Was geschah im November 1923

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Wetterstationen November 1923

1.11.1923, Donnerstag

Nachdem in Sachsen eine neue Regierung gebildet worden ist (Minderheitskabinett unter dem Sozialdemokraten Karl Fellisch), hebt Reichspräsident Friedrich Ebert die Reichsexekutionsverordnung vom 29. Oktober, mit der Rudolf Heinze als Reichskommissar in Sachsen eingesetzt worden war, auf.

Die SPD verlangt für ihren Verbleib in der Regierungskoalition, dass die Reichsregierung den militärischen Ausnahmezustand aufheben, schärfer gegen Bayern vorgehen, die Maßnahmen gegen Sachsen einstellen und für die Entlassung aller Rechtsradikalen aus der Reichswehr sorgen soll.

An der bayerisch-thüringischen Grenze sammeln sich bayerische Kampfverbände. Die Regierung Thüringens zieht daraufhin im Grenzgebiet Landespolizei zusammen.

Der französische Ministerpräsident Raymond Poincaré beschuldigt das Deutsche Reich, die eigene Zahlungsunfähigkeit absichtlich herbeigeführt zu haben.

Ein US-Dollar ist derzeit rund 130 Milliarden Mark wert.

2.11.1923, Freitag

Peter der Große”, ein Film von Dimitrit Buchowetzki, wird in der Alhambra am Berliner Kurfürstendamm uraufgeführt. Emil Jannings spielt die Hauptrolle.

In seiner Rede in Manchester fordert der britische Premierminister Stanley Baldwin Schutzzölle für Industrieprodukte als Maßnahme gegen die hohe Arbeitslosigkeit. Da jedoch die Konservative Partei, der Baldwin angehört, mit einer Freihandelsgarantie die letzte Parlamentswahl gewonnen hatte, werden Neuwahlen angesetzt.

Städtische Polizei und Bevölkerung vertreiben in schweren Kämpfen die Separatisten aus Aachen, die am 21. Oktober die Rheinische Republik proklamiert hatten. Nach wenigen Tagen bricht die Herrschaft der Separatisten in der belgischen Zone zusammen. Sie werden von den Belgiern in die französisch besetzte Zone abgeschoben.

Da Reichskanzler Gustav Stresemann (DVP) die SPD-Forderungen vom Vortag nicht akzeptiert, kommt es zum Bruch der großen Koalition. Die sozialdemokratischen Minister treten zurück. Jedoch bleiben die übrigen bürgerlichen Regierungsmitglieder vorerst als sog. Rumpfkabinett im Amt.

3.11.1923, Samstag

Berthold Viertels Filmregie-Debüt, “Nora – Ein Puppenheim”, ebenfalls in Berlin uraufgeführt, findet großen Anklang bei der Kritik, dies besonders wegen der Glanzleistung Olga Tschechowas, die mit der Nora ihre erste große Filmrolle spielt.

Im Lustspielhaus Berlin wird Georg Kaisers Volksstück “Nebeneinander” in der Inszenierung von Berthold Viertel uraufgeführt. Die Aufführung ist ein durchschlagender Erfolg.

Um den wegen der galoppierenden Inflation riesigen Zahlungsmittelbedarf zu befriedigen, beschäftigt die Reichsbank 124 Druckereien. Die kleinste Banknote, die augenblicklich gedruckt wird, ist der 500-Millionen-Mark-Schein.

In London wird die Hochzeit des schwedischen Kronprinzen Gustav Adolf mit Lady Louise Mountbatten gefeiert. Der britische König Georg V. mit seiner Frau Victoria Mary und der schwedische König Gustav V. nehmen an den Feierlichkeiten teil. Es ist die zweite Ehe des Kronprinzen.

Konrad Adenauer, Oberbürgermeister von Köln, lehnt in einem Interview mit einer Brüsseler Zeitung die Bildung eines rheinischen “Pufferstaates” zwischen dem Deutschen Reich einerseits und Frankreich/Belgien andererseits entschieden ab.

Die am 22. Oktober in Sachsen eingerückten Reichswehrtruppen besetzen Chemnitz und Zwickau, wobei es zu blutigen Zusammenstößen kommt.

