Politik und Gesellschaft 1930:
Der Nutznießer der allgemeinen politischen Krise ist vor allem die NSDAP, die ihre Kritik am Parlamentarismus mit aggressivem Antisemitismus und Antikommunismus verbindet: Im Januar gelingt ihr durch die Berufung Wilhelm Fricks zum Minister für Inneres und Volksbildung in Thüringen erstmals eine Beteiligung an einer Landesregierung. Bei den Reichstagswahlen am 14. September erringt sie 107 Sitze. Sie ist damit hinter der SPD zweitstärkste Fraktion.
Auch in anderen Ländern Europas und Asiens bereitet die weltweite wirtschaftliche Krise den Nährboden für rechtsgerichtete Bewegungen: Die österreichische Heimwehr bekennt sich im sog. Korneuburger Eid zu einem autoritär strukturierten Führerstaat nach faschistischem Vorbild, in Japan kommt der zunehmende Antiparlamentarismus breiter Bevölkerungskreise in einem Attentat auf Ministerpräsident Yuko Hamaguchi zum Ausdruck, in Finnland fordert die sog. Lapuabewegung von der Regierung das sofortige Verbot aller kommunistischen Aktivitäten und die Abschaffung des parlamentarischen Systems.