Unabhängigkeitsbestrebungen überall: Norwegen löst sich von Schweden

Politik und Gesellschaft 1905:

Im Norden Europas bricht die seit 1814 bestehende Union von Schweden und Norwegen auseinander; Norwegen wird vor dem Hintergrund seines immer stärker werdenden Selbstbewusstseins wieder ein souveräner Staat. Die norwegische »Revolution« endet ohne Blutvergießen: Schweden erkennt die Unabhängigkeit an.

Das Auseinanderfallen der norwegisch-schwedischen Union findet Parallelen in den Auseinandersetzungen zwischen Österreich und Ungarn im Rahmen der Doppelmonarchie. Die nationalistische ungarische Parlamentsmehrheit will die Abgrenzung der Kompetenzen von österreichischer Krone und ungarischem Parlament, den »Ausgleich«, stößt dabei jedoch auf den hartnäckigen Widerstand des Kaisers in Wien. Der Rekruten- und Steuerboykott, den die Ungarn daraufhin proklamieren, macht Ungarn unregierbar und ist ein unübersehbares Indiz für den kommenden Zusammenbruch des Vielvölkerstaates.

Die weltpolitische Instabilität äußert sich auch in den Kolonien. Deutsche Soldaten führen in Südafrika einen Ausrottungskrieg gegen die Hottentotten; auch in Deutsch-Ostafrika erheben sich die Eingeborenen gegen das Deutsche Reich. Reichskanzler Bernhard Fürst von Bülow weist gegen Ende des Jahres trotzdem jeden Gedanken von Kolonialmüdigkeit im Deutschen Reich zurück. Er glaubt, »dass durch das Blut, das in Südwestafrika geflossen ist, die Schutzgebiete nur noch fester mit dem Mutterland verbunden sind«.

Chroniknet