General Hans von Seeckt, Chef der Heeresleitung, unterbreitet Reichspräsident Friedrich Ebert seinen Plan eines Reichsdirektoriums, das mit außerordentlichen Vollmachten ausgestattet an die Stelle der Reichsregierung treten soll. Beide stimmen überein, dass Gustav Stresemann als Reichskanzler “nicht mehr möglich” sei.

4.11.1923, Sonntag

Wegen Putschgefahr werden in Ungarn zahlreiche Mitglieder rechtsradikaler Organisationen (“Erwachendes Ungarn” u.a.) verhaftet.

In Hamburg endet ein deutsch-norwegisches Fußball-Länderspiel 1:0.

5.11.1923, Montag

Reinhold Schünzels Film “Alles fürs Geld” wird im Berliner Ufa-Theater am Kurfürstendamm uraufgeführt. Regisseur Schünzel spielt selbst neben Emil Jannings, Walter Rilla und Dagny Servaes eine der Rollen.

Nach Berechnungen des Statistischen Reichsamtes ist der Lebenshaltungsindex gegenüber der Vorwoche um 620,5% gestiegen und hat den 98,5fachen Wert der Vorkriegszeit.

In Lausanne beginnt der Worowski-Prozess, den die Öffentlichkeit mit großem Interesse verfolgt. Waclaw W. Worowski, Mitglied der sowjetischen Delegation bei der Konferenz von Lausanne, wurde am 10. Mai ebendort ermordet. Hauptangeklagt ist der Russlandschweizer Moritz Conradi.

Wegen der enormen Brotpreiserhöhung kommt es in Berlin zu mehrtägigen Hungerkrawallen und Plünderungen von Bäckerläden, die sich z.T. gezielt gegen jüdische Geschäfte richten.

Wie in Sachsen am 22. Oktober, rückt nun auch in Thüringen die Reichswehr ein, wo eine SPD/KPD-Koalition regiert. Wegen der Umsturzpläne der Kommunisten gilt ihre Regierungsbeteiligung als verfassungwidrig.

Reichspräsident Friedrich Ebert und die Reichsregierung erlassen einen Aufruf an das Volk, in dem sie den Einsatz von Machtmitteln gegen jeden Putschversuch androhen. Gleichzeitig stellt Reichswehrminister Otto Geßler die öffentliche Beschimpfung der Reichswehr unter Strafe.

6.11.1923, Dienstag

Nachdem die Polnische Sozialistische Partei (PPS) am Vortag einen Generalstreik durchgeführt hat, kommt es wegen der Inflation zu blutigen Unruhen in Krakau, Tarnów und Boryslaw. Gegen die z.T. bewaffnete Bevölkerung wird das Militär eingesetzt.

In den Hamburger Kammerspielen wird Carl Sternheims Drama “Das Fossil” uraufgeführt.

Eine ihrer ersten Filmrollen spielt Marlene Dietrich in Joe Mays Film “Tragödie der Liebe” (Uraufführung in Berlin). Es handelt sich um einen Vierteiler, die beiden ersten Teile hatten am 7. Oktober Premiere. Der Film erntet großen Beifall bei Publikum und Kritik.

7.11.1923, Mittwoch

Anlässlich des Jahrestages der Revolution wird in der Sowjetunion eine neue Flagge gehißt, die eine weiße Sonne auf rotem Feld zeigt, in deren Mitte der Sowjetstern mit Hammer und Sichel abgebildet ist.

8.11.1923, Donnerstag

Ein Brot kostet in Berlin 105 Milliarden Mark und ein Liter Vollmilch 26 Milliarden Mark.

NS-Führer Adolf Hitler verkündet im Münchener Bürgerbräukeller die “nationale Revolution”, erklärt die bayrische und die Reichsregierung für abgesetzt und proklamiert den Marsch auf Berlin. Am folgenden Tag wird der sog. Hitlerputsch von Polizei und Reichswehr an der Feldherrnhalle gewaltsam niedergeschlagen. Hitler wird am 11. November verhaftet.

9.11.1923, Freitag

Alarmiert durch den Hitlerputsch (8./9. 11.), überträgt Reichspräsident Friedrich Ebert dem Chef der Heeresleitung, General Hans von Seeckt, sowohl die Ausübung der vollziehenden Gewalt (seit 26. 9. beim Reichswehrminister) als auch den militärischen Oberbefehl (verfassungsmäßig beim Reichspräsidenten). Mit diesen umfassenden Vollmachten nimmt Hans von Seeckt eine quasi-diktatorische Stellung ein.

