Margaret Thatcher

Margaret Thatcher

+++ VOR 45 JAHREN +++

Kaum ein Politiker ist im politischen Bewusstsein Großbritanniens heute noch so präsent wie die frühere konservative Premierministerin Margaret Thatcher. Gehasst oder verehrt – Thatcher war die einflussreichste Premierministerin seit Winston Churchill, eine Frau der Tat, deren Markenzeichen die Konfrontation war. »Eiserne Lady« wurde sie von den Sowjets genannt. Die von ihr initiierte neoliberale Regierungspolitik ging als »Thatcherismus« in die Geschichte ein. Nach dem Grundsatz »weniger Staat und mehr Eigenverantwortung« veränderte sie nachhaltig die britische Gesellschaft.

Margaret Hilda Thatcher, geborene Roberts, wurde am 13. Oktober 1925 in Grantham/Lincolnshire geboren. Sie stammte aus einfachen Verhältnissen, ihre Eltern, Methodisten, betrieben einen kleinen Lebensmittelladen, der Vater war eine Zeit lang Bürgermeister der Kleinstadt.

Thatcher studierte von 1943 bis 1946 an der Universität Oxford Chemie. Danach arbeitete sie bis 1951 in der chemischen Industrie. Aus der 1951 mit dem Industriellen Denis Thatcher geschlossenen Ehe gingen zwei Jahre später die Zwillinge Carol und Mark hervor. Bereits 1951 hatte sie ein Jurastudium begonnen, 1954 erhielt Thatcher ihre Zulassung als Anwältin für Steuerrecht. Parallel dazu bereitete die ehrgeizige junge Mutter ihren Einstieg in die Politik vor. Zweimal, 1950 und 1951, bewarb sie sich erfolglos für ein Unterhausmandat. Erst 1959 konnte sie für ihren Londoner Wahlkreis Finchley ins Parlament einziehen.

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Zeitungen zum 03.05.1979

BIOGRAFIE

13.10.1925: Margaret Hilda Roberts wird in Grantham geboren. 1970-1974: Thatcher ist als Ministerin für Erziehung und Wissenschaft die einzige Frau im Kabinett von Premierminister Edward Heath. 1979: Nach dem Rücktritt der Labour-Regierung wird Margaret Thatcher erste Premierministerin Großbritanniens. 1983: Bei Unterhauswahlen wird Thatcher im Amt bestätigt. Juni 1987: Bei vorgezogenen Wahlen erlangt Thatcher ihren dritten Wahlsieg. 28.11.1990: Thatcher erklärt ihren Rücktritt als Parteivorsitzende und Premierministerin. Juni 1992: Thatcher wird der Titel Baroness of Kesteven verliehen und erhält dadurch einen Sitz im Oberhaus.

Margaret Thatchers politischer Aufstieg

Bereits zwei Jahre später hatte Margaret Thatcher die obere Etage der konservativen Partei erreicht: Sie wurde 1961 Staatssekretärin im Ministerium für Sozialversicherungen. 1964 bis 1970 war sie Sprecherin der konservativen Partei und 1970 erhielt sie einen Posten im Kabinett von Edward Heath. Als Kultus- und Wissenschaftsministerin war sie die einzige Frau in der Regierung.

Bereits in dieser Zeit zeigte sie Entschlossenheit und den Mut, kontroverse Entscheidungen durchzuziehen, auch wenn die Boulevardpresse sie abwertend als »Milchdiebin« bezeichnete, da sie die kostenlose Schulmilch für Grundschüler abschaffte, blieb sie bei der einmal gefassten Entscheidung.

Nach der Wahlniederlage der Tories 1974 wurde Thatcher 1975 Nachfolgerin von Heath und Vorsitzende der Konservativen. Als streitbare Oppositionspolitikerin führte sie die Tories nach dem Rücktritt der Labour-Regierung bei den Unterhauswahlen im Mai 1979 mit absoluter Mehrheit zum Sieg. Damit wurde Margaret Thatcher als erste Frau Premierministerin von Großbritannien. Die wirtschaftspolitische Lage Großbritanniens und Thatchers Maßnahmen

Die Wirtschaftslage Großbritanniens war bei Thatchers Amtsantritt desolat. 1979 erreichte die Inflationsrate 29 Prozent, der Staatshaushalt war hoch verschuldet und rd. 1,5 Millionen Menschen waren ohne Arbeit. Auch politisch erwies sich das Land als zunehmend reformunfähig. Insbesondere die Gewerkschaften nutzten ihre Machtstellung im Konflikt mit Arbeitgebern und Regierung, Streiks waren an der Tagesordnung. Die Gewerkschaftspolitik aller Regierungen basierte jahrelang auf dem Social Contract, der den Gewerkschaften große Rechte im Tarif- und Beschäftigungswesen zubilligte und dazu geführt hatte, dass diese praktisch zu einer außerparlamentarischen Macht wurden. 1978/1979 fanden die Konflikte zwischen Regierung und Gewerkschaften im sog. »Winter der Unzufriedenheit« (winter of discontent) ihren Höhepunkt, als Streikwellen fast das gesamte öffentliche Versorgungssystem lahm legten. Doch der überwältigende Wahlsieg Thatchers zeigte, dass die Zeit reif für einen Wechsel war. Die Premierministerin kündigte bei ihrem Amtsantritt den Nachkriegskonsens auf und leitete Strukturveränderungen ein, die die Wirtschaft Schritt für Schritt von staatlichen Regulierungen befreiten.

