Absatzsteigerung trotz abnehmender Kaufkraft ist das Ziel

Werbung 1931:

Die Werbungtreibenden in den westlichen Industriestaaten werden 1931 vor besondere Aufgaben gestellt: Angesichts der fortdauernden Wirtschaftskrise und der hohen Arbeitslosenzahlen soll die Werbung den Absatz stabilisieren. Allerdings ist es bei den werbenden Firmen umstritten, ob in Zeiten der wirtschaftlichen Depression die Werbeausgaben eingefroren oder erheblich gesteigert werden sollen in der Hoffnung, auf diese Weise einen Nachfrageschub auszulösen und damit zur wirtschaftlichen Belebung beizutragen.

Mehr denn je ist es das Ziel, die Bindung des Käufers an die Markenware zu stärken. Im Deutschen Reich ist durch eine Verordnung der Reichsregierung vom 16. Januar die Preisbindung für Markenwaren bei gleichzeitiger Preisreduzierung erlaubt worden. Die alteingeführten Markenwaren werden in der Anzeigenwerbung als Beispiel besonderer Leistung herausgestellt. Spürbar ist das Bemühen, aus den Traditionen der stets ein wenig marktschreierisch wirkenden »Reklame« herauszutreten und Anschluss an die neuesten Trends in der bildenden Kunst zu finden.

Namhafte Grafiker bemühen sich um eine Gestaltung der Anzeigen nach ästhetischen Gesichtspunkten. Zu ihnen gehört Georges Massiot, der für »Porto & Sherry Sandeman« ein über Jahre hinweg verwendetes Motiv schafft.

Weiter an Bedeutung gewinnt die Außenwerbung, wobei neben der Giebelwerbung an Hauswänden und Litfaßsäulen die weithin sichtbaren Reklameaufschriften an Verkehrsmitteln, Straßenlaternen und Haltestellen das Bild vieler Großstadtstraßen prägen. In Wien werden von der Zahnpastafirma Odol sogar an den Winterverschalungen von Denkmälern Reklametafeln angebracht, die fünf Meter breit und einen halben Meter hoch sind und sich – so die Firma in einer Selbstdarstellung – »harmonisch in die Umgebung einfügen« und so »zu einem Kulturbegriff« werden sollen. Auch neueste technische Errungenschaften werden zur Verbreitung der Werbebotschaft eingesetzt: Um den Himmel als die geräumigste und preiswerteste Werbefläche auch nachts nutzen zu können, werden die Markennamen mit Scheinwerfern an den Himmel projiziert.

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