Als Reaktion auf den Hitlerputsch (8./9. 11.) verfügt der bayrische Generalstaatskommissar Gustav Ritter von Kahr die sofortige Auflösung und das Verbot der NSDAP und der rechtsradikalen Verbände Oberland und Reichsflagge. Am 11. November wird diese Maßnahme auf die KPD Bayerns ausgedehnt. Auch werden alle sozialdemokratischen und kommunistischen Zeitungen und Zeitschriften verboten.

Der französische Botschafter François Marie Pierre de Margerie wird bei Reichskanzler Gustav Stresemann vorstellig, um die Beunruhigung seiner Regierung wegen des Hitlerputsches (8./9. 11.) und der Gefahr einer Rechtsdiktatur im Deutschen Reich zum Ausdruck zu bringen.

Erstmals sendet der deutsche Rundfunk politische Nachrichten. Am 29. Oktober nahm der erste öffentliche Sender Radiostunde AG in Berlin den Betrieb auf.

10.11.1923, Samstag

Der Zollkonflikt zwischen der Schweiz und Frankreich um die Freizone im Genfer Hinterland verschärft sich, als Frankreich die Freizone einseitig aufhebt und seine Zollgrenze vorverlegt.

In den USA ist die Verwendung von “elektrischen Volksrednern” (Mikrophon) bei großen politischen Veranstaltungen unter freiem Himmel bereits relativ üblich.

Der britische Außenminister George Nathaniel Marquess Curzon of Kedlestone verurteilt den Separatismus im Deutschen Reich. Außenminister Lord Curzon teilt mit, die britische Regierung habe Frankreich und Belgien ersucht, die separatistische Bewegung in den besetzten Gebieten nicht weiter zu begünstigen.

In Berlin beginnt ein Buchdruckerstreik (bis 16. 11.), der eine eigene Brisanz wegen der davon betroffenen Banknotenproduktion erhält. General Hans von Seeckt verbietet die Arbeitsniederlegungen in den mit der Herstellung von Banknoten beschäftigten Betrieben.

Der frühere deutsche Kronprinz Wilhelm kehrt aus seinem niederländischen Exil (Doon) ins Deutsche Reich zurück, wo er sich auf seinem Schloss in Oels niederläßt.

12.11.1923, Montag

In Speyer proklamiert Separatistenführer Franz Josef Heinz (Heinz-Orbis) die Pfälzische Republik.

Angesichts der drohenden Reichsexekution (Absetzung der Landesregierung) treten die beiden kommunistischen Minister der thüringischen Regierung zurück. Das Minderheitskabinett der Sozialdemokraten folgt ihnen schon am 7. Dezember.

Reichspräsident Friedrich Ebert ernennt den Bankier Hjalmar Schacht zum Reichswährungskommissar. Schacht soll vor allem auf die Währungskonsolidierung hinarbeiten. Sein Vetorecht gegenüber allen währungsrelevanten Maßnahmen der Minister verschafft ihm einen gewichtigen Einfluss auf die Reichsregierung.

13.11.1923, Dienstag

Carl Haensels Stück “Menschen ohne Tragödie” wird am Stadttheater Heidelberg uraufgeführt.

Frankreich stimmt zu, die Leistungsfähigkeit des Deutschen Reichs hinsichtlich der Reparationen durch Sachverständige zu überprüfen und deutsche Vertreter zu dieser Frage zu hören.

In einer Erklärung distanziert sich die bayrische Regierung vom Hitlerputsch (8./9. 11.), den sie als “Wahnsinnstag” bezeichnet.

14.11.1923, Mittwoch

Der französische Ministerpräsident Raymond Poincaré entgegnet der britischen Kritik an der separatistischen Bewegung im Deutschen Reich (11. 11.) die französischen Besatzungsbehörden im Ruhr- und Rheingebiet hätten sich durchaus unparteiisch verhalten.

15.11.1923, Donnerstag

Bei einem Eisenbahnunglück in der Nähe von Cannstatt (Württemberg) sterben zehn Personen.

Im britischen Unterhaus bringt die oppositionelle Labour Party ein Misstrauensvotum gegen die Regierung ein, das sie mit der in ihren Augen (besonders in der Reparationsfrage) verfehlten Außenpolitik begründet. Das Misstrauensvotum wird vom Unterhaus mit 285 gegen 190 Stimmen abgelehnt.

