Schulen. Danach soll den Schülern “die Verderblichkeit aller gewaltsamen Versuche der Änderung sozialer Ordnungen” dargelegt werden. Auch sollen die “Verdienste unseres Herrscherhauses um die Förderung des Volkswohles bis in die neueste Zeit hinein” berücksichtigt werden.

Als Sensation wird in der internationalen Presse die Entdeckung des Okapi in Zentralafrika gewertet. Das scheue Säugetier war den Zoologen bisher unbekannt.

Hinter einem mit 3 PS motorisierten Tandem verbessert der deutsche Steher-Weltmeister Thaddeus Robl in Leipzig den Rad-Stundenweltrekord (hinter Schrittmacher-Maschinen) auf 65,512 Kilometer.

Chroniknet