Verhüllung des Reichstages hält das wirtschaftlich angeschlagene Deutschland in Atem

Verhüllung des Reichstages hält das wirtschaftlich angeschlagene Deutschland in Atem
Künstlerpaar Christo und Jeanne-Claude. By Martin Dürrschnabel (Sony DSC-F717) [CC BY-SA 2.5], via Wikimedia Commons

Politik und Gesellschaft 1995:

Das wohl spektakulärste Ereignis auf deutschem Boden ist allerdings nichtpolitischer Natur. Ab dem 23. Juni bietet der Berliner Reichstag – verhüllt von dem Künstlerpaar Christo und Jeanne-Claude – für zwei Wochen ein völlig neues Bild. Nicht nur der Regierende Bürgermeister der Spreestadt, Eberhard Diepgen (CDU), ist der Meinung, dass durch die volksfestartige Kunstaktion in »beglückender Weise zum ersten Mal etwas von jener Leichtigkeit des Seins spürbar geworden ist, die wir uns als Würze der Berliner Republik immer gewünscht haben«.

Doch abseits solcher glanzvoller Ereignisse verdüstert die schwierige Wirtschaftslage die Stimmung unter den Deutschen. Am Jahresende sind über 3,6 Millionen Menschen arbeitslos. Zugleich wird deutlich, dass selbst das bisher wirtschaftlich so potente Deutschland in Gefahr gerät, nicht alle Anforderungen für die 1999 bzw. 2002 geplante Europäische Währungsunion zu erfüllen. Um den Standort Deutschland zu sichern, versucht IG-Metall-Chef Klaus Zwickel mit seinem Aufruf zu einem »Bündnis für Arbeit«, die Arbeitgeber in einen Beschäftigungspakt einzubinden.

Eine willkommene Abwechslung vom Alltag bietet auch 1995 der Sport: Der zweimalige Automobilweltmeister Michael Schumacher, die fünffache Schwimm-Europameisterin Franziska van Almsick und der Boxweltmeister Henry Maske setzen die sportlichen Glanzpunkte – neben den deutschen Tennis-Assen Steffi Graf, die trotz der Steueraffäre um ihren Vater von Sieg zu Sieg eilt, und Boris Becker, der – im Alter von 28 Jahren sichtlich gereift – im November ATP-Weltmeister wird.

Chroniknet