Was geschah im März 1900

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Wetterstationen März 1900

1.3.1900, Donnerstag

Auf Samoa wird in Gegenwart der Vertreter Großbritanniens und der USA die deutsche Flagge gehisst.

Die bayerische Abgeordnetenkammer in München genehmigt den Antrag auf Errichtung einer Handwerker-Zentralkasse.

2.3.1900, Freitag

General Redvers Henry Buller, der Oberbefehlshaber der britischen Streitkräfte in Natal während des Burenkriegs, zieht in Ladysmith, der drittgrößten Stadt von Natal, ein. Am Tag zuvor hatte er Ladysmith, das mehrere Monate lang durch die Buren belagert wurde, entsetzt.

Papst Leo XIII. empfängt an seinem 90. Geburtstag die Kardinäle und andere hohe Würdenträger der Kurie.

3.3.1900, Samstag

Das preußische Abgeordnetenhaus in Berlin lehnt gegen die Stimmen der Freisinnigen Vereinigung einen Antrag auf Herabsetzung der Personentarife im Bahnverkehr ab.

In Berlin wird die Handels- und Plantagengesellschaft Südwest-Kamerun gegründet.

4.3.1900, Sonntag

In Berlin findet eine große Protestversammlung gegen das umstrittene Sittengesetz, die Lex Heinze, statt. Einer der Hauptredner ist der Schriftsteller Hermann Sudermann. Auch zahlreiche andere Prominente nehmen an der Veranstaltung teil.

In Wien demonstrieren mehrere tausend Arbeiter gegen die am 24. Februar vom niederösterreichischen Landtag genehmigte neue Wiener Gemeindewahlordnung, durch die die Vorherrschaft der Christlich Sozialen im Wiener Gemeinderat festgeschrieben wurde.

5.3.1900, Montag

Der deutsche Landwirtschaftsrat in Berlin erstellt eine Liste mit Vorschlägen zur Beseitigung des Arbeitermangels auf dem Land. So sollen junge Leute unter 18 Jahren nicht ohne ausdrückliche Genehmigung ihrer Eltern oder Vormünder ihre Heimat verlassen dürfen und auch dann nur, wenn die Aufnahme in ein festes Arbeitsverhältnis nachgewiesen wird.

Der osmanische Regierungsanzeiger veröffentlicht die Gemeindeordnung der Insel Kreta, die seit 1898 eine autonome osmanische Provinz ist. Kreta wird danach in 86 Gemeinden eingeteilt.

Paulus “Ohm” Krüger, der Präsident der Südafrikanischen Republik, und Martinus Theunis Steijn, der Präsident des Oranjefreistaats, richten eine Depesche an die britische Regierung, in der sie die Anerkennung der Unabhängigkeit ihrer Staaten durch Großbritannien als Vorbedingung für Friedensverhandlungen bezeichnen.

6.3.1900, Dienstag

Alfred Milner, der Gouverneur der britischen Kapkolonie, proklamiert das Kriegsrecht in den nördlichen Provinzen, nachdem es dort zu Aufständen burischer Farmer gekommen ist.

Das preußische Abgeordnetenhaus in Berlin beginnt mit der Beratung des Kultusetats. Bei den bis zum 15. März dauernden Beratungen wird u.a. über die Beibehaltung humanistischer Schulen diskutiert.

Die bayerische Abgeordnetenkammer in München genehmigt mit 81 zu 44 Stimmen den Antrag auf Gründung einer staatlichen Mobiliarbrandversicherung.

7.3.1900, Mittwoch

In München findet eine von rund 4000 Menschen besuchte Protestveranstaltung gegen das umstrittene Sittengesetz (sog. Lex Heinze) statt. Der Verleger Georg Hirth verliest einen Zustimmungsgruß des Schriftstellers Paul Heyse und ein Schreiben, in dem sich auch der Vorstand der Münchner Künstlergenossenschaft dem Protest gegen das Gesetz, das der Zensur Vorschub leisten könnte, anschließt.

8.3.1900, Donnerstag

Die Kohlenwerke des Zwickauer Reviers in Sachsen beschließen eine allgemeine Lohnerhöhung für ihre Bergarbeiter. Die im Februar ausgebrochenen Streiks in den Kohlenrevieren des Deutschen Reichs sind Anfang März beendet worden.

Das Gebäude der Comédie-Française in Paris brennt bis auf die Außenmauern nieder.

Aus Russland wird gemeldet, dass die 1905 ablaufende Konzession der Indo-Europäischen Telegraphengesellschaft um 20 Jahre verlängert worden ist.

9.3.1900, Freitag

Der Deutsche Reichstag in Berlin billigt die Kommissionsbeschlüsse zum umstrittenen Fleischbeschaugesetz mit großer Mehrheit in zweiter Lesung.