16.11.1923, Freitag

In Berlin wird “The Kid”, der erste abendfüllende Spielfilm, von und mit Charlie Chaplin, gezeigt. Kritiker und Publikum sind gleichermaßen begeistert.

US-Präsident Calvin Coolidge will im Kongress eine 150-Millionen-Dollaranleihe (630 Millionen Rentenmark) für das Deutsche Reich beantragen, die dem Ankauf von Lebensmitteln in den USA dienen soll.

Der Mordprozess in Lausanne – der sowjetische Diplomat Waclaw W. Worowski wurde am 10. Mai ebendort ermordet – endet mit Freispruch. Daraufhin bricht die Sowjetunion ihre diplomatischen und Handelsbeziehungen zur Schweiz ab und untersagt sowjetischen Staatsbürgern und Firmen jeden Verkehr mit der Schweiz.

Vor der französischen Kammer gibt Ministerpräsident Raymond Poincaré zu, dass die Ruhrbesetzung bisher mehr gekostet als eingebracht habe.

In der sog. Schlacht am Ägidienberg (Siebengebirge) trägt die rheinische Abwehrfront den entscheidenden Sieg über die Separatistenverbände davon, die sich unter französischem Schutz in den Koblenzer Raum zurückziehen. Wenig später bricht die separatistische Herrschaft am Nieder- und Mittelrhein zusammen.

Die Deutsche Rentenbank beginnt, mit der Ausgabe der neuen Rentenmark, für die der Einheitskurs eine Billion Papiermark = eine Rentenmark gilt. Gleichzeitig wird die Notenpresse für die Papiermark stillgelegt. Diese Währungsumstellung leitet die Rückkehr zu stabilen Währungsverhältnissen im Deutschen Reich ein.

17.11.1923, Samstag

Die Reichsregierung in Berlin protestiert gegen die Unterstützung der Separatisten im besetzten Ruhr- und Rheingebiet und der Pfalz durch die französische Regierung.

18.11.1923, Sonntag

Bei den Bremer Bürgerschaftswahlen verzeichnen die Kommunisten die höchsten Gewinne (18 statt bisher 6 Mandate). Auch die Deutschnationalen gewinnen vier Mandate hinzu (12 statt bisher 8), während die Sozialdemokraten starke Verluste hinnehmen müssen (36 statt bisher 51). Die Wahlen zum Danziger Volkstag zeigen eine vergleichbare Tendenz.

19.11.1923, Montag

In Budapest werden Béla Bartóks “Tanzsuite” und Zoltan Kodálys “Psalmus hungaricus” mit großem Erfolg uraufgeführt. Der Dirigent ist Ernst von Dohnányi. Die beiden bedeutenden ungarischen Komponisten erringen damit internationalen Ruhm.

Der spanische König Alfons XIII. trifft zu einem Staatsbesuch in Rom ein.

20.11.1923, Dienstag

Kommunisten, Sozialdemokraten und Deutschnationale kritisieren während der Reichstagsdebatte die Reichsregierung in schärfstem Ton und fordern den Regierungswechsel. Wegen kommunistischer Tumulte muss die Sitzung vorzeitig geschlossen werden.

Nach dem formellen Rücktritt bleibt die österreichische Regierung unter Bundeskanzler Ignaz Seipel unverändert im Amt. Die regierende Christlichsoziale Partei hatte bei den Nationalratswahlen (21. 10.) die Mehrheit gewonnen. Nachfolger des betagten Wiener Bürgermeisters Jakob Reumann wird der ebenfalls der sozialdemokratischen Partei angehörende Karl Seitz.

Der Einheitskurs 4,2 Billionen Papiermark = 4,2 Goldmark = 4,2 Rentenmark = ein US-Dollar wird von der Reichsbank für alle deutschen Börsenplätze verbindlich festgelegt und vorerst nicht geändert.

21.11.1923, Mittwoch

Die Botschafterkonferenz teilt der Reichsregierung ihren Beschluss mit, die im Versailler Vertrag (1919) vorgesehene Militärkontrolle nach vorübergehender Unterbrechung unverzüglich wiederaufzunehmen.

22.11.1923, Donnerstag

Auf die Reden von Reichskanzler Gustav Stresemann und Reichsfinanzminister Hans Luther reagieren alle nicht an der Minderheitsregierung beteiligten Reichstagsparteien mit heftigen Angriffen. KPD, SPD und DNVP stellen jeweils eigene Misstrauensanträge gegen die Reichsregierung.

