Höhepunkt Neuen Bauens im Jahr der Wirtschaftskrise

Höhepunkt Neuen Bauens im Jahr der Wirtschaftskrise
Innenraum des Barcelona-Pavillon („Deutscher Pavillon“ bzw. Pavelló Mies van der Rohe). - vicens [CC BY-SA 2.5], from Wikimedia Commons

Architektur 1929:

+++ VOR 95 JAHREN +++

Im Jahr der beginnenden Weltwirtschaftskrise finden die vom Bauhaus (als Hochschule für Gestaltung 1919 von Walter Gropius in Weimar gegründet) ausgegangenen zehnjährigen Bemühungen um eine neue Architektur ihren Höhepunkt.

Als Quintessenz des Neuen Bauens gilt Kritikern der deutsche Pavillon auf der Weltausstellung 1929 in Barcelona. Das stilistische Gegenstück zu Ludwig Mies van der Rohes Barcelona-Pavillon ist die »Villa Savoie« von Le Corbusier in Poissy bei Paris. Beide Architekten folgen zwar den Grundsätzen der Bauhaus-Schule, die Architektur des Franzosen ist jedoch um vieles vitaler und opulenter.

Weltausstellungspavillon, Detail.- Hans Peter Schaefer („Deutscher Pavillon“ bzw. Pavelló Mies van der Rohe) [CC BY-SA 3.0], from Wikimedia Commons

Weltausstellungspavillon, Detail.- Hans Peter Schaefer („Deutscher Pavillon“ bzw. Pavelló Mies van der Rohe) [CC BY-SA 3.0], from Wikimedia Commons

Die »Villa Savoie« ist die Vergegenständlichung von Le Corbusiers theoretischen Prinzipien über die Funktion »Wohnen«: Wohnhäuser müssen auf Einzelstützen (»pilotis«) ruhen, das Flachdach muss als Garten und natürliches Solarium zu nutzen sein. Die Fenster müssen als horizontale Bänder in der frei gegliederten Fassade liegen. Le Corbusier selbst beschreibt die Villa so: »Sehr großzügig. Man zwingt dem Äußeren seinen Willen auf, im Inneren erfüllt man alle funktionalen Bedürfnisse (Belichtung, Belüftung, Benutzbarkeit).« Solide Bauhaus-Architektur demonstriert der Finne Alvar Aalto mit dem von ihm entworfenen Lungensanatorium in Paimio/Finnland. Er weist den verschiedenen Funktionsgruppen des Sanatoriums gesonderte Gebäudeflügel zu. Die einzelnen, ganz in weiß gehaltenen Baukörper des Komplexes scheinen über Scharniere in Verbindung zu stehen. An den zentralen Eingangsbereich schließt sich nach Süden der Bettentrakt an. Nach Norden erstrecken sich die Gemeinschafts- und Behandlungseinrichtungen. Die separat angeordneten Schwestern- und Ärztehäuser geben der Anlage jenes lockere Flair, das sie schnell zu einem wegweisenden Beispiel funktioneller Architektur macht.

Walter Gropius selbst, der 1928 das Bauhaus in Dessau verlassen und sich als freier Architekt in Berlin niedergelassen hat, ist am Bau der Großsiedlung Siemensstadt in Charlottenburg und Spandau beteiligt. Die Anlage, die 1929 unter der Leitung von Hans Scharoun in Angriff genommen wird, zeichnet sich durch die konsequente Anwendung des schlichten Zeilenbaus aus. Die in der Regel fünfgeschossigen Mietshäuser sind glatt, meist weiß oder gelb verputzt. An dem Projekt sind neben Gropius auch Otto Bartning, Fred Forbat, Hugo Häring und Paul Rudolf Henning beteiligt.

Chroniknet