»Leber-Plan« soll die Straßen entlasten

Verkehr 1968:

In der Bundesrepublik verlagert sich der Verkehr immer stärker von der Schiene auf die Straße. Mit Hilfe des sog. Leber-Plans will die Bundesregierung das unzureichende Fernstraßennetz entlasten und den Gütertransport mit der Eisenbahn wieder attraktiver machen. Richtgeschwindigkeiten und der Ausbau des Straßennetzes sollen die hohen Unfallzahlen vermindern.

Das Anwachsen des Straßenverkehrs zeigt sich vor allem an der zahlenmäßigen Zunahme der Personenwagen und Kombis um etwa 667 000 auf 11,7 Millionen Autos. Die Zahl der Lastkraftwagen steigt um 17 000 auf etwa 900000.

Von den Personen, die öffentliche Verkehrsmittel benutzen, reisen nur etwa 15% mit der Deutschen Bundesbahn, dagegen 85% mit Bussen und Straßenbahnen. Bezogen auf die dabei zurückgelegten Strecken, entfallen nur 38% der sog. Personenkilometer auf den Eisenbahnverkehr, dagegen 58% auf den Straßenverkehr und 4,9% auf den Luftverkehr. Im Bereich des Gütertransports wächst die von der Bundesbahn beförderte Tonnage zwar gegenüber dem Vorjahr um 8%, doch erhöht sich das Frachtaufkommen der Lastkraftwagen seinerseits um mehr als 11%.

Das bundesdeutsche Straßennetz wird 1968 um 1530 km erweitert, hält aber mit der Zunahme des Verkehrsaufkommens nicht Schritt. Die Baubehörden übergeben neue Autobahnen in einer Gesamtlänge von 350 km dem Verkehr. Die längsten Abschnitte sind die Strecken Bremen-Kamen (»Hansa-Linie«), Bad Hersfeld-Würzburg (»Rhön-Linie«) und Mannheim-Heilbronn (»Neckar-Linie«).

Bei Unfällen werden auf bundesdeutschen Straßen 16 635 (1967: 17 084) Personen getötet und 147 451 (1967: 147 270) schwer verletzt. Zu schnelles Fahren ist mit großem Abstand die häufigste Unfallursache, gefolgt von Nichtbeachten der Vorfahrt und Fahren unter Alkoholeinfluss

Die Regierung des Landes Hessen führt deshalb am 10. Oktober auf einer Autobahn-Versuchsstrecke zwischen Wiesbaden und Frankfurt am Main Richtgeschwindigkeiten zwischen 80 und 130 km/h ein. Ein Gesetzentwurf von Bundesverkehrsminister Georg Leber (SPD) vom 20. März zur Absenkung des zulässigen Blutalkoholgehalts von 1,5 auf 0,8 Promille wird allerdings 1968 nicht mehr verabschiedet.

Mit seinem im September 1967 vorgelegten verkehrspolitischen Programm für die Jahre 1968 bis 1972, dem sog. Leber-Plan, will der Bundesverkehrsminister den Gütertransport von den überlasteten Fernstraßen auf die Schiene zurückverlagern. Durch eine Besteuerung des gewerblichen Güterfernverkehrs soll der Transport mit der defizitären Bundesbahn attraktiver gemacht werden.

Am 27. November verabschiedet der Bundestag in Bonn das Beförderungssteuergesetz, das Kernstück des Leber-Plans. Ab dem 1. Januar 1969 wird der Güterfernverkehr auf Straßen mit 1 Pfennig je Tonne und Kilometer belegt. Die erwarteten Einnahmen in Höhe von 370 Millionen DM bis Dezember 1970 sollen dazu verwandt werden, die Bundesbahn zu rationalisieren.

1968 vermindert sich das Streckennetz der Bahn wegen Stilllegung unrentabler Strecken um 180 km auf 29 982 km. Davon sind nach der Übergabe der Strecke Hamburg-Osnabrück am 24. September nun 8000 km voll elektrifiziert. Darüber hinaus steigert die Bundesbahn ihre Attraktivität auf dem Sektor Gütertransport durch den Einsatz von Containerzügen (<!– –>6.2.<!– –>).

Chroniknet