Der Gouverneur des deutschen Pachtgebiets Kiautschou, Paul Jaeschke, zieht die Truppen aus der in neutralem Gebiet gelegenen Stadt Kau-mi ab, nachdem der chinesische General Yüan Shih-k’ai, der Gouverneur der ostchinesischen Provinz Schantung, den deutschen Eisenbahnbauern volle Sicherheit zugesichert hat. Zuvor war es zu Übergriffen der chinesischen Bevölkerung gegen deutsche Ingenieure gekommen, die die Eisenbahn von Kau-mi nach Tsingtau bauen.

10.3.1900, Samstag

Der deutsche Kaiser Wilhelm II. trifft in Begleitung von Prinz Heinrich in Wilhelmshaven ein, wo er der Vereidigung von Rekruten beiwohnt.

Der britische Gesandte in Persien eröffnet in Kerman den neuen Karawanen-Wanderweg von Kerman über Nuschki nach Quetta.

Die Niederländische Zweite Kammer genehmigt gegen die Stimmen der Ultramontanen (rechtskonservative Katholiken) den Teil des Schulgesetzes, der den sechsjährigen Volksschulbesuch für obligatorisch erklärt. Nach Schätzungen erhalten von 10 000 Kindern zwischen sechs und elf Jahren rund 750 Jungen und 900 Mädchen keine Schulbildung.

11.3.1900, Sonntag

Der britische Premierminister Robert Arthur Talbot Gascoyne-Cecil Marquess of Salisbury beantwortet die Depesche der Präsidenten der Südafrikanischen Republik und des Oranjefreistaats, Paulus “Ohm” Krüger und Martinus Theunis Steijn, vom 5. März. Danach ist Großbritannien nicht bereit, die Unabhängigkeit der Burenrepubliken anzuerkennen.

12.3.1900, Montag

Auf eine Anfrage der österreichischen Deutsch-Nationalen über private Waffenlieferungen österreichischer Staatsbürger an Großbritannien während des Burenkriegs in Südafrika erklärt der österreichische Ministerpräsident Ernest von Koerber, die Neutralität Österreich-Ungarns beziehe sich auf das Rechtsverhältnis zwischen den Staaten, betreffe aber nicht die einzelnen Angehörigen Österreich-Ungarns.

Im Folketing, dem dänischen Abgeordnetenhaus in Kopenhagen, kommt es innerhalb von vier Tagen zum zweiten Mal zu einem Misstrauensvotum gegen die Regierung des Ministerpräsidenten Hugo Egmont Hørring. Mit 74 zu 10 Stimmen kürzen die Abgeordneten die Mehrausgaben im Militärhaushalt.

Der deutsche Reichskanzler Chlodwig Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst empfängt in Berlin eine Delegation von bildenden Künstlern und Schriftstellern, der u.a. der Maler Adolph von Menzel, der Historiker Theodor Mommsen, der Bildhauer Reinhold Begas, der Schriftsteller Hermann Sudermann und der Theaterleiter Adolph L’Arronge angehören. Zentrales Thema der Gespräche ist das umstrittene Sittengesetz Lex Heinze.

13.3.1900, Dienstag

In Konitz in Westpreußen wird die zerstückelte Leiche des Gymnasiasten Ernst Winter gefunden. Da der Mörder nicht ermittelt werden kann, verbreitet sich das Gerücht, Winter sei Opfer eines jüdischen Ritualmords geworden. Es kommt zu Übergriffen gegen Juden.

US-Präsident William McKinley bietet seine Vermittlung im Burenkrieg zwischen Großbritannien, der Südafrikanischen Republik und dem Oranjefreistaat an. Der britische Premierminister Robert Arthur Talbot Gascoyne-Cecil Marquess of Salisbury antwortet, Großbritannien nehme die Vermittlung keiner fremden Macht an.

Feldmarschall Frederick Sleigh Roberts, Oberbefehlshaber der britischen Streitkräfte in Südafrika, zieht in Bloemfontein, der Hauptstadt des Oranjefreistaats ein. – Paulus “Ohm” Krüger, der Präsident der Südafrikanischen Republik, proklamiert die Vereinigung des Oranjefreistaats mit der Südafrikanischen Republik.

14.3.1900, Mittwoch

US-Präsident William McKinley unterzeichnet in Washington das Goldstandardgesetz.

Die bayerische Abgeordnetenkammer in München bewilligt einstimmig sechs Millionen Mark für die Beschaffung von Wohnungen für Beamte und Arbeiter der Staatsbahnen.

