Mit neuen Wohnideen gegen die Traditionen

Wohnen und Design 1937:

Zwischen den Entwürfen der zeitgenössischen Möbeldesigner und Innenarchitekten einerseits und der Wohnrealität und den Einrichtungsvorstellungen der meisten Menschen andererseits liegen auch im Jahr 1937 Welten.

Das, was in London, Paris, New York als neue, zeitgemäße Wohnkultur empfohlen wird, findet zumeist nur in privilegierten Kreisen Aufnahme. Der überwiegende Teil der Bevölkerung kann sich die neuen Möbel und die neuen Wohnideen gar nicht leisten. Hinzu kommt, dass kein Interesse für die Neuheiten besteht, weil traditionelle Vorstellungen von Gemütlichkeit und Wohnraumaufteilung vorherrschen.

Diesen konservativen Vorstellungen sind die Tendenzen der zeitgenössischen Wohnkultur, die sich an einfachen, klaren Linien orientiert, entgegengesetzt. Im Vordergrund stehen beim Möbeldesign die Funktionalität, der Gebrauchswert und die industrielle Produzierbarkeit. Die meist rechteckigen oder angerundeten Formen werden durch mehrfarbige Lackierungen oder farblich hervorgehobene Möbelbeschläge aufgebrochen. Die Palette der verwendeten Werkstoffe reicht von Holz über Metall und Glas bis zum Kunststoff.

Die einfache Form wird auch von den nationalsozialistischen Propagandisten für eine »neue deutsche Wohnkultur« gefordert. Allerdings gehen deren Vorstellungen hin zu »schlichten, einfachen«, aus einheimischen Materialien hergestellten Möbeln, die den »Geist der deutschen Volksseele« widerspiegeln. Eleganz oder gar Extravaganz werden ebenso abgelehnt wie das »Chaos« individueller moderner Entwürfe. Aber auch der kleinbürgerliche Nippes vieler Wohnungen soll dem deutschen »Volksmöbel« Platz machen.

Chroniknet