Politik und Gesellschaft 1987:
Das Ausland steht dem Reformprozess abwartend gegenüber. Nach Jahrzehnten des Kalten Kriegs fällt es vielen westlichen Politikern schwer, an eine echte Demokratisierung der UdSSR zu glauben. Denn noch scheint es fraglich, ob die von Gorbatschow auch in der Außenpolitik angekündigten Veränderungen realisiert werden. Noch immer ist Afghanistan von sowjetischen Truppen besetzt, und auch die Rolle Moskaus im Nahostkonflikt bleibt undurchsichtig. Insbesondere in den vom konservativen Präsidenten Ronald Reagan geführten USA herrscht Skepsis. Dennoch kommt es Ende 1987 zu einer Wende im Verhältnis zwischen den Supermächten. Im Rahmen eines Gipfeltreffens unterzeichnen Gorbatschow und Reagan ein Abkommen über die vollständige Vernichtung aller atomaren Mittelstreckenwaffen. Während es bislang nur Rüstungskontrollverträge gegeben hatte, ist dies das erste Abrüstungsabkommen, das diesen Namen verdient.
INF-Vertrag
Als INF-Verträge (Intermediate Range Nuclear Forces, zu Deutsch: nukleare Mittelstreckensysteme) oder als Washingtoner Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme bezeichnet man die bilateralen Verträge zwischen der Sowjetunion und den USA über die Vernichtung aller landgestützten Flugkörper mit mittlerer und kürzerer Reichweite (500 bis 5500 Kilometer). Der Besitz, die Produktion und Flugtests mit ihnen sind verboten. Der Vertrag wurde am 8. Dezember 1987 anlässlich des Gipfeltreffens von Washington unterzeichnet und am 1. Juni 1988 während des Gipfeltreffens in Moskau in Kraft gesetzt. Er wurde auf unbeschränkte Dauer geschlossen. Neue Waffen dieser Kategorie wurden verboten. Weil die Vernichtung von zwei Raketentypen vereinbart wurde, wird auch von einer „doppelten Nulllösung“ gesprochen. Der Vertrag wurde am 1. Februar 2019 durch die USA einseitig aufgekündigt, zuvor hatten sie Russland eine Verletzung des Abkommens durch die Produktion neuer Marschflugkörper vorgeworfen.