Preiswerter und exotischer – zwischen Konsum und Kontrolle

Preiswerter und exotischer – zwischen Konsum und Kontrolle
Maggi-Werbung (um 1900), „Maggi-Werbung“ von unbekannt - Repro des Museums Alimentarium. Lizenziert unter PD-alt-100 über Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Maggi-Werbung.jpg#/media/File:Maggi-Werbung.jpg

Ernährung, Essen und Trinken 1900:

Die rasante Entwicklung von Industrie, Technik und Transportwesen in den vergangenen drei Jahrzehnten sowie der intensive Handel mit den Kolonien, die sich jede auf Prestige bedachte Industrienation hält, haben dafür gesorgt, dass zu Beginn des 20. Jahrhunderts Nahrungsmittel, die noch vor wenigen Jahren nur auf den Tafeln der Reichen anzutreffen waren, für weite Kreise der Bevölkerung erschwinglich geworden sind.

Die wichtigsten Kolonialwaren, d. h. Waren der tropischen und subtropischen Länder, im Nahrungsmittelbereich sind Zucker, der im Unterschied zum Rübenzucker auch als Kolonialzucker bezeichnet wird, Kaffee, Tee, Kakao, verschiedene Gewürze und Reis.

Eine Begleiterscheinung des Preisverfalls sind Nahrungsmittelverfälschungen, ein weit verbreitetes Übel, das sich trotz entsprechender Gesetze drastisch vermehrt. Mehl wird z. B. mit bis zu 30% Gips, bis zu 20% Schwerspat und anderen farblosen, oft gesundheitsschädlichen Pulvern vermischt. Zucker wird mit Mehl verfälscht, Milch wird abgerahmt und mit Wasser verdünnt, Honig mit Stärkesirup, Butter mit Kunstbutter versetzt. Weine aus Madeira und dem Médoc werden viel mehr getrunken, als die betreffenden Weingegenden produzieren. Teeblätter werden gefärbt, durch Pulver beschwert oder mit benutzten und wieder getrockneten Teeblättern vermischt. Gemahlener Kaffee wird mit Kaffeesatz, Sand, Zichorie und gebranntem Getreide gemischt. Kakao und Schokolade enthalten oft bedeutende Mengen von Stärke, Mehl, Talg, Ocker und Kalk. Seit 1894 gibt es im Deutschen Reich staatliche Nahrungsmittelchemiker, die Nahrungsmittel auf ihre Reinheit überprüfen. Beim derzeitigen Stand der Nahrungsmittelgesetzgebung wird meist derjenige bestraft, der verunreinigte Ware verkauft. Ein Einzelhändler, der unwissentlich margarinehaltige Butter anbietet, wird bestraft, nicht aber der Großhändler, der diese »verlängerte« Butter geliefert hat.

Österreich-Ungarn, Frankreich, Großbritannien und die Niederlande haben sich zur Europäischen Föderation der permanenten chemischen Kontrolle zusammengeschlossen. Die dieser Föderation angeschlossenen Fabrikanten unterwerfen sich freiwillig der ständigen Aufsicht einer Untersuchungsstelle; dafür können sie ihre Produkte mit einer Qualitätsmarke kennzeichnen.

Maggi-Werbung (um 1900), „Maggi-Werbung“ von unbekannt - Repro des Museums Alimentarium. Lizenziert unter PD-alt-100 über Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Maggi-Werbung.jpg#/media/File:Maggi-Werbung.jpg

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