Politik und Gesellschaft 1904:
Die Auswirkungen von imperialistischer Expansion und Kolonialismus bestimmen das politische Geschehen des Jahres 1904. Dabei verbinden sich Entwicklungen wie der Aufstieg Japans zu einer Großmacht, die vorrevolutionäre Krise in Russland und die Neuformierung im europäischen Bündnissystem zu einer Zäsur am Anfang des 20. Jahrhunderts. Gebannt blickt die westliche Welt vor allem nach Ostasien, wo am 8. Februar der Russisch-Japanische Krieg mit einem japanischen Überraschungsangriff beginnt. Zum allgemeinen Erstaunen triumphiert im Ringen der beiden imperialistischen Mächte um den Einfluss in Korea und in der Mandschurei das kleine Japan über das russische Riesenreich. Ende des Jahres ist die Kriegsniederlage Russlands bereits abzusehen. Dieser erste große Krieg im 20. Jahrhundert, der die Zerstörungskraft moderner Waffen mit schrecklicher Deutlichkeit vor Augen führt, vermittelt einen Eindruck davon, wie künftige Kriege aussehen werden.
Die militärischen Siege Japans besiegeln nicht nur das Schicksal Russlands im Fernen Osten; sie erschüttern auch die innere gesellschaftliche Ordnung des Zarenreichs. Unter dem Eindruck der sich abzeichnenden Niederlage nimmt der Widerstand gegen das despotische Regime zu. Immer lauter wird der Ruf nach einer Demokratisierung von Staat und Gesellschaft. Da Zar Nikolaus II. tatsächliche Reformen verweigert, mündet die Entwicklung schließlich in die Russische Revolution von 1905.