Getrübtes Wirtschaftswunderidyll: Nitribitt-Mord und Halbstarkenproblem

Politik und Gesellschaft 1957:

Die Idylle der Wirtschaftswunder-Gesellschaft wird 1957 getrübt von einem Skandal, der das Vertrauen in die Spitzen der Gesellschaft nachhaltig erschüttert. Der Mord an der Frankfurter Prostituierten Rosemarie Nitribitt offenbart, dass Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur den selbst gestellten Moralansprüchen nicht genügen.

Mit der Angst vor dem Verlust des gerade Erreichten geht die Vorsicht einher, nicht gegen gesellschaftliche Konvention zu verstoßen. Dagegen rühren sich Widerstände gerade in der jungen Generation. Jugendliche wenden sich offen gegen ihre Eltern, erheben das Nichtangepasstseinzum neuen Ideal. Der Generationenkonflikt ist keine neue Erscheinung im Jahr 1957, doch gewinnt er gegenüber den Vorjahren an Schärfe. In den großen Städten prügeln sich Jugendliche mit Polizisten und begründen so den Ruf einer Generation von »Halbstarken«.

Welche Ausmaße die Erstarrung einer Gesellschaft annehmen kann, zeigt sich im US-amerikanischen Little Rock. Schwer bewaffnete Soldaten müssen farbige Kinder auf dem Schulweg vor Übergriffen schützen. Die weiße Bevölkerung will das Urteil des Obersten Bundesgerichtes nicht akzeptieren, dass die Rassentrennung gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt.

Chroniknet