Mehr als vier Milliarden Erdbewohner – Chemiekatastrophe im italienischen Seveso

Politik und Gesellschaft 1976:

Drei Jahrzehnte lang hat die Ost-West-Konfrontation das weltpolitische Klima und fast alle regionalen Konflikte bestimmt. 1976 kommen neue Themen hinzu: Globale Gefahren für die gesamte Menschheit treten verstärkt ins öffentliche Bewusstsein – die Bevölkerungsexplosion und die Gefährdung der Lebensgrundlagen durch die zunehmende Umweltverschmutzung gehören dazu.

Anfang des Jahres überschreitet die Weltbevölkerung die Viermilliardengrenze. Die Wachstumsrate in der Dritten Welt zeigt weiter steil nach oben. Täglich werden rund 200 000 Kinder geboren. Immer mehr Menschen ergreift angesichts dieser Entwicklung die Schreckensvision einer hoffnungslos überfüllten Erde mit unerträglichen sozialen Spannungen und brutalen Verteilungskämpfen. Nach Meinung aller Fachleute wird die Bevölkerungsexplosion in den kommenden Jahrzehnten eines der schwerwiegendsten Probleme der Menschheit sein.

Auch die zunehmende Zerstörung der Lebensgrundlagen auf der Erde durch Umweltverschmutzung erfüllt immer mehr Menschen mit Angst. Die Chemiekatastrophe von Seveso wird von vielen als ein unheildrohendes Zeichen empfunden und verstärkt insbesondere in der jüngeren Generation Zweifel am technischen Fortschritt und einem ungebremsten wirtschaftlichen Wachstum. Gefahren der Großtechnologien und die Notwendigkeit des Umweltschutzes sind vor allem in den USA und der Bundesrepublik heftig diskutierte Themen. Der Protest gegen den Bau von Kernkraftwerken nimmt in der Bundesrepublik vereinzelt militante Formen an.

Chroniknet