Damenmode mit kostbaren Details und Mut zu bunten Stoffen

Mode 1938:

Die Damenmode des Frühjahrs 1938 zeigt sich betont farbenfroh, und bei den Röcken setzt sich der Trend zur Kürze fort. Über die Form der Taille herrscht allerdings bei den führenden Couturiers – selbst in der Modehauptstadt Paris – keine Einigkeit. Es gibt in diesem Jahr weniger aufsehenerregende Neuerungen in Form und Linie, vielmehr Erfindungsreichtum in Einzelheiten. Blumen, Schmuckstücke oder Federn werden eingesetzt, um die Modellkleider in raffinierter und eleganter Weise zu beleben.

In der Frühjahrsmode dominieren am Tage Jugendlichkeit und Anmut, Plissees und Hohlfalten umspielen die Beine. Die Abendmode – der Trend geht zum schulterfreien Dekolleté – ist nicht unbeeinflusst von der beschwingten Grazie des Rokoko aus dem 18. Jahrhundert.

Die Modefarben des Frühjahrs sind Blau in allen Schattierungen sowie Fuchsienrot, Rehbraun, Karamell und vor allem Gelb. Hier dominiert der Hang zur Großzügigkeit, die traditionelle Zweifarbigkeit ist überholt; bunt, aber geschmackvoll, lautet die Devise.

Material für die Abendkleider sind vor allem Spitzen, Chiffon und Imprimés mit großen bunten Blumen, während für die Tageskleider ornamentale Muster bevorzugt werden; weiterhin beliebt sind weiche Wollstoffe, auch Krawattenseide ist en vogue. Karos, Punkte und Streifen beherrschen das Bild der Frühjahrsmode.

Bei den Details entwickeln die Pariser Modeschöpfer ihren Erfindungsreichtum: Bei Coco Chanel glitzern Tautropfen auf den Blumen, Jacques Heim schmückt ein Abendtailleur mit Hyazinthenblüten, Jean Patou zeigt Gürtel und Taillen mit goldenen Nägeln.

Einen besonderen Akzent setzen im Frühjahr Jacken bzw. Mäntel sowie Hüte und Frisuren. Kasacks und Boleros, Capes und Sakkomoden geben der Trägerin die Möglichkeit, die Ausgehgarderobe geschmackvoll zu kombinieren. Vielfältiger noch als sonst ist das Angebot an Hüten: Ob die traditionelle Florentinerwanne, der breitkrempige Strohhut, der englische Hut passend zum breitschultrigen Mantel, die Schute mit breitem Kinnband oder der krempenlose Hut mit Schleier – die Auswahl für die modebewusste Frau ist groß.

Eine modische Umwälzung hat die Frisurenmode mit den hochgekämmten Locken gebracht. Die Frage, wie das frei gewordene Ohr geschmückt und die lockigen Hochfrisuren gekrönt werden können, hat die Hutmodeschöpfer zu kleinen Baretten inspiriert, die weit nach vorne ins Gesicht gezogen mit Schleifen, Nadeln oder Schleiern gehalten werden.

Wo denn nun die Taille sitzen soll, diese Frage beschäftigt die modebewussten Damen nicht weniger als die Modeschöpfer. Aufsehen erregte in Paris die tiefergezogene Taille von Robert Piguet, der jedoch schnell wieder davon abrückte, was die Verwirrung in der Modewelt noch steigerte.

Andere – wie Chanel – setzen mehr auf die verkürzte Taille, die jedoch vor allem kurzbeinigen Frauen gut steht, während die langbeinige Dame von der tiefen Taille gewinnen kann.

In dieser Situation empfehlen die Modehäuser ihren Kundinnen, einfach einmal nach ihrem eigenen Stilempfinden zu entscheiden, zumal ohnehin Drapierungen en vogue sind, die den genauen Sitz der Taille nicht definieren.

Bei der Herbst- und Wintermode 1938 setzen die deutschen Modeschöpfer auf Einfachheit und klare Linien. Unaufdringlicher Schmuck auf den Mänteln – wie sparsam eingesetzter Nutria-Breitschwanz oder Silberfuchs – und eng geschnittene Kleider aus Jersey und Wolle mit dem Hang zu dezenten Farben sind die Kennzeichen des deutschen Modeherbstes.

International steht die Herbstmode im Zeichen des Ensembles, das aus Kostüm und Mantel oder aus Kostüm und Cape besteht. Sie sind meistens aus dem gleichen Stoff, manchmal auch aus der gleichen Stoffgruppe – das Kostüm dünner, kariert oder gestreift, der Mantel uni oder aber auch Rock und Mantel in der gleichen Farbe und die Jacke dazu sehr bunt. Das Cape ist im Herbst gelegentlich etwas kürzer als der Rock.

Zur Schonung des Geldbeutels empfehlen die deutschen Modeschöpfer die Verwandlungskleider, z. B. einen sandfarbenen Strandanzug mit kurzer Strandhose, der sich durch einen geschlossenen Rock zu einem sportlichen Straßenkleid machen lässt.

In der Herrenmode, die traditionell weniger den Launen der Couturiers unterworfen ist, dominiert weiterhin die konservative Note. Sie wird jedoch aufgelockert durch betont sportliche Accessoires wie Halstücher und Gürtel oder Pullover mit Längsmustern.

Grundsätzlich gilt aber für den Mann von Welt, dass Exzentrisches zu vermeiden ist. Der modisch gekleidete Herr trägt im Frühling tagsüber ein Modell, bei dem Rock und Hose aus verschiedenem Material bestehen: Sakko und Weste aus grauem oder beigefarbenem Fischgrätstoff; die Hose – in der gleichen Farbe, aber um eine Nuance dunkler – besteht aus Flanell oder Shetland. Das dazu empfohlene Hemd ist farbig, aber hell und möglichst im Ton des Anzugs, die Krawatte lebhaft gestreift.

Soll es etwas feiner sein, dann empfiehlt sich ein dunkelblauer Anzug mit haardünnen hellen Streifen, dazu ein weißes Hemd mit steifem Kragen, zweifarbige Schuhe und ein Hut mit aufgebogenem Rand und Bandeinfassung.

Chroniknet