In Skandinavien tut sich was

Architektur 2008:

Architektur aus Skandinavien stand lange Zeit für Nüchternheit und Understatement, aber auch für eine enge Anbindung der Bauform an den Inhalt bzw. Zweck. Letztere Tradition führt das dänische Büro 3xNielsen mit seiner Schule im Kopenhagener Neubaugebiet Ørestad mustergültig fort. Mit der jüngsten Reform hat das skandinavische Land seinen Schulen mehr Flexibilität in der Unterrichtsgestaltung verordnet: weg vom strengen Stundentakt und den geschlossenen Klassenverbänden. Das Gebäude, das 3xNielsen entworfen hat, erscheint als ein offenes System mit variablen Lerninseln, fließenden Räumen und geschwungenen Treppen. In dieser Umgebung, in der Schülerinnen und Schüler statt harter Schulbänke auch weiche Sitzkissen vorfinden, könnte Lernen fast Spaß machen.

Kommt dieser Bau in gewohnter dänischer Bescheidenheit daher, so haben skandinavische Architekten mittlerweile auch das expressive Bauen für sich entdeckt. Ein Beispiel, ebenfalls aus Ørestad, ist der bunte Komplex aus Büros, Reihenhäusern und Etagenwohnungen, die sich zu der Zahl Acht fügen; eine durchgängige Serpentine erlaubt es, mit dem Rad ohne abzusteigen in den zehnten Stock zu fahren; entworfen hat das Ganze die Kopenhagener Bjarke Ingels Group. Auch das neue Opernhaus des norwegischen Architekturbüros Snøhetta in Oslo bildet eine expressive Großform: Viele fühlen sich durch das strahlend weiße Gebilde am Rande des Fjords an Eisschollen erinnert. Eine monumentale, mit Carrara-Marmor verkleidete Rampe führt auf das Dach eines mehrstöckigen Gebäudes, in dem die Werkstätten untergebracht sind, und von dort aus weiter in gegenläufiger Richtung auf das Dach der Oper selbst, deren Foyer an den Seiten und vorn durch glitzerndes Glas begrenzt ist. Besonders interessant ist der Gegensatz zwischen den Großflächen außen und dem geschlossenen, eher kleinen – 1400 Zuschauer finden dort Platz – Innenraum, dem Gottfried Sempers Oper in Dresden als Vorbild diente.

Chroniknet