Herausforderung Industriebauten

Architektur 1914:

1907 hatte sich die damalige deutsche Architekten-Avantgarde im Deutschen Werkbund zusammengeschlossen mit dem Ziel, »die gewerbliche Arbeit im Zusammenwirken von Kunst, Industrie und Handwerk zu veredeln« (Auszug aus der Gründungserklärung). Mit der am 15. Mai in Köln eröffneten Ausstellung will man sich nach sieben Jahren Rechenschaft geben, ob das Ziel erreicht worden ist – ein mutiger Schritt nach vorn angesichts der ewigen Streitereien zwischen den Vorkämpfern für das moderne, industrielle Bauen um Hermann Muthesius und Peter Behrens auf der einen Seite und den kunsthandwerklich orientierten Architekten um Henry van de Velde auf der anderen.

Zu den wenigen zukunftsweisenden Bauten gehören Bruno Tauts »Glashaus« – ein Ausstellungspavillion der Glasindustrie – und die »Musterfabrik« von Walter Gropius und Adolf Meyer. Tauts zierliches Gebäude ist ein Demonstrationsobjekt für die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von farbigem Glas in der modernen Architektur. Das Spektrum reicht von Glasfußböden über Glasbausteine bis zur zwiebelförmigen Glaskuppel.

Zur selben Zeit sorgen in Italien die Turiner FIAT-Werke von Giacomo Matte-Trucco für Furore. Das derzeit größte europäische Fabrikgebäude gilt als Herausforderung an die US-amerikanische Automobilindustrie. Es ist Bauwerk und Straße zugleich, denn der 507 m lange, fünfgeschossige Betonskelettbau mit den in der Fassade liegenden verglasten Gefachen trägt auf seinem Dach eine etwa 1100 m lange Teststrecke.

Die rasante wirtschaftliche Entwicklung – gerade auch in Italien -reizt die Fantasie der Architekten. Antonio Sant’Elias Visionen einer Zukunftsmetropole – seine »futuristische Stadt« – sind virtuos gezeichnete plastische Architektur: Glattflächige Wolkenkratzer, sich vielfach überlagernde Transportsysteme, Industriekomplexe, Generatoren, Transformatoren, Elektrizität – »Denkmäler der Kräfte, die sie beherbergen«.

Chroniknet