15.3.1900, Donnerstag

Abbas II. Hilmi, der Khedive von Ägypten, entzieht zahlreichen Offizieren Titel und Auszeichnungen. Vorausgegangen ist eine Meuterei in Omburdan. Unter den ägyptischen Offizieren hatte sich Unmut über die bevorzugte Berufung britischer Offiziere in hohe Stellungen breitgemacht.

Das historische Versdrama “Der junge Aar” von Edmond Rostand wird im Théâtre de la Porte-St.-Martin in Paris uraufgeführt.

Der 70. Geburtstag des deutschen Schriftstellers Paul Heyse wird im deutschen Sprachraum feierlich begangen.

16.3.1900, Freitag

Unter der Überschrift “Redefreiheit und Pöbelherrschaft” kommentiert die in München erscheinende, liberale “Allgemeine Zeitung” die innenpolitische Situation in Großbritannien. Zwar sei die Redefreiheit durch die Verfassung garantiert, wer jedoch Friedensversammlungen organisiere oder sich öffentlich gegen den Burenkrieg wende, riskiere, vom “Mob” misshandelt zu werden.

In der norwegischen Hauptstadt Christiania (Oslo) beginnt ein dreitägiger Parteitag der Konservativen unter der Leitung des früheren Ministerpräsidenten Georg Franz Hagerup. In einem Aufruf für die im Herbst stattfindenden Wahlen zum Storting, dem norwegischen Parlament, wird die volle Gleichberechtigung für Norwegen innerhalb der Union Schweden-Norwegen gefordert.

17.3.1900, Samstag

Bei einer namentlichen Abstimmung stellt der Deutsche Reichstag in der Frage des umstrittenen Sittengesetzes Lex Heinze Beschlussunfähigkeit fest. Die Fortsetzung der dritten Lesung des Gesetzes wird auf unbestimmte Zeit vertagt.

18.3.1900, Sonntag

Zum Gedächtnis des früheren Reichskanzlers Otto von Bismarck werden auf Veranlassung der deutschen Studentenschaft im ganzen Deutschen Reich sog. Bismarck-Säulen errichtet in Form von Türmen, auf deren oberer Plattform an “patriotischen Gedenktagen” Freudenfeuer angezündet werden. Bis März 1900 wurde im Deutschen Reich der Bau von 175 solcher Bismarck-Türme in Angriff genommen.

19.3.1900, Montag

In Berlin finden in Anwesenheit des deutschen Kaiserpaars und zahlreicher Gäste die Feiern anlässlich des 200-Jährigen Bestehens der preußischen Akademie der Wissenschaften statt.

Durch Kabinettsorder wird die Beurlaubung deutscher Offiziere in das ehemalige Feindland Frankreich – sie war bisher nur in Ausnahmefällen gestattet – allgemein den Beurlaubungen ins Ausland gleichgestellt.

20.3.1900, Dienstag

Die russisch-osmanischen Eisenbahnverhandlungen werden beendet. Dem russischen Botschafter in Konstantinopel (Istanbul) wird die Bevorzugung russischer Konzessionäre zugesagt, wenn sie die Eisenbahnen zur russischen Grenze und zur Schwarzmeerküste nicht mit eigenem Kapital bauen, sondern Kredite in der Türkei aufnehmen.

Die USA erklären, die europäischen Kolonialmächte und Japan hätten das Prinzip der Offenen Tür in China akzeptiert.

21.3.1900, Mittwoch

In der italienischen Abgeordnetenkammer in Rom wird ein Gesetz über die Abänderung der Parlamentsgeschäftsordnung eingebracht, das die Obstruktion der Opposition unmöglich machen soll. Die Opposition verhindert jedoch, dass das Gesetz zwei Tage später in Kraft treten kann.

22.3.1900, Donnerstag

Auf der zur Prachtstraße ausgebauten Siegesallee in Berlin werden mehrere Figurengruppen enthüllt.

Die österreichische Erzherzogin Stephanie heiratet auf Schloss Miramare bei Triest den k. u. k. Kämmerer Graf Elemer Lonyay.

In Sofia trifft eine russische Finanzdelegation ein. Fürst Ferdinand von Bulgarien beauftragt sie mit der Untersuchung der Finanzen seines Landes, das vor dem Staatsbankrott steht.

Die niederländische Regierung in Den Haag bedauert, in der Frage des Burenkriegs nicht zugunsten der Südafrikanischen Republik bei Großbritannien intervenieren zu können. – Paulus “Ohm” Krüger, der Präsident der Südafrikanischen Republik, hatte sich mit der Bitte um Intervention an die belgische, niederländische und schweizerische Regierung gewandt.

23.3.1900, Freitag

Der britische Archäologe Arthur Evans beginnt mit Erlaubnis der kretischen Behörden die Ausgrabungen von Knossos.