»Thatcherismus«

Der von Thatcher eingeleitete Maßnahmenkatalog ging als »Thatcherismus« in die Geschichte ein. Sein Kennzeichen: weniger Staat. Dabei verfolgte Thatcher einen neoliberalen, einen für viele Menschen schmerzhaften Wirtschaftskurs. Ihre Ziele waren die Bekämpfung der Inflation, die Eindämmung der Staatsverschuldung und die Förderung des freien Wettbewerbs durch Privatisierung. Viele unrentable Staatsunternehmen wurden verkauft wie z. B. British Airways, BP, Schiffswerke, Stahlwerke, Kohlegruben und die British Telecom. Der Staat trennte sich auch von unrentablen Immobilien, staatliche Sozialwohnungen konnten günstig von ihren Mietern gekauft werden. Der nächste Schritt war die Vereinfachung des Steuersystems.

Kaum etwas aber hat die britische Gesellschaft mehr verändert als das Ende der Gewerkschaftsmacht. Ein Wendepunkt war hier der einjährige Bergarbeiterstreik (1984/1985), der durch Thatchers Beharren letztendlich ergebnislos abgebrochen wurde. Die Regierung konnte durch zahlreiche Gesetze die Gewerkschaften geradezu marginalisieren.

Insgesamt unterzog Thatcher die britische Wirtschaft einer rigorosen Rosskur. Ganze Industriezweige verschwanden zugunsten des Dienstleistungssektors.

Die Kehrseite des Thatcherismus: Die Industrieproduktion brach ein und die Zahl der Arbeitslosen stieg massiv an. Erst Mitte der 1980er Jahre zeichneten sich erste Erfolge ab. Thatcher blieb bei ihrem Credo: Rückzug des Staates, statt staatlicher Wohlfahrt forderte sie private Initiative und Selbstverantwortung des Einzelnen.

Viele Maßnahmen gingen zu Lasten der Ärmeren, allerdings profitierte der größere Teil der Briten: Es kam zum Wiederaufschwung der Wirtschaft, die Realeinkommen, der Konsum und der Lebensstandard stieg an.

Thatchers Außenpolitik

Außenpolitisch vollzog Margaret Thatcher eine starke Annäherung an die USA. An der Seite von Ronald Reagan verfolgte sie militärisch die Idee der Abschreckung durch Aufrüstung. Entschlossenheit zeigte sie 1992 auch im Falklandkrieg mit Argentinien, der der innenpolitisch angeschlagenen Premierministerin einen Popularitätsschub und den Sieg bei den Unterhauswahlen 1983 verschaffte. Trotz ihrer starren außenpolitischen Haltung wurde in ihrer Zeit 1980 Simbabwe unabhängig und 1984 der Vertrag zur Rückgabe Hongkongs an China geregelt.

Als »Idee von gestern« bewertete sie die europäische Einigung und eine große außenpolitische Niederlage musste sie in ihrer Haltung zur deutschen Wiedervereinigung hinnehmen. Nach dem Mauerfall hätte sie den Status quo zweier deutscher Staaten vorgezogen. Nur ungern nahm Thatcher daher an den Zwei-plus-vier-Gesprächen teil, da sie ein Wiedererstarken Deutschlands und damit Nachteile für Großbritannien befürchtete.

Das Ende einer Ära

Thatcher hatte die Tories dreimal zu Wahlsiegen geführt, doch in ihrer eigenen Partei verlor sie mehr und mehr an Rückhalt. Ihre Popularität sank dramatisch, als sie 1989 eine personenbezogene Steuer (poll tax) einführen wollte sowie eine Reform des Schul- und Gesundheitswesens anvisierte. Die Entlassung des Außenministers Geoffrey Howe und der Rücktritt von Schatzkanzler Nigel Lawson führten 1989 schließlich zur Regierungskrise. Nach parteiinternen Querelen trat Thatcher am 28. November 1990 als Premierministerin und Parteichefin zurück. Ihr Nachfolger in beiden Ämtern wurde John Major.

1992 wurde Margaret Thatcher durch die Verleihung des Titels »Baroness of Kesteven« in den Adel erhoben.

Thatcher konnte viele ihrer Ziele nicht mehr umsetzen. Vollstrecker zahlreicher ökonomischer Ideen des Thatcherismus wurde paradoxerweise Tony Blair, Vorsitzender von New Labour.

Chroniknet