Bahnverkehr mit Zukunft

Verkehr 1983:

Mit Autos überfüllte Innenstädte und stetig länger werdende Verkehrsnachrichten und Staumeldungen im Radio lassen die Autogesellschaft auch 1983 nach Alternativen suchen. Das ungehemmte Wachstum des Individualverkehrs soll auf schmerzlose Weise abgebremst werden.

Öffentliche Verkehrsmittel sollen mit Hilfe modernster Technik schneller und attraktiver werden. Erste Ansätze im Bereich des Schienenverkehrs bieten die neuen Magnetbahnen und Hochgeschwindigkeitszüge.

Am 27. Oktober 1983 unternimmt der »Transrapid 06« auf der 31 km langen Versuchsstrecke im Emsland seine erste Ausfahrt. Das Magnetschwebefahrzeug erreicht Geschwindigkeiten bis 400 km/h. Es schwebt – von Elektromagneten gehalten – 1 cm über der Fahrspur. Ein wanderndes elektromagnetisches Kraftfeld beschleunigt und bremst den Zug. Die Probephase des vom Bundesforschungsministerium mit 905 Mio. DM geförderten Projektes soll 1986 abgeschlossen sein.

Hoher Komfort und eine Verkürzung der Fahrzeit – z.B. auf der Strecke Hamburg-München von acht auf viereinviertel Stunden machen den Transrapid auf Strecken bis zu 1000 km zu einer Alternative zum Flugzeug. Nachteil der Magnetschwebebahn ist, dass sie im Gegensatz zum Hochgeschwindigkeitszug – ein eigenes, noch zu bauendes Streckennetz benötigt. In Birmingham verkehrt ab 1983 die linienmäßige Magnetbahn der Welt auf einer 620 m langen Strecke zwischen Bahnhof und Flughafen.

Zum Schienenverkehr der Zukunft gehören nach dem Willen der Planer Hochgeschwindigkeitszüge. Sie können bei Spitzengeschwindigkeiten von 350 km/h auf speziell ausgebauten Trassen eine durchschnittliche Reisegeschwindigkeit von 250 km/h erreichen. Der in der Bundesrepublik gebaute ICE (Intercity Experimental) soll 1985 erstmals eingesetzt werden und nach erfolgreichem Probelauf 1989 in die Serienproduktion gehen. Der Oberleitungszug soll 187 m lang sein und je nach Ausstattung 300 bis 400 Fahrgästen Platz bieten. Die ersten Neu- und Ausbaustrecken der Bundesbahn (Hannover-Würzburg, Mannheim-Stuttgart) für Hochgeschwindigkeitszüge können nach ihrer Fertigstellung ab 1991 befahren werden.

In Frankreich und Japan sind Hochgeschwindigkeitszüge schon im Einsatz: Seit 1980 fährt der TGV (Train à Grande Vitesse; frz., Hochgeschwindigkeitszug) auf der Strecke Paris – Lyon. Der Shinkansen (jap., Geschoss Granate) verbindet seit 1964 die wichtigsten Wirtschaftszentren Japans.

Diese Neuentwicklungen im Bereich des Schienenverkehrs sind aber keine echten Alternativen zum Individualverkehr, da sie nur zentrale Knotenpunkte miteinander verbinden. Der öffentliche Nahverkehr, der eine wesentliche Entlastung vom Individualverkehr bringen könnte, wird von der Deutschen Bundesbahn ebenso wie von vielen Städten und Gemeinden eher stiefmütterlich behandelt. Aufgrund fehlender Wirtschaftlichkeit werden unrentable Strecken mit geringem Fahrgastaufkommen stillgelegt. So wird gerade in ländlichen Gebieten sogar ein Anstieg des Individualverkehrs provoziert.

Mit der Zunahme der Pkw-Neuzulassungen, steigt aber auch die Anzahl der Verkehrsunfälle:

Maßnahmen zur Verkehrssicherheit sind daher dringend erforderlich: Politiker und Verkehrsexperten fordern 1983 neben verstärkter Aufklärung neue gesetzliche Regelungen, z.B. schärfere Strafen für Geisterfahrer, Bußgelder für nichtangeschnallte Autofahrer, die Einführung eines Stufenführerscheins und eines Führerscheins auf Probe.

Chroniknet