Pariser Chic ist weiter gefragt

Mode 1948:

Paris ist in diesem Jahr unbestritten das Zentrum der Modewelt. Nach dem triumphalen Erfolg von Christian Diors »New Look« im vergangenen Jahr sind die Salons der Seinemetropole Treffpunkt der internationalen Haute Couture. Modeschöpfer aus dem In- und Ausland orientieren sich zunehmend an den neuesten Kreationen aus Paris. Dabei kann es auch einmal vorkommen, dass über das Urheberrecht an manchen Modellen erst ein Gericht entscheiden muss. Neben »Modezar« Dior macht in Frankreich der junge Modeschöpfer Jacques Fath von sich reden. Auch er hat sich der neuen Mode verschrieben, die die weibliche Figur betont. Umstritten ist zur Zeit nur die Frage der Rocklänge. Sie variiert je nach Tageszeit zwischen kniebedeckt und wadenlang. Fath hat außer Modellkleidern für die elegante Dame auch für den Mann von Welt etwas anzubieten: Eine Abendgarderobe bestehend aus einer Frackhose mit kurzer Spencerjacke aus schwarzem Tuch, dazu eine Weste aus glänzendem Satin. In der Bademode setzt sich nun auch zwischen Adria und Ostsee der aus Frankreich stammende Zweiteiler durch. In Italien haben bikinitragende Damen allerdings mit der sittenstrengen Polizei zu kämpfen, die das Baden im Zweigeteilten mit Ordnungsstrafen belegt. Die Frage Einteiler oder Bikini, Samt oder Satin stellt sich in Deutschland nur den wenigsten. Auch der Eintrittspreis für eine Dior-Modenschau (660 000 Francs, etwa 3000 DM) erregt hier höchstens Unverständnis. Im Nachkriegsdeutschland ist auch 1948 Improvisation gefragt. Soldatenhosen werden zu Knickerbockern, Wolldecken aus CARE-Paketen zu Wintermänteln, Lazarettbettwäsche (gestreift) ergibt Dirndlstoffe, Fallschirmseide kann zu Blusen verarbeitet werden, und Gasmaskenbänder werden zu Hosenträgern oder Strumpfhaltern umgearbeitet. Viele Zeitschriften und Zeitungen richten ganze Rubriken mit Schnittmustern und Hinweisen für die einfallsreiche »Nachkriegsmode« ein.

Chroniknet