Mehr PS unter die Motorhaube

Auto und Verkehr 1989:

Schneller, luxuriöser und schadstoffärmer – das ist der Trend des Autojahres 1989. Ungeachtet der Diskussionen über einen drohenden Verkehrsinfarkt und ein Tempolimit auf Fernstraßen meldet die westdeutsche Autoindustrie mit 4,564 Mio. gebauten Personenwagen und Kombis einen Produktionsrekord. Die Zahl der Neuzulassungen steigt 1989 gegenüber dem Vorjahr um 0,8% auf 2,831 Mio. Einheiten, der Anteil ausländischer Marken liegt mit 30,2% um 1,1% höher als 1988. Auf Platz eins der Verkaufs-Hitliste rangiert nach wie vor der VW Golf mit 321 827 Einheiten trotz eines Absatzeinbruchs um 7,2%. Erfolgreichstes Importauto ist der Mazda 626, den es ab April 1989 auch als fünftürigen Kombi und Coupé mit Allradantrieb gibt.

Auf der 53. Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt am Main (14.-24. 9.) ziehen der BMW 850 i und das Mercedes-Cabrio 500 SL die meiste Aufmerksamkeit auf sich. Etwas bescheidener in Preis und Fahrleistung, aber gleichfalls fortschrittlich im Styling präsentiert sich der Opel Calibra. Der frontgetriebene Sportwagen auf Basis des Vectra kommt im März 1990 in den Handel. Ein 2,0-Liter-Einspritzermotor mit 115 PS bringt ihn auf über 200 km/h.

Wahlweise Eleganz oder Rasanz bieten auch die Japaner. Nissan und Toyota bringen zwei neue Luxusmodelle auf den Markt, die vor allem für die USA konzipiert sind: Nissan Infiniti Q 45 und Lexus LS 400. Der LS 400 ist mit einem 4-Liter-V8-Motor ausgestattet. Fahrkomfort und üppige Lederausstattung des 5,01 m langen und 1690 kg schweren Viertürers zeigen den Anspruch auf die Nobelkategorie. Der Nissan Infiniti Q 45 ist gleichfalls eine luxuriöse Limousine. Das 1770 kg bzw. 1830 kg (für die USA) schwere und 5,09 m lange Fahrzeug hat einen 4,5-Liter-V8-Motor.

Im Februar 1989 haben auf der Chicago Motor Show gleich zwei Sportwagen aus Japan Premiere: Honda NSX und Nissan 300 ZX, eine Neuauflage des seit 1984 gebauten Autos. Der Honda NSX (2977 ccm Hubraum, 274 PS) ist ein zweisitziger Hochleistungssportwagen. 24-Ventil-Mittelmotor, Aluminiumkarosserie und 270 km/h Spitze sind wesentliche Merkmale dieses 1370 kg schweren und 117 cm flachen Fahrzeugs, bei dem die Frontpartie an einen Ferrari und das Heck an einen Porsche erinnern. Erfolgreicher ist der Nissan 300 ZX (2960 ccm Hubraum), vor allem in der im Herbst 1989 vorgestellten Twin-Turbo-Version mit 283 PS.

Nach dem Modell der britischen Roadster konzipiert Mazda seinen etwas nostalgisch anmutenden MX-5 (1598 ccm Hubraum, 115 PS). Der offene Sportzweisitzer im klassischen Stil mit selbsttragender Karosserie bekommt Lob für die gut verarbeitete, verwindungssteife Karosserie, die funktionelle, leichte Fahrzeugbedienung, straffe Fahrwerksabstimmung und die sehr direkte Lenkung. Der MX-5-Erfolg inspiriert auch andere Hersteller zu einem Roadster: 1989/90 gibt es u.a. den modifizierten Alfa Romeo Spider, den Lotus Elan und den Chevrolet Beretta Convertible.

In den Hintergrund rückt bei all dieser PS-Herrlichkeit die Diskussion um den Katalysator. Am 21. April erklärt als bundesdeutscher Autoproduzent die Adam Opel AG, dass es alle Benzinmodelle serienmäßig mit geregeltem Katalysator gibt. Auch Mercedes-Benz und BMW bieten ihre Benzinmotoren mit Katalysatortechnik von den ausländischen Herstellern u.a. Renault, Mazda und Mitsubishi, während z.B. Ford die Klein- und Mittelklassemodelle Fiesta, Escort und Orion teilweise ohne die saubere Abgastechnik liefert.

Am 15. April einigen sich die für den Umweltschutz zuständigen Minister des Bundes und der Länder in der Bundesrepublik darauf, ab 1. Oktober 1991 den Drei-Wege-Katalysator für alle Neuwagen vorzuschreiben, notfalls auch ohne Einigung auf EG-Ebene. Der Verein der Deutschen Automobilindustrie lehnt diese Forderung mit dem Hinweis ab, dass viele Käufer auf billigere ausländische Marken ohne Kat ausweichen würden.

Chroniknet