Neue Verbindung von Reklame und künstlerischer Gestaltung

Werbung 1900:

Das Jahr 1900 markiert mit der Pariser Weltausstellung und dem sich abzeichnenden Beginn einer neuen Rezession den vorläufigen Höhepunkt einer Entwicklung im Reklamewesen, an der erstmals die Kunst wesentlichen Anteil hatte. Die Verbindung von Werbeaussage und künstlerischer Gestaltung hat im vergangenen Jahrzehnt für einen bis dahin für unvorstellbar gehaltenen Aufschwung der Reklame gesorgt. Im Zentrum stand das Plakat. Während bis etwa 1895/96 im deutschsprachigen Raum der Entwurf von Plakaten und gewerblichen Reklamezetteln Aufgabe künstlerisch wenig ambitionierter Lithografen, Kalligrafen und Zeichner war, hat sich seither auch hier eine künstlerische Gebrauchsgrafik entwickelt. Dieser Trend entspricht dem steigenden Werbebedürfnis der Industrie, die die rasch wachsende Zahl ihrer Produkte auch auf unkonventionelle Art bekannt machen will. Außerdem sieht der sich als Reformbewegung über ganz Europa verbreitende Jugendstil im Plakat eines seiner bedeutendsten künstlerischen Ausdrucksmittel und führt es in vielen Ländern zu hoher Blüte.

Diese Gebrauchsgrafik entstand zuerst in Frankreich unter dem Eindruck des japanischen Farbholzschnitts mit seinen flächigen Farben und starken Konturen und dem weitgehenden Verzicht auf Perspektive. Der bekannteste Plakatkünstler, der dieses Werbemittel in den Rang eines eigenständigen Kunstwerks erhob, ist der Franzose Henri de Toulouse-Lautrec. Weitere bedeutende Gebrauchsgrafiker sind der Tscheche Alfons Mucha, die Schweizer Eugène Grasset, Ferdinand Hodler und Emil Cardinaux, der Norweger Edvard Munch, im Deutschen Reich Franz von Stuck, Ludwig Sütterlin, Ferdinand Keller und Joseph Sattler sowie die Künstler der Zeitschriften »Jugend« und »Simplicissimus«. In Österreich-Ungarn wirken Emil Orlik, Koloman Moser, Gustav Klimt und Alfred Roller.

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