Lange Arbeitstage

Arbeit und Soziales 2008:

Wenn es nach den Ende 2007 gültigen Tarifverträgen geht, dann arbeiten ostdeutsche Arbeitnehmer im Durchschnitt 38,8, ihre westdeutschen Kollegen 37,4 Wochenstunden; das ergibt einen Schnitt in Gesamtdeutschland von 37,6 Stunden. Tatsächlich fällt die Arbeitszeit aber viel länger aus. Laut einer Studie der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen haben Arbeitnehmer in Deutschland 2007 pro Woche 41,1 Stunden gearbeitet, eine Stunde länger als der EU-Schnitt. Dieser Wert wird nur von Bulgarien, Rumänien, Großbritannien und Tschechien übertroffen. Dass tarifliche und tatsächliche Arbeitszeit so weit auseinanderklaffen, liegt zum einen an der hohen Zahl von Überstunden – rechnerisch waren es 2007 pro Arbeitnehmer 50 bezahlte Überstunden – und zum anderen daran, dass viele Betriebe nicht tarifgebunden sind. Sie können ihre Beschäftigten bis zur gesetzlichen Grenze von 48 Wochenstunden arbeiten lassen.

Die neue Arbeitszeitrichtlinie, die der EU-Ministerrat im Oktober beschließt, legt ebenfalls 48 Wochenstunden als gesetzliche Höchstarbeitszeit fest. Von den Tarifparteien können aber längere Arbeitszeiten bis zur Höchstgrenze von 60 Wochenstunden vereinbart werden. Wenn die sog. inaktiven Zeiten, z.?B. die Ruhezeiten beim Bereitschaftsdienst von Ärzten, voll als Arbeitszeit gelten, sind es sogar 65 Wochenstunden.

Nach der neuen EU-Richtlinie zählen solche inaktiven Zeiten grundsätzlich nicht zur Arbeitszeit. Jeder Mitgliedstaat hat per nationalem Gesetz, Tarifvertrag oder Vereinbarung der Sozialpartner aber die Möglichkeit, eine andere Regelung festzulegen. In Deutschland gelten die inaktiven Zeiten nach dem 2004 novellierten Arbeitszeitgesetz voll als Arbeit; weder Ärztegewerkschaften noch Krankenhäuser zeigen Neigung, daran etwas zu ändern.

Chroniknet