Die Dame von Welt trägt knallgelb und rosa Rosen

Die Dame von Welt trägt knallgelb und rosa Rosen
Les Modes 1905 : Revue mensuelle illustrée des arts décoratifs appliqués à la femme. Léopold-Émile Reutlinger [Public domain], via Wikimedia Commons

Mode 1905:

Les Modes 1905 : Revue mensuelle illustrée des arts décoratifs appliqués à la femme. Léopold-Émile Reutlinger [Public domain], via Wikimedia Commons

Les Modes 1905 : Revue mensuelle illustrée des arts décoratifs appliqués à la femme. Léopold-Émile Reutlinger [Public domain], via Wikimedia Commons

Die Mode dieses Jahres liebt das Auffallende. Modefarbe der Saison ist knallgelb. Das »Blatt der Hausfrau« (Heft Nr. 4) warnt jedoch, diese Farbe zu wählen, wenn man nicht über genügend Mode-Etat verfügt, denn »so sieht man es sich über und in der nächsten Saison sagt oder denkt mindestens jede freundliche Kompatriotin:Das ist ein Kleid aus der vorigen Saison.« Ein weiteres modisches Muss sind Rosen. Rosafarbene Seidenrosen verzieren Hut, Kleidsaum oder die Vorderfront eines Mantels. Als besonders wichtiges Problem wird in den Modezeitschriften immer wieder die Frage der richtigen Toilettennuancen für jede einzelne Gelegenheit betont, um »den Ästhetiker nicht zu verletzen«.

Für Besorgungen am Tage wird das Straßenkostüm vorgeschlagen. Es ist aus gutem Wollstoff oder aus Pepita, im Winter aus Ripp-Samt mit einem einfachen Bahnenrock und kleiner Schleppe gearbeitet.

Für die große Toilette ist nur der Sans-Ventre-Stil erlaubt. Seine Silhouette wird durch das stark geschnürte Korsett bestimmt, das den Bauch vollkommen wegnimmt, dagegen Brust und Gesäß betont. Der majestätischen Haltung entspricht ein meist aus Spitze gearbeiteter steifer Stehkragen. Beim reinen Abendkleid ist ein großes Dekolleté en vogue. Besonders mondän sind Abendkleider aus schwarzer Mousseline mit inkrustierten Spitzen über einem hellen Seidenkleid. Beeinflusst wird der Schnitt der Saison stark vom Rokoko und bringt die Taillen-Schleppe in Mode. Als Accessoire darf ein kostbarer Fächer nicht fehlen. Junge Frauen wählen bevorzugt als Sommer-, Riviera- oder Strandkleider die in diesem Jahr beliebten Trägerkleider. Dafür sind helle Karostoffe besonders für »Backfische« geeignet. Unter den Pariser Couturiers haben die Modehäuser von Callot Sœurs, Béchoff-David, Paquin, Panem und Rouff den besten Ruf. Paul Poiret rückt immer mehr in den Mittelpunkt, bringen seine Modelle doch interessante orientalische Details. Der originelle Kimono-Reisemantel »Révérand« in Dunkelrot mit hellem, ausschlagbarem Innenfutter kündigt einen neuen Stil an. Seine neueste, dem Reformstil nahestehende Linie »La Vague« setzt sich dagegen noch nicht durch. Als Accessoire spielt wie immer der Hut die größte Rolle. Die Hüte sind in der Regel asymmetrisch gearbeitet und werden stets schräg, steil in die Höhe stehend getragen. Eine kostbare Hutnadel sichert den notwendigen Halt. Die Haare sind in großen Wellen locker aufgesteckt, so »als wären sie dem Zufall überlassen«. Zierkämme aus Schildpatt, Schottisch-Horn oder Zierholz unterstreichen die attraktive Form. Um dem weiblichen Schönheitsideal zu entsprechen, bedarf es hingebungsvoller Körperpflege: Für die Haare wird Birkenwasser, für die tägliche Gesichtswäsche Kaiser-Borax verwendet; auch Mittel gegen Schuppen, Leberflecken und rote Nasen empfehlen erfahrene Spezialärzte, und gegen Bleichsucht werden Pillen angeboten.

Chroniknet