Christian Diors »New Look« setzt sich durch

Mode 1949:

Im Mittelpunkt des Modejahres 1949 steht weiterhin die Auseinandersetzung um Christian Diors »New Look« und der von ihm kreierten »Engen Linie«, zumal um deren wadenlangen Saum und deren enge Taillierung, die das Korsett erfordert.

»In Paris dominiert er, der lange Rock. Weit, graziös, beschwingt. Aber – unpraktisch! Welche Wienerin hat sich noch nicht mit Grausen vorgestellt, wie sie in diesem voluminösen Etwas der Straßenbahn nachlaufen, zierlich sein Weites raffen und aufspringen wird … Und die bezaubernden Beine versteckt er auch … Das Mieder hat Fischbeine, über die wir noch gestern gelacht und über die wir heute weinen … Nie hat die Mode diktatorischer das Gesamtbild verlangt. Auch aus London kommt die Nachricht >Überspringen Sie den New Look, warten Sie ab<.« Trotz dieser Philippika in einer Modezeitschrift ist Diors Siegeszug unaufhaltsam. Es gibt kein Modejournal mehr, das nicht die neuesten Schnitte anbietet, um jeder Frau ihr »Dior-Kleid« zu ermöglichen; wenn es sein muss auch durch gekonntes Zusammensetzen von zweierlei Stoffen.

Die Kundin kann wählen zwischen der jugendlichen, weit ausschwingenden Linie und der sirenenhaft engen Silhouette. Zu beiden wird ein Bolerojäckchen empfohlen, zumal wenn das Kleid Dekolleté aufweist und die »Stunde noch nicht vorgerückt« ist. Röcke haben vielfach einen breiten Miederbund, um die unerlässlich schlanke Taille ins rechte Licht zu rücken. Der enge Rock weist, obwohl wadenlang, noch nicht die später berühmte Dior-Falte auf, sondern ist vielfach seitlich geschlitzt. Es gibt zweierlei Jackenformen, die eng taillierte und um die Hüften versteifte – damit der sog. Hüftknick besser zur Geltung kommt – und die lose, im Rücken sehr weit gehaltene »Fliegerjacke«. Jacken und Mäntel haben nach Diors Vorbild entweder Zelt- oder Redingoteform. Regenmäntel sind aus Fallschirmseide.

Auf keinen Fall darf die Dame ohne Stockschirm, Handschuhe und Hut – kleine Hutspange, praktischer »Trotteurhut« oder elegantes, flaches »Wagenrad« – und eventuell ein kleines Tuch ausgehen, das keck aus der Brust- oder Hüfttasche des Kostüms hervorschaut. Bei Badeanzügen – oft selbst geschneidert – wird das Oberteil als Korsage mit Fischbein verstärkt und daran ein Pumphöschen gesetzt. Zweiteiler sind stoffaufwendig geschnitten. Auf jeden Fall gehört zum Badeanzug ein passender Wickelrock, der zum Strandbummel umgelegt wird. Sportliches und Strick sind wenig gefragt, jedenfalls in der Haute Couture. Dagegen fühlen sich Juliette Greco und der Kreis der Existenzialisten in engen Hosen und Rollkragenpullovern zusammengehörend. Der »American Way of Life« begeistert die Jugend: Enge Hosen, die ersten Jeans und die darüber getragenen weiten bunten Hemden versprechen Freiheit und Unabhängigkeit. Außerdem sind die »Nylons« aus den Vereinigten Staaten bei jeder Frau höchst begehrt.

Chroniknet