Gorbatschow wird KPdSU-Generalsekretär, vorsichtiger Reformkurs beginnt

Gorbatschow wird KPdSU-Generalsekretär, vorsichtiger Reformkurs beginnt
Michail Gorbatschow (1986). RIA Novosti archive, image #359290 / Yuryi Abramochkin / CC-BY-SA 3.0 [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Politik und Gesellschaft 1985:

Als am 11. März der erst 54 Jahre alte Michail Gorbatschow zum neuen Generalsekretär der KPdSU gewählt wird, deutet nichts darauf hin, dass damit eine neue Epoche der Weltgeschichte beginnt, ein halbes Jahrzehnt später die Teilung Deutschlands und die Spaltung Europas in zwei große Blöcke überwunden sein wird und damit die Nachkriegszeit endgültig der Vergangenheit angehört. Auch das Ende der Weltmacht Sowjetunion nach 69-jährigem Bestehen am 25. Dezember 1991 ist – wenn auch ungewollt – ein Ergebnis von Gorbatschows Politik.

Zunächst scheint der im Vergleich zu seinen Vorgängern und auch zum US-Präsidenten Ronald Reagan »junge Mann« im Kreml die Innen- und Wirtschaftspolitik seines 1984 gestorbenen Vorvorgängers Juri Andropow fortsetzen zu wollen: Stärkung der Arbeitsmoral, Kampf dem Alkohol, mehr Effizienz in der Produktion – dies alles ist nicht neu. Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung) – die Leitmotive der Veränderung in der von einer kleinen Nomenklatura beherrschten Sowjetunion – sind noch nicht erfunden. Noch muss Gorbatschow Rücksicht auf die orthodoxen Kräfte in der Parteiführung nehmen.

Deutliche Akzente setzt Gorbatschow jedoch in der Außenpolitik. Den altgedienten Außenminister Andrei Gromyko schiebt er auf den Posten des Staatsoberhauptes ab, zu dessen Nachfolger ernennt er seinen Vertrauten Eduard Schewardnadse, den bis dahin im Westen fast unbekannten Parteichef von Georgien. Durch die Wiederaufnahme der Abrüstungsverhandlungen und durch sein Genfer Gipfeltreffen mit Reagan gibt Gorbatschow der Welt die Hoffnung, einer weiteren Spirale des Wettrüstens mit der Gefahr eines drohenden Atomkrieges entgehen zu können.

Chroniknet