Westlicher Boykott der Olympischen Spiele von Moskau kein Mittel gegen Krieg in Afghanistan

Politik und Gesellschaft 1980:

»Mut zur Zukunft« lautet das Motto der Regierungserklärung, die der alte und neue Bundeskanzler Helmut Schmidt nach der gewonnenen Bundestagswahl vom 5. Oktober vor dem Parlament abgibt. Der Aufruf ist wohl auch an die eigene Adresse gerichtet: Noch im April hat der Kanzler die internationale Lage mit der von 1914, kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs, verglichen.

Anlass für die pessimistische Parallele ist in erster Linie die Afghanistankrise. Mit dem Einmarsch ihrer Truppen in Afghanistan kurz vor der Jahreswende 1979/80 hat die Sowjetunion den Entspannungsprozess zwischen den beiden großen Machtblöcken, der bereits als sichere Realität erschien, infrage gestellt. US-Präsident Jimmy Carter reagiert auf die Invasion mit einem Bündel harter Maßnahmen. Aber weder der Hinweis auf ein neuerliches Aufflammen des Kalten Krieges noch die Nichtunterzeichnung des SALT-II-Abrüstungsvertrags, weder das Weizenembargo (das von anderen Staaten unterlaufen wird und letztlich vor allem den Getreidefarmern in den USA schadet) noch der Olympiaboykott veranlassen die Sowjetunion zum Rückzug, ebenso wenig wie das Votum der UNO oder der offenbar unerwartet heftige Widerstand der moslemischen Guerilla in Afghanistan.

Übersicht über Olympiaboykott. CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

Übersicht über Olympiaboykott. CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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