Pariser Haute Couture hat keinen Mut zu einer neuen Linie

Mode 1963:

Den Pariser Frühjahrs- und Sommerkollektionen des Jahres 1963 ist anzumerken, wie unsicher die Haute Couture geworden ist. Kein Modeschöpfer hat den Mut, eine Linie zu zeigen, die eine Wandlung der Mode herbeiführen könnte. Es scheint, als seien die Couturiers davon überzeugt, dass die Frauen eine gewisse Konstanz in der Mode wünschen. So fehlt der zum Kauf verlockende Reiz des Neuen.

Bequemlichkeit hat über ausgefallene modische Schöpfungen gesiegt. Taillenlose Modelle sind in allen bedeutenden Kollektionen zu finden. Die von den beiden Konkurrenten Yves Saint Laurent und Marc Bohan (Dior) bereits in der vergangenen Saison in verschiedenen Schnitten gezeigten ein- und zweiteiligen Kleider im Pullover-Stil wurden von vielen Modeschöpfern der Welt aufgegriffen.

Da diese »Sackkleider« sehr streng wirken, doch andererseits der Wunsch nach einer gewissen Feminisierung der Mode spürbar ist, sind viele Accessoires zu sehen: Lässig umgeknotete weiße Organdy-Schals, angesteckte weiße Kamelien und Maiglöckchensträuße, weiße Stickereiblusen und leuchtendfarbige Zierclips.

Auffällig sind auch die komplizierten, häufig schräg verlaufenden Ziernähte, mit denen gerade fallende Kleider aufgelockert werden. Auch der Charakter der Stoffe wandelt sich nur langsam. Viel Glattes und Einfarbiges wird verarbeitet: Tuche, Gabardine, Woll- und Seiden-Crêpe, Flanell, Leinen. Daneben behaupten sich abstrakte Druckmuster mit überdimensionalen Dessins; bei den Blumenmustern bieten die einzeln auf schwarzem Fond angeordneten Motive neue Eindrücke.

Die neuen Farben der Saison sind Weiß, Babyrosa, Himbeereis, Mandelgrün. Daneben dominieren noch immer deutlich kräftige grüne Töne und Schwarz.

Wenig Änderungen gibt es auch bei den Jackenformen. Meist sind sie bolerokurz mit höchstens bis zum Handknöchel reichenden Ärmeln, vielfach mit hochangesetztem Schoßteil. Uneinheitlich sind die Mäntel. Häufig gibt es wieder weite, gerade Hänger mit schwierigen Nahtkombinationen und verschiedenen Kragenformen.

Chroniknet