Skepsis gegenüber Funktionalismus

Skepsis gegenüber Funktionalismus
Royal National Theatre London, Bankside, Blick von Waterloo Bridge. CC-BY-SA 3.0 [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Architektur 1976:

Viele Entwürfe westlicher Architekten lassen eine wachsende Skepsis gegenüber den modernen Traditionen ihres Gewerbes, der Baukunst, erkennen. Mehr und mehr Architekten zeigen sich unzufrieden mit den streng-funktionalen Bauformen in der Tradition der klassischen Moderne. Deren Heroen wie Le Corbusier und Ludwig Mies van der Rohe büßen ihre Vorbildfunktion bei vielen jüngeren Architekten ein.

Dies hat auch zur Folge, dass im Jahr 1976 fertiggestellte Gebäude zuweilen als epigonal kritisiert werden. Derartiger Kritik an einem »veralteten Modernitätsverständnis« sieht sich etwa der Architekt des neuen »National Theatre« in London, Denys Lasdun, ausgesetzt. Wäre der streng gegliederte Beton-Bau mit seinen äußerst kargen Formen gegen Ende der 60er Jahre fertiggestellt worden, hätte Lasdun von der Zunft wohl höchstes Lob erfahren und Begeisterung erregt.

Der »alten Moderne« ein neues Konzept entgegenzusetzen, fällt den Architekten allerdings noch recht schwer. In den USA und Japan sind Ansätze eines »neuen Manierismus« auszumachen, dessen Vertreter, voran Robert Venturi, spielerisch mit verschiedenen Gestaltungselementen umgehen, wobei sie bei der Wahl von Material, Formen und Farben eine starke Kontrastwirkung anstreben. Symmetrien werden nach Möglichkeit vermieden.

Der »Blick zurück« ist auch in der Bundesrepublik nicht mehr verpönt. Der Erhaltung alter Stadtkerne wird von Stadtplanern und Architekten nach Jahrzehnten einer Sanierung durch Abriss und Neubau häufiger der Vorzug gegeben. Als besonders gelungenes Beispiel gilt die Sanierung des Lübecker Altstadtviertels um den von-Höveln-Gang. In den modernisierten Häusern wurde preiswerter Wohnraum geschaffen. In diesen Zusammenhang gehört auch, dass Architekten – wie in Stuttgart – die reizvolle Atmosphäre von Geschäftspassagen wiederentdecken.

Chroniknet