Verkehrsaufklärung nötig

Verkehr 1969:

Das ungestüme Anwachsen des Verkehrsvolumens sorgt bei allen Verkehrsträgern für Kapazitätsprobleme. Der wachsenden Gefahr für Leib und Leben auf der Straße versucht man durch gezielte Aufklärungsaktionen und Sicherheitsvorschriften zu begegnen.

Bereits zu Anfang des Jahres gibt es in der Bundesrepublik rund zwölf Millionen Kraftfahrzeuge. Vor allem in den Städten droht der Autoverkehr zu einem kaum noch lösbaren Problem zu werden.

Gigantische Straßenbauprojekte wie etwa die in Hannover in Angriff genommene dreistöckige Verkehrsführung in der Innenstadt scheinen vorerst der Weisheit letzter Schluss In drei Etagen soll der Verkehr hinter Hannovers Hauptbahnhof in Zukunft rollen. Im »Keller« unterquert die U-Bahn den Verkehrsknotenpunkt »Raschplatz«, auf ebener Erde bewegen sich Fußgänger und Kraftfahrzeuge, und im Obergeschoss etwa sechs Meter hoch, ist eine Schnellstraße geplant. Das Fünf-Millionen-DM-Projekt ist 18 Meter breit und bietet den Fahrzeugen auf vier Fahrspuren Platz.

Während eine Lobby aus Industrie, Baugewerbe und Autoclubs den Bau immer neuer Straßen fordert (so z.B. auf dem Deutschen Straßentag in München), rückt für andere das Problem der Sicherheit in den Mittelpunkt des rasch wachsenden Straßenverkehrs. In der Bundesrepublik stirbt etwa alle 30 Minuten ein Mensch infolge eines Straßenverkehrsunfalls. Besonders gefährdet sind die Kinder: Alle fünf Minuten wird ein Kind oder Jugendlicher im Straßenverkehr verletzt. Zur Steigerung der Sicherheit werden verschiedene Aktionen durchgeführt. In Bayern z.B. gibt es zum Schulbeginn nach den Sommerferien eine Aktion »Sicher zur Schule – Sicher nach Hause«. Sie fordert von den Kraftfahrern besonders rücksichtsvolles Fahren und vom erwachsenen Fußgänger vorbildhaftes Verhalten, z.B. an Ampeln. Verkehrsfachleute fordern u.a. auch Schulranzen in grellen Farben bzw. raten den Eltern, sich durch Kunststofffolie in Signalgelb oder Orange selbst zu helfen. Schulwegpläne sollen einen gefahrlosen Hin- und Rückweg ermöglichen. Außer dem Hinweiszeichen auf eine Schule sollen an entsprechender Stelle möglichst auch Überholverbote und Geschwindigkeitsbegrenzungen eingeführt werden.

Das Kuratorium »Wir und die Straße« veranstaltet vom 27. Februar bis 30. April mit einem Kostenaufwand von 1,5 Millionen DM die Aktion »Deutlich fahren«. Mit Handzetteln, Mahntafeln und Aufklärungsfilmen sollen die Unfallzahlen gesenkt werden. Einer erhöhten Sicherheit dienen auch Vorschriften zur Mitführung von Warndreiecken (ab 1. 7.) und eines Verbandkastens (ab 1. 1. 1970).

Angesichts der wirtschaftlichen Hochkonjunktur steigt das Transportvolumen bei der Bundesbahn 1969 um rund neun Prozent. Zu einem Problem wird daher eine spürbare Überlastung vor allem des Personals: Seit 1958 sank die Zahl der bei der Bahn Beschäftigten um 148 000 auf 390 000 Personen. Vor allem in Verkehrsknotenpunkten wie München, Frankfurt am Main und Hamburg droht der Kollaps. Die Güterbahn scheint einen ordnungsgemäßen Betrieb nicht mehr lange gewährleisten zu können. Im Personenverkehr dagegen macht der Bahn die Anziehungskraft des Privat-Pkws zu schaffen, so dass sie mit Billig-Aktionen an Wochenenden um Fahrgäste werben muss

Auch im Flugverkehr erhöht sich das Passagieraufkommen. Der größte bundesdeutsche Flughafen in Frankfurt am Main verzeichnet am 27. Juni mit 32 819 Fluggästen einen neuen Tagesrekord. Der Rhein-Main-Flughafen wird zu einem der leistungsfähigsten Europas ausgebaut (u.a. neue »Empfangsanlage West«) und dabei auf den für 1970 geplanten Einsatz von Großraumflugzeugen (sog. Jumbojets vorbereitet (<!– –>9.2.<!– –>).

Chroniknet