Auf der anderen Seite: Hungerrevolten und linke Aufstände

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Bewaffnete der Roten Ruhrarmee 1920 in Dortmund. By unknown / неизвестно (here / здесь) [Public domain], via Wikimedia Commons

Politik und Gesellschaft 1920:

Einer der Gründe für die rechtsextremistischen Tendenzen ist in beiden Staaten die desolate wirtschaftliche Situation. Neben der deutschen und italienischen leidet auch die Bevölkerung in Österreich – einem der Reststaaten der ehemaligen Donaumonarchie – unter einer schwerwiegenden Versorgungskrise. Die katastrophale Ernährungslage im mitteleuropäischen Raum führt vielfach zu Protesten, die häufig in Hungerrevolten gipfeln. Arbeiterbewegung und linke Parteien kämpfen im Deutschen Reich mehr oder weniger engagiert für eine Umgestaltung der Gesellschaft im Sinne der Novemberrevolution von 1918. Schon im Januar kommt es anlässlich einer Demonstration gegen das Betriebsrätegesetz zu heftigen Auseinandersetzungen mit Staat und Regierung.

Den Höhepunkt der Konfrontation linker Parteien und Gruppen mit der parlamentarischen Demokratie bilden jedoch die Ereignisse im Zusammenhang mit dem Kapp-Putsch. Während der Staatsstreich »von rechts« durch einen Generalstreik vereitelt werden kann, kommt es zu revolutionären Aufständen »von links« in Mitteldeutschland und vor allem im Ruhrgebiet. Hier wird der Siegeszug der Roten Ruhrarmee erst durch den militärischen Einsatz von Reichswehr und Freikorps beendet. Bei alledem wird die zwiespältige Rolle der Mehrheitssozialdemokratie (MSPD) deutlich: Einerseits ist die MSPD führende Repräsentantin einer Koalitionsregierung mit bürgerlichen Parteien, andererseits bleibt sie – wenigstens theoretisch – den Zielen einer großenteils antikapitalistisch eingestellten Arbeiterschaft verpflichtet. Schließlich scheidet die MSPD nach deutlichen Stimmenverlusten bei den ersten Reichstagswahlen der Weimarer Republik im Juni aus der Regierung aus. Zugleich wandert eine wachsende Zahl von Arbeitern ab ins Lager der radikaleren Unabhängigen Sozialdemokraten (USPD) oder der erst 1918/19 entstandenen Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD).

Chroniknet