23.11.1923, Freitag

Da Reichskanzler Gustav Stresemann es ablehnt, “auf der Hintertreppe abgelehnter Misstrauensanträge” weiter zu regieren, fordert er vom Reichstag ein Vertrauensvotum, das mit 231 Nein-Stimmen (KPD, SPD, DNVP) gegen 156 Ja-Stimmen (DVP, Zentrum, DDP) abgelehnt wird. Stresemann sog. Rumpfkabinett ist gestürzt.

Als Inhaber der vollziehenden Gewalt erlässt General Hans von Seeckt ein reichsweites Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands, der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei und der Deutschvölkischen Freiheitspartei sowie aller Organisationen dieser Parteien.

Die Reparationskommission beginnt ihre Beratungen über die deutsche Leistungsfähigkeit. Auch eine deutsche Delegation nimmt teil, die auf das von Frankreich zu verantwortende Elend im Deutschen Reich hinweist. Am 30. November beschließt die Reparationskommission, zwei Sachverständigenausschüsse zu bilden, die das Budget und die Kapitalausfuhr des deutschen Reichs untersuchen sollen.

24.11.1923, Samstag

Auf allen Kraftpostlinien im Deutschen Reich beträgt der Kilometerfahrpreis 40 Milliarden Papiermark.

25.11.1923, Sonntag

In Amsterdam wird ein Fußball-Länderspiel zwischen den Niederlanden und der Schweiz ausgetragen, das die Niederländer 4:1 gewinnen.

Das am 9. November in Bayern erlassene Verbot sozialdemokratischer Zeitungen und Zeitschriften wird aufgehoben.

26.11.1923, Montag

Adam Stegerwald, Führer der Christlichen Gewerkschaften und Reichstagsabgeordneter für das Zentrum, führt im Auftrag von Reichspräsident Friedrich Ebert Verhandlungen über die Regierungsneubildung. Seine Koalitionsgespräche mit der Deutschnationalen Volkspartei haben keinen Erfolg.

Polen schließt einen Handelsvertrag mit Großbritannien.

27.11.1923, Dienstag

Der Parteiausschuss der SPD lehnt jede politische und organisatorische Vereinbarung mit der KPD ab, weil diese den gewaltsamen Umsturz der republikanischen Verfassung betreibe.

28.11.1923, Mittwoch

Aus verschiedenen europäischen Ländern treffen Lebensmittelspenden für die hungernde deutsche Bevölkerung (besonders der Städte) ein.

Der Vorsitzende der Deutschnationalen Volkspartei, Oskar Hergt, fordert von Reichspräsident Friedrich Ebert die Reichstagsauflösung und Ausschreibung von Neuwahlen. Ohne auf dieses Ansinnen einzugehen, beauftragt Ebert Zentrumsführer Wilhelm Marx mit der Regierungsbildung.

29.11.1923, Donnerstag

Im Ufa-Theater am Berliner Kurfürstendamm wird einer der bedeutendsten Filme des Regisseurs Karl Grune uraufgeführt: “Die Straße” mit Eugen Klöpfer und Lucie Höflich als Hauptdarsteller. Die Vorführung ist eine der ersten in Berlin, die ohne Unterbrechung durchgeführt werden kann.

30.11.1923, Freitag

Nach schwierigen Verhandlungen gelingt Zentrumsführer Wilhelm Marx die Bildung einer Regierung der bürgerlichen Mitte, die neben dem Zentrum die DDP und DVP angehören. Die Regierung wird von der Bayrischen Volkspartei und dem Bayrischen Bauernbund toleriert. Wie das am 23. November gestürzte “Rumpfkabinett” Gustav Stresemanns ist auch dieses Kabinett eine Minderheitsregierung.

Durch ein Abkommen des Zechenverbands und der Arbeitnehmerverbände im besetzten Ruhrgebiet werden Arbeitszeit und Löhne geregelt. In der Gutehoffnungshütte führt der Generaldirektor Paul Reusch den Zehnstundentag ein.

Im Landestheater Karlsruhe wird Leo Weismantels “Der Totentanz 1921”, ein “Spiel vom Leben und Sterben unserer Tage” uraufgeführt.

Chroniknet