Mode 1950:
Im Frühjahr 1950 stellt Christian Dior die Vertikallinie vor. Seit dem aufsehenerregenden New Look (1947) ist Dior König unter den Couturiers. Seine Kreationen sind Maßstab für die internationale Mode, seine Linien ein Begriff.
Diors Vertikallinie ist durch ein figurbetontes Oberteil und einen bleistiftschmalen Rock gekennzeichnet. Um die Hüften zu betonen – man spricht vom modischen Hüftknick – weist der Rock vorn in der Taille kleine Bundfalten oder seitlich abstehend Tütentaschen auf. Um der ersehnten Wespentaille näherzukommen, trägt die modebewusste Frau ein Taillenmieder, die sogenannte Guepière.
Der enge Rock macht den Dior-Schlitz unerlässlich. Um ihn noch enger erscheinen zu lassen, posieren Mannequins mit hintereinandergestellten Beinen vor der Kamera. Dior bevorzugt die »klassische« Kleidlänge von dreißig Zentimeter über dem Boden. Dies gibt Anlass zu Protesten seitens der Konkurrenz: »Lang macht alt. Röcke sind eine Frage der Beine und nicht des Stoffes. Diese Dior-Mode verbirgt alles, was eine Frau gerne zeigen würde«. So bevorzugen die Frauen durchaus etwas kürzere Röcke, die höchstens bis zur halben Wade reichen.
Die meisten Kleider sind schlicht und nur durch einen dezenten Medicikragen oder ein weißes Plastron aufgeputzt. Die Ärmel erscheinen nicht mehr so voluminös wie bisher, bleiben aber den Kimono- und Raglan-Schnitten treu. Petrol, Mauve und Tomatenrot sind Modefarben der Saison.
Elegant und für den Nachmittag gedacht: Kleider mit asymmetrisch drapiertem Oberteil und Röcke mit einer leicht abstehenden Rückentunika. Sehr apart sehen Spitzeneinsätze und tiefsitzende, seitlich geschlungene Schärpen aus. Beliebt sind Abendblusen mit drapiertem Halsausschnitt oder mit wellig fallendem Schalkragen.
Das große Abendkleid erregt mit seinem Corsagen-Oberteil und seinem weiten Rock aus Seidenmusselin großes Aufsehen.
Das klassische Schneiderkostüm zeigt den schlanken, schmalen Umriss, die sogenannte Tubenform. Neben der eng taillierten Jacke gibt es lose Hängerjacken mit gerader oder fliegender Rückenweite sowie halblange Jacken mit abstehenden Taschen, die ebenfalls die Hüften verbreitern und die Taille noch zierlicher erscheinen lassen. Neu ist die Form mit blusigem Rücken. Zum praktischen Trotteurkostüm hat der passende Rock eingesetzte Kellerfalten oder Plissees.
Die emanzipierte Frau trägt im Büro, als Gegenstück zur Weste des Mannes, eine ärmellose, taillierte Weste mit Schalkragen, das sogenannte Gilet.
Die neue Richtung der Mäntel ist streng geradlinig, sehr schmal, mit langen, bis zur Taille reichenden Revers. Übermäßig große Taschen und Knöpfe verleihen den Mänteln die neueste Note. Die Redingote betont die schlanke Taille, hat aber etwas von der glockigen Rockweite der letzten Jahre eingebüßt.
Auf farblich sorgfältig abgestimmte Accessoires wird größter Wert gelegt. »Ohne Hut ist die Frau nicht angezogen«, lautet ein erfolgreicher Werbespruch der Huthersteller. Den Hut behält die Dame in Gesellschaft und vielfach auch im Theater auf. Die meisten Hüte sind klein und wirken jugendlich apart, wenn sie auf dem Hinterkopf getragen werden. Die Frisur dazu ist in anschmiegsamen Wellen gelegt.
Relativ plump dagegen wirken die Schuhe durch die stark abgerundete Zehenform und den dicken Absatz. Sämischleder wird bevorzugt. Im Winter sind die Halbschuhe mit Lammfell gefüttert. Gummigaloschen dienen als Überschuhe bei Regen. Nylonstrümpfe kommen für den Normalverbraucher in ausreichender Zahl und zu erschwinglichen Preisen auf den deutschen Markt. Sie sind aber noch so teuer, dass sich das Repassieren lohnt.
Um den geraden Sitz der Strumpfnaht ist jede Dame sehr besorgt, gilt doch den Beinen manch kritischer Männerblick.
Das Make-up der Frau verändert sich: Die Augen bekommen seitliche Flicks und damit ein mandelförmiges Aussehen. Die Augenbrauen bleiben weiterhin schmal, die Mundpartie wird durch roten Lippenstift stark betont.
Wenig Aufsehen macht die Herrenmode. Die Anzüge sind weit geschnitten und wirken oft ein paar Nummern zu groß. Dennoch legt der Herr Wert auf korrekte Kleidung. Im Sommer sieht man auch in der Stadt und nicht nur auf dem Land in Bayern oder Österreich die beliebten kurzen Lederhosen oder Knickerbocker.