24.3.1900, Samstag

Durch die belgische Presse gehen Schreckensmeldungen, wonach Handelsagenten unmenschliche Greueltaten im Kongostaat verübt hätten, um Kautschuklieferungen zu erzwingen. Viele Schwarze vornehmlich Frauen und Kinder, seien gekreuzigt oder verstümmelt worden.

25.3.1900, Sonntag

Im Berliner Rathaussaal gründen während einer Protestversammlung gegen das umstrittene Sittengesetz (sog. Lex Heinze) Vertreter aus Kunst, Wissenschaft und Literatur den Goethebund mit dem Ziel, “alle intellektuellen und künstlerischen Kräfte zum Schutze der Freiheit von Kunst und Wissenschaft dauernd zusammenzufassen”. Zu Ehrenvorsitzenden werden der Historiker Theodor Mommsen, der Präsident der Akademie der Künste Hermann Ende und der Schriftsteller Friedrich Spielhagen gewählt.

In Chemnitz fordert eine Versammlung von 90 sächsischen sozialdemokratischen Gemeindevertretern die Einführung des geheimen und direkten Gemeindewahlrechts.

26.3.1900, Montag

Der Franzose René de Knyff gewinnt auf Panhard das Automobilrennen Nizza-Marseille.

Im Osmanischen Reich werden zur Deckung der Militärausgaben Zehntentaxen für Schafe, Ziegen und Kamele sowie ein Grundsteueraufschlag von 6% eingeführt.

Der belgische Heeresausschuss beschließt auf Antrag eines klerikalen Abgeordneten die Herabsetzung der aktiven Dienstzeit von 28 auf 15 Monate.

27.3.1900, Dienstag

Gegen die Stimmen der Konservativen Partei genehmigt der Deutsche Reichstag in Berlin einen Antrag auf Gewährung von “Anwesenheitsgeldern” für die Abgeordneten.

Die Budgetkommission des Deutschen Reichstags in Berlin beginnt mit der Beratung der Tirpitzschen Flottenvorlage, die eine Verdoppelung der deutschen Hochseeflotte bis 1917 vorsieht.

Der Burengeneral Piet Joubert stirbt im Alter von 68 Jahren in Pretoria. Zum Nachfolger als Oberbefehlshaber der Burenarmee wird am 1. April der Transvaaler Louis Botha ernannt.

Der schwedische Wissenschaftler und Asienforscher Sven Hedin entdeckt in Nordwestchina die Ruinenstadt Loulan.

28.3.1900, Mittwoch

Zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich wird ein Fernsprechabkommen geschlossen. Der deutsch-französische Fernsprechverkehr wird am 4. August 1900 eröffnet.

Das russische “Journal de St. Petersbourg” schreibt über den Burenkrieg, Transvaal und der Oranjefreistaat müssten über kurz oder lang Beute des Siegers Großbritannien werden. Die Sympathiekundgebungen einiger europäischer Staaten für die Burenrepubliken seien rein “platonisch”.

29.3.1900, Donnerstag

In Gegenwart des Prinzregenten Luitpold von Bayern wird das von Gabriel von Seidl erbaute Künstlerhaus am Maximiliansplatz in München eingeweiht.

Der schweizerische Bundesrat in Bern fällt den Schiedsspruch in der zwischen Portugal und Großbritannien strittigen Delagoa-Frage.

30.3.1900, Freitag

Französische Truppen stürmen die Tuareg-Siedlung Ain Salah-in der Sahara.

Die britische Presse äußert sich unbefriedigt über den Schweizer Schiedsspruch in der Delagoa-Frage vom 29. März, da die Entschädigungssumme zu niedrig sei. Die Delagoabucht müsse trotz des Schiedsspruchs englisch werden.

Russland erhält in Korea einen Hafenplatz.

Die 1898 unter Leitung des Norwegers Egebert Borchgrevink nach dem Südpol aufgebrochene Expedition trifft wohlbehalten in Neuseeland ein. Die Expedition erbrachte wichtige meteorologische Beobachtungen und Forschungsergebnisse für die Biologie der Antarktis.

In Österreich toben gewaltige Schneestürme, die den gesamten Straßen- und Eisenbahnverkehr weitgehend zum Erliegen bringen.

31.3.1900, Samstag

Der tschechische Soziologe, Philosoph und Politiker Tomás Garrigue Masaryk gründet in Prag die Tschechische Volkspartei.

Giuseppe Colombo, der Präsident der italienischen Abgeordnetenkammer in Rom, tritt zurück, weil die Obstruktion der linken Opposition das Inkrafttreten des Antrags auf Abänderung der Parlamentsgeschäftsordnung vom 21. März verhindert.

Chroniknet