Demokratische Errungenschaften gehen im nationalen Getöse unter

Politik und Gesellschaft 1919:

Die bürgerlichen Parteien der Weimarer Koalition sind mit dem Odium der »Erfüllungspolitik« behaftet. Sozialdemokraten und Zentrumspolitiker unterzeichnen den »Vergewaltigungsfrieden«, der die deutsche »Schmach« besiegelt. Vor diesem Hintergrund finden viele demokratische Errungenschaften, die durch die Revolution und durch die bürgerlichen Parteien ermöglicht wurden, nicht die gebührende Beachtung oder werden abgelehnt, weil die rechtsnationale Propaganda die Demokratie mit dem Untergang der deutschen Großmachtstellung gleichsetzt. Zum ersten Mal finden freie Wahlen statt ohne Unterschied des Geschlechts. Zum ersten Mal sind auch Frauen in den Parlamenten vertreten.

Die Demokratisierung des politischen Lebens läuft parallel zur Veränderung des Arbeitslebens: Der Achtstundentag wird Wirklichkeit, die Gewerkschaften sind als Tarifpartner der Arbeitgeber anerkannt. In Washington erarbeitet eine internationale Arbeitskonferenz Richtlinien für ein internationales Arbeitsrecht, das den Umwälzungen während und nach dem Ersten Weltkrieg und dem gewachsenen Selbstbewusstsein der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter gerecht werden soll.

Chroniknet