TV-Spots immer wichtiger

Werbung 1987:

Die deutsche Werbewirtschaft ist im Aufwind. Verantwortlich für diese Entwicklung sind die günstigen konjunkturellen Rahmenbedingungen in der Bundesrepublik. Gegenüber dem Vorjahr verzeichnet das preisbereinigte Bruttosozialprodukt – Summe aller von einer Volkswirtschaft erbrachten Leistungen – einen Anstieg um 1,7% auf 2023 Mrd. DM. Dabei erweist sich vor allem der private Verbrauch als Konjunkturlokomotive: Steigende Einkommen bei niedriger Inflationsrate bewirken, dass viele Deutsche über mehr Geld als noch 1986 verfügen und entsprechend konsumieren.

Volle Kassen bei den Verbrauchern wirken sich unmittelbar auf die Auftragsbücher der Werbewirtschaft aus. Insgesamt werden 1987 in der Bundesrepublik rund 33,4 Mrd. DM für Werbung ausgegeben. Die vom Zentralausschuss der Werbewirtschaft (ZAW) registrierten Werbeträger erreichen einen Nettoumsatz von 17,9 Mrd. DM. Das entspricht gegenüber dem Vorjahr einer Steigerung um 800 Mio. DM. Wichtigste Werbeträger bleiben die Printmedien. Inserate in Zeitungen und Zeitschriften bieten nach Ansicht der meisten Agenturen noch immer das günstigste Kosten-Nutzen-Verhältnis. Allerdings wächst die Bedeutung der Fernsehwerbung. Während bislang die gesetzlich festgeschriebenen Werbebegrenzungen der öffentlich-rechtlichen Anstalten ARD und ZDF eine massive Nutzung des Werbeträgers TV verhindert hatten, können in den kommerziellen Sendern nun nahezu unbegrenzt Spots geschaltet werden. Auch wenn die größten Privatanbieter RTL und SAT. 1 aus technischen und rechtlichen Gründen zurzeit noch eine relativ geringe Verbreitung haben, erwarten Experten für die 90er Jahre einen explosionsartigen Anstieg der Fernsehwerbung.

In der Branche vieldiskutiert wird die mäßige Qualität der in der Bundesrepublik gezeigten Spots. Im Vergleich zu ihren Kollegen in Frankreich oder Großbritannien produzieren die deutschen Agenturen meist wenig originelle, eher bieder und dümmlich wirkende Filme. Ursache ist – so die Agenturen – nicht der Mangel an Ideen, sondern die fehlende Risikobereitschaft der Auftraggeber. Selbst große Unternehmen seien nur selten bereit, für die Produktion innovativer und kreativer Spots die notwendigen Mittel bereitzustellen. Hinzu kämen die konservativen Sehgewohnheiten der deutschen Konsumenten.

Zunehmende Bedeutung erlangt in der Bundesrepublik die Direktwerbung. Durch Telefonmarketing versuchen Versandhäuser, Banken und Versicherungen, potenzielle Kunden gezielt anzusprechen. Auch das sog. Direct Mailing, das Versenden von Werbematerial an einen ausgewählten Personenkreis, nimmt zu. Allerdings fühlen sich viele durch diese Art der Werbung belästigt. Abhilfe verspricht die sog. Robinson-Liste, in die sich genervte Zeitgenossen eintragen können. Sie bleiben dann von der Werbeflut weitgehend verschont.

Chroniknet